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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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jenen Tagen
nahmen sich die oberen Klassen Kämpfer, um die Sache auszufechten – was auf das
gleiche herauskommt. Sir Mador beschloß, die Ausgaben für einen
stellvertretenden Kämpfer einzusparen, indem er die Sache eigenhändig ausfocht,
und er bestand darauf, daß Ginevra einem Kämpfer das Mandat zu ihrer
Verteidigung erteile. Arthur, dessen gesamte Herrschaftsphilosophie auf dem
Prinzip ›Gerechtigkeit statt Macht‹ basierte, konnte nichts unternehmen, um
seine Gemahlin zu retten. Wenn Mador das Ehrengericht verlangte, mußte er’s
bekommen. Und Arthur konnte nicht kämpfend in den Streit seiner Gemahlin
eingreifen, sowenig wie heutzutage Eheleute als Zeugen in Sachen ihres Partners
auftreten dürfen.
    Dies
nun war eine hübsche Staatsaffaire. Verdächtigungen und Gerüchte und
Gegenbeschuldigungen hatten die Angelegenheit schon verdunkelt, ehe sie recht
in Erscheinung getreten war. Die Pellinore-Fehde, die alte
Pendragon-Cornwall-Fehde, die Lanzelot-Verwicklung, und dann der plötzliche Tod
einer mit dieser ganzen Geschichte augenscheinlich nicht zusammenhängenden
Person – all dies vermischte sich zu einem Giftbrodem, der die Königin
umwölkte. Wäre Lanzelot dagewesen, hätte er als ihr Ritter gekämpft. Aber sie
hatte ihn fortgeschickt; niemand wußte, wohin; einige meinten, zu seinen Eltern
nach Frankreich. Wenn er anwesend gewesen wäre, hätte Sir Mador seine
Anschuldigung sicherlich heruntergeschluckt.
    Im
Sinne der Rücksicht auf den Leser ist es vielleicht besser, wenn wir nicht zu
lange bei den Tagen vor der ritterlichen Gerichtsentscheidung verweilen; wenn
wir nicht die Frau schildern, wie sie völlig verwirrt vor Sir Bors kniete, der
sie nie gemocht hatte und der sie jetzt, kurz nach seinem jungfräulichen
Grals-Erfolg, noch weniger mochte. Sie flehte ihn an, für sie zu kämpfen, falls
man Lanzelot nicht finden könne. Regelrecht betteln mußte sie, die Arme; denn
die Stimmung bei Hofe hatte sich so verdüstert, daß niemand ihr Mandat
übernehmen wollte. Die Königin von England war nicht in der Lage, einen Ritter
zu finden, der ihre persönlichen Belange vertrat.
    Die
Nacht vor dem Kampf war die schlimmste. Ginevra und Arthur fanden keinen
Schlaf. Er glaubte fest an ihre Unschuld, doch durfte er nicht in ein
Rechtsverfahren eingreifen. Sie beteuerte pathetisch und wiederholt ihre
Unschuld, obwohl sie in das andere Ärgernis verwickelt war. Sie wußte, daß sie
in der kommenden Nacht vielleicht schon verbrannt werden würde. Gemeinsam sahen
sie die Tragödie, die Demütigung ihrer Tafelrunde, vor der keiner sie retten
wollte. Beide wußten sie, daß die Königin dieser Tafel von aller Welt eine
Verderberin guter Ritter genannt wurde. In der bitteren Dunkelheit schrie
Arthur plötzlich verzweifelt auf: »Was ist dir nur, daß du Sir Lanzelot nicht
halten kannst an deiner Seiten?« Und so ging’s fort bis zum Morgen.
     
     
     
     
     
     
     
     
     
    KAPITEL 37
     
     
    Sir Bors, der
Weiberfeind, hatte sich widerstrebend bereit erklärt, für die Königin zu
kämpfen, wenn sich denn kein andrer fände. Er hatte gesagt, daß dies
regelwidrig sei, da er selber an dem Essen teilgenommen habe – doch als Arthur
dazugekommen war, wie die Königin zu seinen Füßen kniete, war er errötet, hatte
sie aufgerichtet und zugestimmt. Dann war er für zwei oder drei Tage
verschwunden, da die Entscheidung erst in zwei Wochen stattfinden sollte.
    Eine
Wiese bei Westminster war für den Kampf hergerichtet worden. Man hatte um den
großen Platz herum eine Schranke aus starken Stämmen gemacht, ähnlich einem
Pferdegatter. In der Mitte hatte man keine Barriere angebracht. Bei einer
gewöhnlichen Tjoste wäre eine solche erforderlich gewesen, in diesem Fall
jedoch sollte der Kampf à outrance stattfinden, was bedeutete, daß er
mit dem Schwert und zu Fuß beendet werden konnte; deshalb sparte man sich die
Barriere. Auf der einen Seite hatte man einen Pavillon für den König errichtet,
auf der anderen einen für den Konnetabel. Die Barrikaden und die Pavillons
waren mit Tüchern geschmückt. An jedem Ende befand sich ein Gang, den ein
Vorhang verschloß – erregend wie die geheimnisvolle Öffnung, durch die die
Zirkusleute in ihre Arena reiten. In einer Ecke des Korrals war, für alle
sichtbar, ein gewaltiger Reisighaufen mit einem eisernen Pfahl in der Mitte,
der weder brennnen noch schmelzen konnte. Der war für die Königin bestimmt,
falls das Urteil gegen sie ausfallen sollte. Bevor Arthur sein

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