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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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ich
gelernt, daß sie nur verstehen, was man ihnen unter die Nase reibt.«
    »Ihr wollt, daß ich etwas erkenne, indem ich von
den Tieren lerne.«
    »Ja. Endlich kommen wir zum Zweck Eures Besuchs.
Zwei Geschöpfe habe ich Euch zu zeigen vergessen, als Ihr klein wart, und wenn
Ihr sie jetzt nicht kennenlernt, kommen wir nicht weiter.«
    »Ich werde tun, was Ihr wollt.«
    »Es sind die Ameise und die Wildgans. Wir möchten,
daß Ihr sie heute nacht kennenlernt. Natürlich wird es nur eine Ameisenart von
vielen Hunderten sein, aber wir meinen, diese Art solltet Ihr sehen.«
    »Sehr gut«, sagte der König. »Ich bin willens und
bereit.«
    »Hast du den Sanguinea-Zauberspruch zur Hand, mein
Dachs?«
    Sofort begann das unglückliche Tier in seinem
Sessel zu stöbern, es suchte zwischen den Nähten, hob die Decke vom Teppich und
brachte Zettel zum Vorschein, die in allen Richtungen mit Merlins Schrift
bedeckt waren.
    Der erste Zettel trug die Überschrift Weitere
Hybris unter Victoria . Darunter stand: »Dr. John von Gaddesden, Hofarzt von
Edward II. behauptete, den Sohn des Königs von den Pocken geheilt zu haben,
indem er den Patienten in rotes Tuch wickelte, rote Vorhänge vor den Fenstern
anbrachte und darauf achtete, daß alle Wandbehänge im Zimmer rot waren. Über
solche mittelalterliche Naivität erhob sich ein schallendes victorianisches
Gelächter, bis im zwanzigsten Jahrhundert Dr. Niels Finsen in Kopenhagen
entdeckte, daß rotes und infrarotes Licht tatsächlich die Pocken beeinflußt und
die Heilung unterstützt.«
    Auf dem nächsten Zettel stand nur: »Bei jedem Lauf
einen halben Rosen-Nobel auf Golden Miller.«
    Auf dem dritten, der stark nach Quelques fleurs duftete, stand, nicht in Merlins Schrift: »Denkmal von Königin Philippa am
Charing Cross, sieben Uhr dreißig, unter dem Turm.« Darunter waren viele Küsse
und auf der Rückseite ein paar Notizen für ein Gedicht, das dem Absender
zugedacht war. Die waren von Merlin geschrieben und lauteten:
    0 weh? Couve? Pürree? Das Gedicht selbst, das
anfing
     
    Ach und
Weh
    Nimue
     
    war ausradiert. Die
Überschrift auf einem anderen Zettel hieß: »Andere Rassen, victorianische Verachtung
für, sowie für eigene Ahnen, Tiere etc.« Darunter war geschrieben: »Colonel
Wood-Martin, der Altertumsforscher, schrieb 1895 mit einem merkbaren Kichern,
daß ›eine der entartetsten aller Rassen, die inzwischen
ausgestorbenen Tasmanier , glaubten, Steine, besonders gewisse Arten von
Quarzkristallen, könnten als Medien oder als Kommunikationsmittel… mit entfernt
lebenden Personen benutzt werden!‹ Wenige Jahre nach dieser Aufzeichnung wurde
der Rundfunk in die westliche Hemisphäre importiert. Ich ziehe es vor zu
vermuten, daß diese entarteten Menschen eine Million Jahre vor dem Colonel auf
derselben miesen Bahn waren und ausstarben, weil sie mit ihren
Kristallempfängern ständig Swingmusik hörten.«
    »Hier«, sagte Dachs. »Ich glaube, das ist es.«
    Er reichte Merlin ein Stück Papier, auf dem stand:
» Formica est exemplo magni laboris , * Dativ des Zweckes.«
    Es erwies sich als unwirksam.
     
    Schließlich wurde allen
befohlen, aufzustehen, ihre Sessel zu durchsuchen, in ihre Taschen zu schauen
und so weiter. Der Igel brachte einen schmutzigen, mit Lehm und zerdrückten
Blättern bedeckten Fetzen zum Vorschein, auf dem er gesessen hatte, und fragte:
»Isses das?« Nachdem das Papier abgewischt, ausgeschüttelt und geglättet worden
war, erkannte man darauf die Worte Dragguls uoth, Tna eht ot og , und
Merlin sagte, das hätten sie gesucht.
    Also wurden aus dem Fliegenschrank zwei
Ameisennester geholt, die dort in Untertellern mit Wasser gestanden hatten. Sie
wurden auf einen Tisch mitten im Raum gestellt, während die Tiere sich zum
Zuschauen setzten; mit Hilfe rotgefärbter Glasscheiben konnte man nämlich in
die Nester sehen. Arthur mußte sich neben das größere Nest auf den Tisch
setzen, das spiegelbildliche Pentagramm wurde gezeichnet, und Merlin sprach
feierlich den Zauberspruch.
     
     
     
     
    KAPITEL 7
     
     
    Es kam ihm sonderbar vor, in seinem Alter
nochmal die Tiere zu besuchen. Vielleicht, dachte er beschämt, träume ich meine
zweite Kindheit, vielleicht werde ich senil. Aber es erinnerte ihn lebhaft an
seine erste Kindheit, an die schönen Zeiten, als er in Gräben geschwommen oder
mit Archimedes geflogen war, und es wurde ihm klar, daß er seit damals etwas
verloren hatte. Etwas, das er jetzt als die Fähigkeit zum Staunen begriff.
Damals

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