Der König auf Camelot
Lanzen eingelegt. An den
Plattformen, auf denen die Pferde standen, waren Bindfäden befestigt, und wenn
man die Ritter gegeneinander zog, kam das einer Tilte gleich: es war wie ein richtiges
Lanzenstechen. Sie konnten sich tatsächlich aus dem Sattel heben. Aber Galahad
hatte nichts für sie übrig; er spielte lieber mit einer Lumpenpuppe, die er
Heilig-Heilig nannte.
»Gwyneth
wird den Sperber noch verderben«, bemerkte Lanzelot.
Eine
der Edelfrauen des Schlosses kam, den Sperber auf der geballten Hand, mit weit
ausgreifenden Schritten auf sie zu. Ihre Hastigkeit hatte den Falken erregt: er
schlug unablässig mit den Flügeln. Gwyneth schüttelte ihn nur dann und wann,
ohne auf ihn einzugehen.
»Gwyneth,
was ist denn los?«
»Ach,
Herrin, da sind zwei Ritter am Wasser, und die sagen, sie wollen mit dem
Chevalier tilten.«
»Sagt
ihnen, sie sollen gehn«, sprach Lanzelot. »Sagt, ich sei nicht daheim.«
»Herr,
der Pförtner hat ihnen schon den Kahn gezeigt, und sie wollen einzeln
übersetzen. Sie sagen, sie wollen nicht beide kommen, aber der zweite käme,
wenn Ihr den ersten besiegtet. Er ist schon im Boot.«
Er
stand auf und klopfte sich den Staub von den Knien.
»Sagt
ihm, er möge auf dem Tiltefeld warten«, sagte er. »Ich komme gleich.«
Das
Tiltefeld war ein langgestreckter sandiger Gang zwischen den Mauern; an jedem
Ende befand sich ein Turm. An den Mauern waren Galerien, von denen herab man
zuschauen konnte, und das Ganze lag unter freiem Himmel. Elaine und die
Domestiken saßen auf diesen Galerien, um zuzusehen, und die beiden Ritter unter
ihnen kämpften eine geraume Zeit. Das Lanzenstechen war ausgeglichen – jeder
war einmal ausgehoben worden – , und der Schwertkampf währte zwei Stunden. Am
Ende rief der fremde Ritter: »Halt!«
Lanzelot
hielt sogleich inne, wie ein Gutsarbeiter, dem man die Erlaubnis gibt, eine
Vesperpause einzulegen. Er stieß sein Schwert in die Erde, als wäre es eine
Heugabel, und blieb geduldig stehen. Er hatte in der Tat nur mit der ruhigen
Ausdauer eines Landmannes gearbeitet. Es war nicht seine Absicht gewesen,
seinem Gegner Schaden zuzufügen.
»Wer
seid Ihr?« fragte der Fremde. »Wollt Ihr mir nicht, bitte, Euern Namen sagen?
Nie bin ich einem Mann von Eurer Art begegnet.«
Lanzelot
hob plötzlich beide Stulphandschuhe an den Helm, als wolle er in ihnen sein
Gesicht verbergen, das ohnehin unsichtbar war, und sagte elend: »Ich bin Sir
Lanzelot Dulac.«
»Was!«
»Ich
bin Lanzelot, Degalis.«
Degalis
warf sein Schwert schwungvoll an die Mauer und lief zum Turm beim Graben. Seine
Eisenfüße weckten Echos den Gang entlang. Im Laufen löste er seinen Helm und
schleuderte ihn fort. Als er das Fallgatter erreicht hatte, legte er die Hände
an den Mund und rief aus voller Kraft:
»Ector!
Ector! Komm rüber! Es ist Lanzelot!«
Sogleich
kam er wieder zu seinem Freund gelaufen.
»Lanzelot!
Mein lieber guter Junge! Ich wußt’ ja, daß du’s warst! Ich wußt’s ja!«
Mit
unbeholfenen Fingern versuchte er, Lanzelots Helm zu lösen. Er zog seine
Eisenhandschuhe aus und schmiß auch sie an die Mauer, daß es nur so schepperte.
Er konnte es kaum erwarten, Sir Lanzelots Gesicht zu sehen. Lanzelot stand
still – wie ein müdes Kind, das ausgezogen wird.
»Aber
was hast du denn getrieben? Wieso bist du hier? Allgemein wurde behauptet, du
seiest tot.«
Der
Helm löste sich und flog zu dem übrigen.
»Lanzelot!«
»Was
hast du gesagt – Ector ist bei dir?«
»Ja.
Ector, dein Bruder. Seit zwei Jahren suchen wir dich. Ach, Lanzelot, wie bin
ich froh, dich zu sehen!«
»Jetzt
müßt ihr aber reinkommen und euch ausruhen«, sagte er.
»Was
hast du bloß die ganze Zeit gemacht? Wo hast du dich versteckt? Zu Anfang hat
die Königin drei Ritter ausgeschickt, dich zu suchen. Zum Schluß waren’s
dreiundzwanzig. Das muß sie zwanzigtausend Pfund gekostet haben.«
»Ich
war mal da, mal dort.«
»Sogar
die Orkneys haben mitgeholfen. Sir Gawaine gehört zu den Suchern.«
Mittlerweile
war Sir Ector im Kahn herübergekommen – Sir Ector Demaris, nicht König Arthurs
Pflegevater – , und man hatte für ihn das Fallgatter hochgezogen. Er lief auf
den Chevalier zu, als gälte es, beim football den Gegner anzugreifen.
»Bruder!«
Elaine
war von der Galerie herabgestiegen und wartete am Ende des Tiltefeldes. Es war
jetzt ihre Aufgabe, die Menschen willkommen zu heißen, die ihr das Herz brechen
würden, wie sie wohl wußte. Sie unterbrach die Begrüßungsszene nicht,
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