Der König auf Camelot
und Ihr habt eine Affäre mit Königin Ginevra. Ihr
sollt der beste Ritter der Welt sein, und deshalb ist die Frau vernarrt in
Euch. Aber damit ist es jetzt vorbei. Wir vier Königinnen haben Euch in unsrer
Gewalt, und Ihr müßt wählen, welche von uns Ihr zur Geliebten nehmen wollt. Am
besten ist es natürlich, Ihr wählt selbst – aber eine von uns müßt Ihr nehmen.
Wer soll es sein?«
Lanzelot
sagte: »Wie kann ich denn auf so etwas überhaupt antworten?«
»Antworten
müßt Ihr.«
»Zuerst
einmal«, sagte er, »stimmt es nicht, was Ihr von mir und der Frau des Königs
von Britannien behauptet. Ginevra ist die treueste Gemahlin unter dem Himmel.
Wenn ich frei wäre und meine Rüstung hätte, würde ich gegen jeden Ritter
kämpfen, den Ihr vorschlagt, um das zu beweisen. Und zum zweiten nehme ich
keine von Euch zur Geliebten. Es tut mir leid, wenn das unhöflich ist, aber
mehr kann ich nicht sagen.«
»So!«
sagte Morgan le Fay.
»Ja«,
sagte Lanzelot.
»Ist
das alles?«
»Ja.«
Die
vier Königinnen knicksten mit frostiger Würde und marschierten aus dem Raum.
Die Posten machten saubere Kehrtwendungen; ihr Panzerzeug klirrte auf dem
Steinboden. Die Lichter wurden hinausgetragen, die Tür schlug zu, der Schlüssel
quietschte, und die Riegel fuhren knarrend in ihre Halterungen.
Als
das hübsche Fräulein mit der nächsten Mahlzeit kam, ließ sie erkennen, daß sie
mit ihm zu sprechen wünsche. Lanzelot bemerkte, daß sie recht kühn war und
vermutlich sehr darauf bedacht, jeweils ihren eigenen Kopf durchzusetzen.
»Ihr
habt gesagt, Ihr könntet mir vielleicht helfen?«
Das
Mädchen sah ihn prüfend an: »Ich kann Euch helfen, wenn Ihr der seid, für den
man Euch hält. Seid Ihr wirklich Sir Lanzelot vom See?«
»Ich
fürchte, der bin ich.«
»Ich
helfe Euch«, sagte sie, »wenn Ihr mir helft.«
Dann
brach sie in Tränen aus.
Solange
das Fräulein weint – sie tat es recht reizend und ziemlich entschlossen – ,
sollten wir uns einen Begriff von den Turnieren machen, wie sie zur damaligen
Zeit in Gramarye stattfanden. Was man in jenen Tagen ›Turnier‹ nannte, war
nicht das gleiche wie eine Tjoste. Bei der Tjoste kämpften zwei Ritter
gegeneinander, mit Lanze oder Schwert, und zwar um einen Preis. Das ›Turnier‹
aber war mehr ein Freistil-Kampf zwischen zwei Scharen von Rittern, sagen wir
zwanzig oder dreißig auf jeder Seite, die mit Speer und Schild wild
gegeneinanderpreschten. Diese Massenkämpfe, auch Buhurte genannt, wurden als
wichtig erachtet. Wer, zum Beispiel, seinen Obolus für den Buhurt entrichtet hatte,
durfte damit auch an den Tjosten teilnehmen; wer hingegen nur für die Tjoste
bezahlt hatte, war vom Buhurt ausgeschlossen. Bei diesen Handgemengen konnte
man leicht zu Schaden kommen. Solche Veranstaltungen waren nicht in Bausch und
Bogen zu verwerfen – vorausgesetzt, daß sie ordnungsgemäß beaufsichtigt wurden.
Nur wurden sie zu Anfang leider meist überhaupt nicht beaufsichtigt.
Merry
England zu Pendragons Zeiten ähnelte ein wenig dem Poor Ould
Ireland von O’Connell. Es gab Parteien. Die Ritter einer Grafschaft oder
die Bewohner eines Distrikts oder die Gefolgsleute eines Edelmannes – irgendeine
Partei entwickelte Animositäten und haßte plötzlich die Nachbarpartei. Aus
diesem Haß wurde eine Fehde, und der König oder Anführer der einen Gruppe
forderte den Führer der anderen zu einem Buhurt heraus – und beide Parteien
zogen mit dem festen Vorsatz ins Turnier, es den ändern bei dieser Gelegenheit
gründlich heimzuzahlen. Das nämliche war’s später mit Papist und Protestant
oder Stuart und Orangeman, wenn man mit Knütteln in den Händen und Mordgelüsten
im Herzen aufeinander losging.
»Weshalb
weint Ihr?« fragte Sir Lanzelot.
»Och
je«, schluchzte das Fräulein. »Dieser ekelhafte König von North-galis hat
meinen Vater auf nächsten Dienstag zu einem Turnier herausgefordert, und er hat
drei Ritter von König Arthur auf seiner Seite, und da muß mein armer Vater ja
verlieren. Ich hab’ Angst, daß ihm was zustößt.«
»Ich
verstehe. Und wer ist Euer Vater?«
»König
Bagdemagus.«
Sir
Lanzelot erhob sich und küßte sie artig auf die Stirn. Er wußte bereits, was
von ihm erwartet wurde.
»Nun
gut«, sagte er. »Wenn Ihr mir aus diesem Gefängnis heraushelft, werde ich am
nächsten Dienstag auf der Seite von König Bagdemagus kämpfen.«
»Oh
danke«, sagte das junge Mädchen und wrang ihr Taschentuch aus. »Jetzt muß ich
aber wohl gehn, sonst
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