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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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wird Euch gewiß
vortrefflich munden.«
    »Mir
ist jeder Wein gleich.«
    »Ihr
seid zu bescheiden«, sagte der Butler und brachte ein größeres Trinkgefäß
herbei. »Ihr macht Euch da einen Spaß – wenn ich mir diese Bemerkung erlauben
darf. Ein Weinkenner ist leicht zu erraten.«
    Lanzelot,
der mit seinem Kummer gern allein gewesen wäre, wurde von dem Geschwätz
belästigt, und er wurde sich dessen bewußt. Aus diesem Grunde fragte er sich
automatisch, ob er in seiner Zerstreutheit dem Butler gegenüber unhöflich
gewesen sei. Möglicherweise war der Butler ehrlich stolz auf seinen Wein und
hatte selber Verdruß. Höflich trank er aus.
    »Doch,
doch«, sagte er anerkennend. »Ein hervorragender Jahrgang.«
    »Ich
freue mich, daß Ihr ihn lobt, Sir.«
    »Seid
Ihr jemals«, fragte Lanzelot, und stellte damit eine Frage, die junge Männer zu
allen Zeiten stellen, ohne zu bemerken, daß sie etwas mit dem Wein zu tun
hatte, »seid Ihr jemals verliebt gewesen?«
    Der
Butler lächelte diskret und schenkte neuerlich ein.
    Gegen
Mitternacht saßen Lanzelot und der Kellermeister am Tisch einander gegenüber,
beide mit gerötetem Gesicht. Sie waren bei einem Piment-Gebräu angelangt, einer
Mixtur aus Rotwein, Honig, Gewürzen und allerlei anderem, was die Butler-Frau
hineingerührt hatte.
    »Das
sage ich Euch«, erklärte Lanzelot mit starrem Affenblick. »Würd’s nicht jedem
sagen, aber Ihr seid ein netter Kerl. Sehr verständnisvoll. Macht Spaß, mit
Euch zu reden. Trinkt doch noch was.«
    »Gesundheit«,
sagte der Butler.
    »Was
soll ich tun?« rief er. »Was soll ich bloß tun?«
    Er
legte seinen scheußlichen Kopf zwischen den Armen auf die Tischplatte und fing
an zu weinen.
    »Nur
Mut«, sagte der Butler. »Kopf hoch. So schnell stirbt sich’s nicht.«
    Mit
der einen Hand klopfte er auf den Tisch, wobei er zur Tür der Getränkekammer blickte,
und mit der anderen schenkte er wieder ein.
    »Trinkt«,
sagte er. »Trinkt aus. Seid ein Mann, Sir, wenn ich mir diese Bemerkung
erlauben darf. Gute Nachricht steht ins Haus, und Ihr werdet den
unwiederbringlichen Augenblick beim Schopfe packen können.«
    »Worauf
Ihr Euch verlassen könnt«, sagte Lanzelot. »Verdammt nochmal. Ihr seid ein
guter Kerl.«
    »Wie
der Herr – so’s G’scherr.«
    »Stimmt«,
sagte der junge Mann und schnitt eine Grimasse. »Und noch ein Stück besser,
was, Kellermeister?«
    Er
schnitt Gesichter wie ein dummer Junge.
    »Aha«,
sagte der Butler, »da ist Brisen, meine Frau. Sie bringt eine Botschaft. Die
dürfte für Euch sein. –
    Was
steht denn da?« fragte er und beobachtete den Jüngling, der das Papier
anstarrte.
    »Nichts«,
sagte Lanzelot, warf das Papier auf den Tisch und ging schwankenden Schrittes
zur Tür.
    Der
Butler las den Zettel.
    »Hier
steht: Königin Ginevra ist auf Schloß Case, fünf Meilen von hier, und erwartet
Euch. Der König ist nicht bei ihr, steht da. Ein paar Küsse sind auch drauf.«
    »Na,
und?«
    »Ihr
könnt’s nicht wagen«, sagte der Butler.
    »Nicht
wagen?« brüllte Lanzelot und stolperte in die Dunkelheit hinaus. Er lachte wie
nicht recht gescheit und verlangte nach seinem Pferd.
    Am
Morgen erwachte er plötzlich in einem fremden Zimmer. Es war ziemlich dunkel,
da die Fenster verhangen waren, und er hatte keine Kopfschmerzen, was auf seine
gute Konstitution zurückzuführen war. Er sprang aus dem Bett und ging zum
Fenster, um die Vorhänge aufzuziehen. Schlagartig wurde ihm bewußt, was in der
vergangenen Nacht geschehen war – der Kellermeister, die Trinkerei, das
Liebesmittel, das vielleicht im Wein gewesen war, die Botschaft von Ginevra und
der dunkle, feste, kühl-feurige Körper im Bett, aus dem er gerade aufgestanden
war. Er zog den Vorhang beiseite und lehnte seine Stirn an den kalten Stein des
Mittelpfostens. Ihm war elend zumute.
    »Jenny«,
sagte er nach Minuten, die ihm wie Stunden schienen.
    Vom
Bett her kam keine Antwort.
    Er
drehte sich um und sah: das gesottene Mädchen, Elaine. Sie lag im Bett und hielt
mit kleinen, bloßen Armen die Decke an den Körper gepreßt. Mit ihren
Veilchenaugen sah sie ihn unverwandt an.
    Lanzelot
war ein Märtyrer seiner Gefühle; es gelang ihm nie, sie zu verleugnen. Als er
Elaine sah, fuhr sein Kopf herum. Dann nahm sein häßliches Gesicht einen
Ausdruck tiefster Erniedrigung und derart ehrlichen Kummers an, daß seine
Nacktheit im Fensterlicht würdevoll wirkte. Er fing an zu zittern.
    Elaine
regte sich nicht. Sie sah ihn nur an, mit ihren flinken,

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