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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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verwirrt. Ihre
Gesichter waren fanatisch, und sie plapperten von Träumen. Schiffe, die sich
aus eigener Kraft fortbewegten; silberne Tische, auf denen sonderbare Messen
gehalten wurden; Speere, die von selber durch die Luft flogen; Visionen von
Stieren und Dornbüschen; Dämonen in alten Gräbern und Grüften; Könige und
Eremiten, die vierhundert Jahre lebten – solcherlei geisterte durch die
Gerüchte, die den Palast bevölkerten. Eine von Sir Bedivere vorgenommene
Zählung besagte, daß die Hälfte der Ritter fehlte. Mutmaßlich waren sie tot.
Die ganze Zeit aber kam Sir Lanzelot nicht zurück.
    Der
erste heimkehrende Gewährsmann war Gawaine. In düsterer Stimmung kam er bei
Hofe an: mit bandagiertem Kopf. Er war der einzige aus dem Orkney-Clan, der
sich geweigert hatte, ordentliches Englisch zu lernen; er sprach mit einem
nördlichen Akzent, was etwas gekünstelt klang. Er dachte noch immer halb auf
gälisch. Er war stolz auf seine Rasse und trotzte den Südländern.
    »Blindheit
und Dunkelheit über die Queste«, sagte Gawaine. »Wenn ich jemals einen
Metzgersgang getan hab’, dann bei diesem Unternehmen.«
    »Was
ist geschehen?«
    Arthur
und Ginevra saßen da wie brave Kinder, die Hände im Schoß gefaltet, und
lauschten den Geschichten. Wie Kinder horchten sie gespannt und versuchten, die
Wahrheit herauszufiltern.
    »Was
geschehn ist, wie? Nun wohl, was geschehn ist, war, daß ich achtzehn Monate
vertan hab’ und vielleicht mehr, um nutzlos nach Aventiuren zu suchen – und bin
am Ende halbtot gewesen mit was Ihr Schädelbruch nennt. Möge Gott mich vor dem
Heil’gen Gral bewahren, sei ihm, wie ihm sei.«
    »Erzählt
von Anfang an.«
    »Von
Anfang an?«
    Das
Interesse seines Onkels überraschte ihn.
    »Gar
so viel war’s nicht, was ich zu berichten hätt’.«
    »Berichtet’s
trotzdem.«
    »Holt
Sir Gawaine etwas zu trinken«, sagte die Königin. »Setzt Euch, Herr. Seid
willkommen daheim. Macht es Euch bequem und berichtet – wenn Ihr nicht zu müde
seid?«
    »Müde
bin ich nicht – nur noch im Kopfe. Ich kann die Geschichte berichten. Dank
Euch, ja, ich werd’ Whisky nehmen, Maam. Laßt sehn: Wo fing denn die Geschichte
an?«
    Der
Herr der Orkneys setzte sich und dachte nach.
    »Als
wir die Burg von Vagon verließen… Ihr müßt wissen, daß wir allesamt nach Vagon
ritten, gleich den ersten Tag, und am nächsten Morgen uns trennten. Als wir von
dort uns aufmachten, ritt ich nordwärts. Es tat nichts ausmachen, wohin.
Lanzelot hat allen Männern einen Tip gegeben, den Tag, eh wir uns zerstreuten,
daß der alte König Pelles ihm einmal eine geweihte Schüssel erwähnt hätt’, in
einer von seinen großen Burgen. Er hat dem keine Bedeutung beigemessen, hat den
Männern nur gesagt, was ist. Gut die Hälfte ist dann in die Richtung gezogen,
aber ich hab’ mich nicht angeschlossen. Nordwest bin ich geritten.«
    Er
nahm einen ordentlichen Schluck.
    »Die
erste Fährte, auf die ich stracks gerate«, sagte er, »war Galahads. So ein
unfreundlicher, eingebildeter Bursche…« Sir Gawaine schwieg.
    »Dieser
Bursche«, fuhr er fort und nahm noch einen Schluck, was ihn sichtlich erwärmte,
»dieser kleine Bursche da ist ohne Zweifel der übelste Kerl, dessen schlechter
Geruch mir jemals in die Nase gestiegen ist – ja, das ist er.«
    »Hat
er Euch niedergeschlagen?« fragte der König.
    »Nein.
Nein, das war später. Seine Fährte hab’ ich beim Aufbruch gekreuzt. – In einem
Kloster aufgezogen«, fuhr er wütend fort, »mitten in einem Haufen alter Hennen!
Ich weiß allerhand über seine private Queste, von Leuten, die ihm begegnet
sind, ja. Dieser heilige Weichling mit dem Herzen eines toten Puters… Aber, nun
wohl, das Kind ist ein Englischmann. Dem ging’s an den Kragen, sollt’ er’s
jemals wagen, die Grenze zu überqueren. – Wenn es ihm nicht bereits an den
Kragen gegangen ist«, schloß er, mit plötzlicher Erleuchtung.
    »Was
hat Sir Galahad denn Übles getan?«
    »Ganz
ein bißchen. Der Mann ist Vegetarier und Abstinenzler, und dann tut er, als
war’ er noch Jungfrau, ja. Aber ich bin mit Sir Melias zusammengetroffen – wißt
Ihr, daß Sir Melias ernstlich verstümmelt ist? Der hat mir erzählt, wie der
Galahad sich aufgeführt hat. Aus irgendeinem Grunde hatte Melias an dem
Burschen was gefunden und um Permission gefragt, mit ihm desselben Wegs zu
ziehn, ja. Ich kann mir nicht erklären, wieso; denn der erste, der mit Galahad
hat ziehen wollen, das war Uwaine gewesen. Sir Galahad hat

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