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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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sein Gaul mit ihm durchging. Als er dann noch dem König
von Northgalis den Oberschenkel gebrochen hatte, kam man allgemein überein, der
Sinn und Zweck des Turniers sei erfüllt. Der Kampf war zu Ende.
    Das
nächste Ereignis war, daß Lanzelot auszog, um zu erkunden, was aus Lionel
geworden war. Nun endlich konnte er sich dieser Aufgabe widmen. Vorher war ja
nicht dran zu denken, denn seit dem Verschwinden seines Cousins war er entweder
eingesperrt gewesen, bei den bösartigen Königinnen, oder heftig damit
beschäftigt, seinen Verpflichtungen gegenüber dem jungen Mädchen nachzukommen,
das ihn befreit hatte. Noch ehe er davonritt, wurde König Bagdemagus mit dem
Turnier-Preis ausgezeichnet, und das Fräulein war vor Dankbarkeit fast zu
Tränen gerührt. Man beteuerte reihum, sie alle wollten immerdar gute Freunde
sein, und wenn einer den anderen brauche, solle er nur Bescheid geben; ein
jeder sei für jeden zu jeder Zeit bereit. Dann bestieg Lanzelot sein Pferd,
orientierte sich, indem er ein paar Bauern fragte, wo er sei, und ritt endlich
zum Wald mit dem Apfelbaum, wo er seinen Vetter verloren hatte. Wenn er die
Stelle, wo er ihn zuletzt gesehen hatte, in weitem Umkreis Schritt für Schritt
absuchen würde, könnte es ihm – so dachte er – vielleicht gelingen, die Fährte
wieder aufzunehmen, wenn sie auch kalt war.
    Im
Wald mit dem Apfelbaum, und zwar unmittelbar am Fuß des gesuchten Baumes,
begegnete er einer Dame auf weißem Zelter. Der Apfelbaum galt als Zauberbaum –
deshalb herrschte da solcher Verkehr.
    »Meine
Dame«, sagte er, »wißt Ihr von Aventiuren in diesem Walde?«
    »Jede
Menge«, sagte sie, »wenn Ihr Manns genug seid, Euch darauf einzulassen.«
    »Ich
könnt’s versuchen.«
    »Kräftig
seht Ihr aus«, sagte die Dame. »Auch blickt Ihr kühn drein, obwohl Eure Ohren
furchtbar abstehen. Wenn Ihr wollt, führe ich Euch zu dem grimmigsten Baron,
den es auf Erden gibt. Aber er wird Euch gewißlich töten.«
    »Das
macht nichts.«
    »Ich
bringe Euch nur hin, wenn Ihr mir Euern Namen sagt. Wenn Ihr kein berühmter
Ritter seid, war’s schierer Mord.«
    »Ich
bin Lanzelot.«
    »Hätt’
ich mir denken können«, sagte die Dame. »Da haben wir Glück gehabt. Wenn es
stimmt, was man sich von Euch erzählt, dann seid Ihr wahrscheinlich der einzige
Ritter auf der Welt, der den schlagen kann, zu dem ich Euch führe. Es ist Sir
Turquine.«
    »Gut.«
    »Manche
behaupten, er sei irre. Er hält vierundsechzig Ritter gefangen, die er im
Einzelkampf besiegt hat, und er macht sich einen Zeitvertreib daraus, sie mit
Dornen zu schlagen. Wenn er Euch bezwingt, wird er Euch ebenfalls schlagen, und
zwar nackicht.«
    »Klingt
aufregend. Mit dem Manne werd’ ich kämpfen.«
    »Es
ist eine Art Konzentrationslager.«
    »Darauf
bin ich vorbereitet«, sagte Sir Lanzelot. »Dafür hat Arthur die Tafelrunde
gegründet – um so etwas unmöglich zu machen.«
    »Wenn
ich Euch zu ihm bringe, müßt Ihr mir versprechen, hinterher etwas für mich zu
tun – wenn Ihr gewinnt, heißt das.«
    »Worum
handelt es sich?« fragte er vorsichtshalber.
    »Ihr
braucht keine Angst zu haben«, sagte die Dame. »Es geht darum, einen weiteren
Ritter unschädlich zu machen, der jungen Fräulein auflauert.«
    »Das
will ich gern versprechen.«
    »Also
gut«, sagte die Dame. »Gott allein weiß, ob Ihr’s schafft, aber ich werde für
Euch beten, während Ihr kämpft.«
    Als
sie eine Weile geritten waren, gelangten sie zu einer Furt, ähnlich der, an
welcher er seinen ersten Kampf mit König Arthur ausgetragen hatte. An den
Bäumen in der Umgebung hingen rostige Helme und melancholische Schilde:
vierundsechzig Stück insgesamt. Ihre Schrägbalken und Sparren und springenden
Hechte, ihre Falken, gespreizten Adler und schreitenden Löwen, die das Haupt
dem Betrachter zuwandten, sahen trostlos und verlassen aus. Die Lederriemen, an
denen sie baumelten, waren grünlich verschimmelt. Man hatte den Eindruck, ein
Wildhüter habe sich da als Henker betätigt.
    In
der Mitte der Lichtung, am höchsten Baum, hing ein gewaltiges Kupferbecken,
triumphal über den geschlagenen Schilden gleißend. Der jüngste dieser Schilde
war der von Lionel: roter Schrägbalken auf silbernem Grund, mit einer Art
Kranzleiste, dem Signum der Abstammung von einer jüngeren Linie.
    Lanzelot
wußte, was es mit dem Becken auf sich hatte, und handelte dementsprechend. Er
rückte seinen Helm zurecht, ritt durch die triefenden Blätter zum Becken hin
und schlug mit dem Schaft

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