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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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Ihr von Arthur redet, als sei er ein Kuppler.«
    »Ich rede ganz und gar nicht so von ihm.
Er ist mein erster Freund gewesen, und ich liebe ihn.«
    »Dann sprecht Ihr von mir, als ob ich noch
etwas Schlimmeres wäre.«
    »Und jetzt führt Ihr Euch auf, als wärt
Ihr’s.«
    »Nun gut. Wenn das alles ist, was Ihr zu
sagen habt, dann solltet Ihr gehn.«
    »Auf daß Ihr ihm Euch in Liebe darbringen
könnt, nehme ich an.«
    »Lanzelot!«
    »Ach, Jenny!« Er sprang auf, behend wie eh
und je, und umschlang sie. »Seid nicht bös’. Es tut mir leid, wenn ich
unfreundlich gewesen bin.«
    »Geht! Laßt mich allein.«
    Er aber hielt sie weiterhin fest, wie
jemand, der ein wildes Tier am Fortlaufen hindern will.
    »Seid mir nicht bös’. Es tut mir leid. Ihr
wißt, ich hab’s nicht so gemeint.«
    »Ihr seid ein Biest.«
    »Nein, ich bin kein Biest. Und Ihr seid
auch keins. Jenny, ich werd’ Euch so lange festhalten, bis Ihr nicht mehr böse
mit mir seid. Ich hab’s gesagt, weil ich unglücklich bin.«
    Ihre gedämpfte, verhaltene Stimme stellte
bekümmert fest: »Eben erst habt Ihr gesagt, Ihr wäret glücklich.«
    »Nun ja, ich bin nicht glücklich. Ich bin
sehr unglücklich; die ganze Welt ist mir verleidet.«
    »Glaubt Ihr, Ihr wärt der einzige?«
    »Nein, das glaube ich nicht. Und mir tut’s
leid, was ich gesagt habe. Es macht mich noch unglücklicher, daß ich’s gesagt
hab’. Seid doch bitte wieder gut und macht mich nicht weiterhin unglücklich.«
    Sie ließ sich erweichen. Die Jahre hatten
ihre frühere Heftigkeit gemildert.
    »Nun gut.«
    Doch ihr Lächeln und ihr Nachgeben
ermutigten ihn nur, von neuem zu beginnen.
    »Kommt Ihr mit mir, Jenny?«
    »Bitte, fangt nicht wieder von vorne an.«
    »Ich kann’s doch nicht ändern«, sagte er
verzweifelt. »Ich weiß nicht, was ich tun soll. Gott, wir haben’s unser ganzes
Leben lang damit gehabt, aber im Frühling scheint’s schlimmer zu sein. Weshalb
wollt Ihr nicht mit mir nach Joyous Gard kommen, damit wir die ganze Geschichte
hinter uns bringen?«
    »Lanz, laßt mich los und seid vernünftig.
So, setzt Euch hin, und jetzt singen wir noch ein Lied.«
    »Ich will aber nicht singen.«
    »Und ich will nichts von dem andern
hören.«
    »Wenn Ihr mit mir nach Joyous Gard kämet,
war’s ausgestanden, ein für allemal. Zumindest könnten wir unsre alten Tage
gemeinsam verbringen und glücklich sein, ohne jeden Tag betrügen zu müssen, und
wir würden in Frieden sterben.«
    »Ihr sagtet, Arthur wisse alles«, sagte
sie, »von Betrug könne also keine Rede sein.«
    »Ja, aber es ist doch anders. Ich liebe
Arthur, und ich ertrag’s nicht, wenn ich sehe, wie er mich anblickt, wenn ich
weiß, daß er weiß. Wißt Ihr – Arthur liebt uns.«
    »Aber, Lanz, wenn Ihr ihn so liebt, wie
könnt Ihr dann mit seiner Frau durchbrennen wollen?«
    »Ich will, daß Klarheit herrscht«, sagte
er störrisch, »wenigstens zum Schluß.«
    »Und ich will es nicht.«
    »Ja«, und jetzt war er wieder wütend,
»weil Ihr in Wahrheit zwei Männer haben wollt. Frauen wollen immer alles.«
    Sie beschwichtigte mit großer Geduld.
    »Ich will keine zwei Männer, und ich fühl’
mich genauso unbehaglich wie Ihr. Aber was versprecht Ihr Euch von der
Klarheit? Was passiert, wenn’s öffentlich bekannt wird? Die Lage, in der wir
jetzt sind, ist entsetzlich, aber zumindest weiß Arthur innerlich Bescheid, und
wir lieben uns weiterhin und sind sicher. Würde ich aber mit Euch weglaufen, so
ginge alles in Scherben. Arthur müßte Euch den Krieg erklären und Joyous Gard
belagern, und dann würde einer von Euch getötet werden, wenn nicht Ihr beide,
und Hunderte von ändern Leuten müßten sterben, und keinem wär’ damit gedient.
Abgesehen davon – ich will Arthur nicht verlassen. Als ich ihn heiratete, habe
ich gelobt, bei ihm zu bleiben, und er ist immer gut zu mir gewesen, und ich
habe ihn gern. Das mindeste, was ich für ihn tun kann, ist dies: daß ich ihm weiterhin
ein Zuhause gebe und ihm helfe – auch, wenn ich Euch ebenfalls liebe. Ich sehe
keinen Sinn darin, jetzt die Sache in die Öffentlichkeit zu zerren. Warum
sollten wir Arthur vor aller Welt unmöglich machen?«
    Keiner der beiden hatte in der dichter
werdenden Dämmerung bemerkt, daß der König eingetreten war, während Ginevra
sprach. Da sie am Fenster standen, konnten sie kaum wahrnehmen, was hinter
ihnen im Gemach vor sich ging. Doch er war eingetreten. Für den Bruchteil einer
Sekunde hatte er dagestanden und seine Gedanken

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