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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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zusammen, und ich werde nie mehr irgend
welche Wunder vollbringen können.«
    Die
volle Wahrheit über Elaine erzählte er ihr nicht, da er befürchtete, es könne
sie verletzen, daß sie nicht die Erste war.
    »Weshalb
nicht?«
    »Weil
wir verderbt sind.«
    »Ich
persönlich habe nie ein Wunder vollbracht«, sagte die Königin, und zwar
ziemlich kühl. »Also hab’ ich nicht viel zu bedauern.«
    »Aber
Jenny. Ich bedaure doch nichts! Du bist mein Wunder, und für dich würd’ ich
alle anderen jederzeit über Bord werfen. Ich wollte dir doch nur erzählen, was
ich so fühlte, als ich klein war.«
    »Ich
kann nicht behaupten, daß ich’s begreife.«
    »Kannst
du nicht verstehn, daß man auf einem Gebiet überragend sein will? Nein, ich
seh’s ja: du brauchst es nicht. Nur Menschen, denen etwas fehlt, die schlecht
oder minderwertig sind – die müssen irgendwo überragen. Du bist immer rund und
vollkommen gewesen – da brauchtest du nichts wettzumachen. Aber ich habe immer
etwas wettmachen müssen. Manchmal ist mir scheußlich zumute – sogar jetzt mit
dir zusammen – , wenn ich daran denke, daß ich nie mehr der beste Ritter sein
kann.«
    »Dann
hören wir am besten auf, und du gehst zur Beichte und vollbringst noch ein paar
Wunder.«
    »Du
weißt genau, daß wir nicht aufhören können.«
    »Das
Ganze kommt mir reichlich wunderlich vor«, sagte die Königin. »Ich versteh’s
nicht. Mir scheint’s unpraktisch und selbstsüchtig zu sein.«
    »Ich
weiß, daß ich selbstsüchtig bin. Ich kann’s nicht ändern. Ich versuche, dagegen
anzugehen. Aber wie kann ich’s ändern, da ich nun einmal so gemacht bin? Ach,
begreifst du denn nicht, was ich dir erzähle? Ich war einsam, als ich klein
war, und ich habe die ritterlichen Übungen sehr ernst genommen. Ich hab’ mir
eingeredet, ich würde ein großer Entdecker, der die Chorasmische Wüste
durchquert. Oder ein großer König, wie Alexander oder der heilige Ludwig. Oder
ein großer Heilkundiger: ich würde ein Mittel finden, das alle Wunden heilt und
das ich umsonst verteilen wollte. Vielleicht wäre ich ein Heiliger geworden,
der alle Wunden durch Handauflegen heilt. Oder ich hätte etwas ganz Wichtiges
gefunden – eine Reliquie, ein Stück vom echten Kreuz, den heiligen Gral oder so
etwas. Das waren meine Träume, Jenny. Ich erzähl’ dir doch nur, was mir so
vorschwebte. Das meine ich, wenn ich >meine Wunden sage – mit denen es nun
vorbei ist. All meine Hoffnung hab’ ich dir gegeben, Jenny, als Gabe meiner
Liebe.«
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
    KAPITEL 15
     
     
    Das Jahr ihres Glücks
endete mit Arthurs Rückkehr. Es zerstob fast im selben Augenblick, ohne Zutun
des Königs. Am Abend seiner Heimkunft berichtete er von dem Sieg über Claudas,
wie ihm die Einzelheiten gerade einfielen. Da entstand Unruhe im Pförtnerhaus,
und Sir Bors betrat die große Halle, wo man beim Essen saß. Er war Lanzelots
Cousin, und er hatte auf Schloß Corbin Urlaub gemacht, um den Spuk zu
erforschen. Lr brachte Neuigkeiten für Lanzelot, die er ihm nach dem Essen
zuflüsterte. Unglücklicherweise jedoch war er ein Weiberfeind, und wie die
meisten Menschen dieser Sorte besaß er die weibliche Schwäche der Indiskretion.
Er gab die Neuigkeiten auch an einige seiner Busenfreunde weiter. Alsbald wußte
der ganze Hof Bescheid. Die Neuigkeit bestand darin, daß Elaine von Corbin
einem prächtigen Knaben das Leben geschenkt hatte, der auf den Namen Galahad
getauft worden war – den Namen, mit dem einst Lanzelot gerufen worden war.
    »Deshalb
also«, sagte Ginevra, als sie ihren Liebhaber das nächste Mal alleine sah,
»deshalb also hast du deine Wunder verloren. Es war alles gelogen, als du
sagtest, du hättest sie mir gegeben.«
    »Was
willst du damit sagen?«
    Ginevra
fing an, durch die Nase zu schnauben. Ihr war, als versuchten zwei rote Daumen,
ihr von hinten die Augäpfel aus den Höhlen zu drücken. Sie wollte ihn nicht
ansehen. Sie wollte keine Szene machen, und sie fürchtete um ihr Herz. Sie
schämte sich dessen, was ihr auf der Zunge . lag, und sie verabscheute es, aber
es mußte heraus. Sie war wie einer, der in einer aufgewühlten See schwimmt.
    »Du
weißt genau, was ich damit sagen will«, sagte sie bitter und blickte fort.
    »Jenny,
ich hab’s dir ja sagen wollen, aber es war zu schwierig zu erklären.«
    »Die
Schwierigkeit verstehe ich.«
    »Es
ist nicht, was du denkst.«
    »Was
ich denke!« rief sie aus. »Woher weißt du, was ich denke? Ich denke,

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