Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
Vom Netzwerk:
Kapelle war ein Farbenzuber. Erst
gegen Ende der heiligen Handlung wurde ihm bewußt, daß es ihm vergönnt gewesen
war, ein Wunder zu tun – wie er’s sich schon immer gewünscht hatte.
    König
Pelles kam von seinem Schloß auf der anderen Seite des Tales herabgehumpelt, um
der Aufregung auf den Grund zu gehen. Er warf einen Blick auf Lanzelots Schild,
küßte geistesabwesend das gekochte Kind, wobei er sich wie ein gehorsamer
Storch vornüber beugte, um sich einen Schmatz auf die Wange geben zu lassen,
und bemerkte: »Au je, Ihr seid Sir Lanzelot! Und wie ich sehe, habt Ihr meine
Tochter aus diesem Kessel-Dingsda geholt. Sehr freundlich von Euch. Wirklich!
Es war schon lange vorausgesagt. Ich bin König Pelles, Vetter um drei Ecken von
Joseph aus Arimathia. Und Ihr seid natürlich ein Verwandter achten Grades von
unsrem Herrn und Heiland Jesus Christus.«
    »Ach
du meine Güte!«
    »Wahr,
wahr«, sagte König Pelles. »Steht alles arithmetisch auf den Steinen von
Stonehenge geschrieben, und in meinem Schloß zu Carboneck habe ich ein heiliges
Gefäß und eine Taube, die in verschiedene Richtungen fliegt und ein güldenes
Weihrauchfaß im Schnabel hält. Immerhin: es war äußerst freundlich von Euch,
meine Tochter aus dem Kessel zu holen.«
    »Papa«,
sagte das Mädchen, »wollt Ihr uns nicht vorstellen?«
    König
Pelles winkte mit der Hand, als wolle er die Mücken verjagen.
    »Elaine«,
sagte er. (Wieder eine neue Person mit diesem Namen.) »Das ist meine Tochter
Elaine. How do you do? Sehr angenehm. Und dies ist Sir Lanzelot vom See. How do you do? Steht alles auf den Steinen.«
    Lanzelot,
wohl ein bißchen befangen, weil er Elaine zuerst unbekleidet gesehen hatte,
dachte: Sie ist das schönste Mädchen, das mir je vor Augen gekommen ist,
ausgenommen Ginevra. Zugleich fühlte er seine eigene Scheu.
    »Ihr
müßt mitkommen und bei mir bleiben«, sagte der König. »Auch das steht auf den
Steinen. Werd’ Euch gelegentlich die heiligen Schlüssel zeigen und all das.
Bring’ Euch Arithmetik bei. Schönes Wetter. Man kriegt nicht jeden Tag seine
Tochter aus dem Kochwasser. Das Essen sollt’ wohl fertig sein.«
     
     
     
     
     
    KAPITEL 12
     
     
    Lanzelot blieb auf
Schloß Corbin. Die Spukgemächer hielten, was ihr Ruf versprach. Sonst gab es
nichts zu tun. Und die Gefühle, welche die Erinnerung an Ginevra ständig in ihm
aufwühlte – Qualen hoffnungsloser Liebe – , waren derart, daß sie jede
Tatenlust zersetzten. Er konnte sich nicht aufraffen, woanders hinzugehen. Zu
Beginn seiner Liebe war er ruhelos gewesen und hatte geglaubt, er brauche nur
in Bewegung zu bleiben und immer wieder etwas Neues zu unternehmen, um
vielleicht einen Ausweg zu finden. Diese Regsamkeit war nun erschlafft. Es
spielte keine Rolle mehr, wo er sich befand, jetzt, da er bloß noch erfahren
wollte, ob sein Herz brechen würde oder nicht. In seiner Einfalt übersah er,
daß man sich nicht vom besten Ritter der Welt aus einem Kessel kochenden
Wassers retten läßt, gänzlich unbekleidet, ohne sich in ihn zu verlieben – wenn
man achtzehn ist.
    Eines
Abends, als Pelles ihm mit seinem religiösen Stammbaum besonders auf die Nerven
ging und er vor lauter Herzweh nicht richtig essen konnte und unruhig wurde,
nahm der Kellermeister die Sache in die Hand. Er diente der Familie Pelles
schon seit vierzig Jahren, war dem Kindermädchen angetraut, das Elaine mit
Freudentränen begrüßt hatte, und hielt viel von der Liebe. Auch hatte er
Verständnis für junge Leute wie Lanzelot – für junge Männer, die im heutigen
England eben ihr Studium beginnen würden oder Düsenjägerpiloten wären. Er hätte
einen ausgezeichneten College-Butler abgegeben.
    »Noch
einen Schluck Wein?« fragte der Butler. »Nein, danke.«
    Der
Kellermeister machte eine höfliche Verbeugung und schenkte das Trinkhorn von
neuem voll. Lanzelot leerte es, ohne hinzuschauen.
    »Ein
guter Jahrgang, Sir«, sagte der Kellermeister. »Seine Majestät pflegen einen
vorzüglichen Weinkeller.«
    König
Pelles war in die Bibliothek gegangen, um irgend welche Vorhersagen
auszuarbeiten, und sein Gast saß mit trüben Gedanken allein in der Halle.
    »Ja.«
    Es
raschelte in der Getränkekammer, und der Butler ging zur Tür, während Lanzelot
dem Wein zusprach.
    »Hier
habe ich ein ganz ausgezeichnetes Gewächs«, sagte der Butler. »Seine Majestät
schätzen es besonders hoch, und meine Frau hat gerade eine neue Flasche aus dem
Keller geholt. Achtet auf die Blume, Sir. Dieser Wein

Weitere Kostenlose Bücher