Der König auf Camelot
leben, wenn er deshalb Trübsal blasen oder den
>großen Entsagen spielen würde. Andererseits jedoch
war es sinnlos, etwas vortäuschen zu wollen.
»Ihr
nicht«, sagte er. »Weil Ihr lieb seid.« Er küßte sie kurz und unbeholfen, um
den falschen Ton wegzuwischen. Elaine entging das nicht.
»Ihr
werdet Galahads Erziehung in die Hände nehmen können«, sagte sie. »Ihr
werdet ihm alle Kniffe und Tricks beibringen, die Ihr kennt, und wenn er groß
ist, wird er der beste Ritter der Welt.«
Er
küßte sie noch einmal. Sie hatte gesagt: »wenn wir uns Mühe geben«. Und sie gab
sich alle Mühe. Sie tat ihm leid – und gleichzeitig war er ihr dankbar. Er war
zerstreut, abwesend, nicht ganz bei der Sache. Er tat zweierlei gleichzeitig:
etwas Wesentliches und etwas Unwichtiges. Dem Unwichtigen fühlte er sich
verpflichtet. Es hat nun einmal etwas Peinliches, einseitig geliebt zu werden.
Und es widerstrebte ihm, eingedenk seiner eigenen Meinung von sich selbst,
Elaines Demut zu akzeptieren.
Es
kam der Morgen, da sie nach Bliant übersetzen wollten. Der vor kurzem zum
Ritter geschlagene Sir Castor hielt Lanzelot in der Halle an. Er war erst
siebzehn.
»Ich
weiß, Ihr nennt Euch den ›mißratenen Ritter‹«, sagte Sir Castor, »aber ich
glaube, Ihr seid Sir Lanzelot. Seid Ihr’s?«
Lanzelot
nahm des Jünglings Arm.
»Sir
Castor«, sagte er, »haltet Ihr das für eine ritterliche Frage? Gesetzt den
Fall, ich wäre Sir Lanzelot und würde mich nur den Chevalier Mal Fet nennen –
meint Ihr nicht, daß ich dafür meine Gründe hätte? Gründe, die ein Gentleman
von Geblüt respektieren sollte?«
Sir
Castor wurde über und über rot und ließ sich auf ein Knie nieder.
»Ich
werd’s keinem sagen«, versprach er.
Und
er hielt sein Versprechen.
KAPITEL 23
Der Frühling kam
zögernd, der neue Haushalt etablierte sich, und Elaine veranstaltete ein
Turnier für ihren Chevalier.
Der
Preis sollte in einem hübschen Mädchen und einem Gerfalken bestehen.
Fünfhundert
Ritter kamen aus allen Teilen des Königreichs, um sich im Turnier zu messen –
der Chevalier Mal Fet aber hob jeden aus dem Sattel, der gegen ihn antrat. Er
tat es mit einer Art abwesender Wildheit, und das Ganze endete mit einem
Mißklang. Die Ritter kehrten verwirrt und verängstigt heim. Kein einziger war getötet
worden: der Chevalier schenkte jedem das Leben, sobald er ihn besiegt hatte,
wortlos und gleichgültig. Die besiegten Ritter, die mit ihren Blessuren
heimwärts trotteten, vermißten die Geselligkeit, die bei Turnieren sonst abends
üblich war, und fragten sich, wer der schweigsame Sieger wohl sein mochte, und
bei all ihren Vermutungen war ihnen etwas unheimlich zumute.
Elaine,
die tapfer gelächelt hatte, bis der letzte abgezogen war, ging in ihr Zimmer
und weinte. Dann trocknete sie sich die Augen und begab sich auf die Suche nach
ihrem Herrn und Gebieter. Gleich nach Beendigung der Kämpfe war er
verschwunden. Jeden Abend bei Sonnenuntergang ging er fort. Sie wußte nicht,
wohin.
Sie
fand ihn bei den Zinnen, von Gold umglänzt. Ihrer beider Schatten, und der
Schatten des Turmes, auf dem sie standen, und die Schatten all der brennenden
Bäume warfen breite indigofarbene Streifen übers Parkgelände. Er blickte mit
verzweifelten Augen gen Camelot. Sein neuer Schild, mit dem Wappen seines
Inkognito, lehnte vor ihm. Das Kennzeichen war eine Frau in Silber auf
schwarzem Felde, zu deren Füßen ein Ritter kniete.
In
ihrer Einfalt hatte Elaine die Darstellung auf sich bezogen und war entzückt
gewesen. Nun stellte sie auf einmal fest, daß die silberne Frau auf dem Schild
eine Krone trug. Hilflos stand sie da und überlegte, was sie tun solle. Aber
sie konnte nichts tun. Ihre Waffen waren stumpf, waren aus weichem Metall. Ihr
blieben nur Geduld und Hoffnung und Zurückhaltung – armselige Waffen, wenn es
darum ging, ins Feld zu ziehn gegen eine allesverzehrende Liebe, wie es sie in
jenen Zeiten noch gab.
Eines
Morgens saßen sie am grünen Ufer des Sees. Elaine war mit einer Stickerei
beschäftigt; Lanzelot beobachtete seinen Sohn. Galahad, ein eingebildeter und
verschlossener kleiner Knabe, spielte versonnen mit seinen Puppen, denen er
sehr zugetan blieb, in einem Alter, wo andere Jungen sich schon längst mit
Soldaten beschäftigten. Lanzelot hatte ihm zwei gewappnete Ritter aus Holz
geschnitzt. Sie saßen auf Pferden, die Räder hatten und von denen man sie
abnehmen konnte. Die Spielzeugritter hatten ihre
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