Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
Vom Netzwerk:
Dachs also sagte: »Sicher
wird das dem tatsächlichen Kommunismus nicht gerecht? Ich hätte gedacht, die
Ameisen ähnelten mehr Mordreds Faschisten als John Balls Kommunisten… «
    »Das eine ist ein Stadium des anderen. In
der Perfektion sind sie identisch.«
    »Aber in einer ordentlichen
kommunistischen Welt…«
    »Gebt dem König einen Schluck Wein«, sagte
Merlin. »Wicht, woran um alles in der Welt denkst du?« Der Igel rannte nach der
Karaffe und brachte sie mit einem Glas zurück. Er drückte dem König eine
feuchte Nase ans Ohr, schnaufte schwer hinein mit seinem Zwiebelatem und
flüsterte heiser: »Wir ham Euch beobacht, ham wir. Mitm Stock inner Hand. Wir
hättn’s denen gezeicht. Biestje Biester.« Darauf schüttelte er wiederholt den
Kopf, verschüttete den Madeira und boxte mit der Karaffe in der einen und dem
Glas in der anderen Hand in die Luft. »Hoch soll er schwebn, Euer Maien spät,
sacht unsereiner, unsereiner sacht so. Wir haun sie auf die Nas’, fürn Könich
mach’ das Spaß. Das hättn wir getan, wir warn schon fast dran, wir durftn bloß
nich ran.«
    Dachs wollte nicht um seine Verteidigung
betrogen werden. Sobald dem König eingeschenkt war, fing er geduldig wieder an:
    »Die Ameisen führen Kriege«, sagte er,
»also können sie keine Kommunisten sein. In einer ordentlichen kommunistischen
Welt würde es keine Kriege geben, weil die ganze Welt vereint wäre. Ihr dürft
nicht vergessen, daß der Kommunismus erst dann verwirklicht ist, wenn alle
Nationen der Welt kommunistisch sind und sich in einer Union sozialistischer
Sowjetrepubliken vereinigt haben. Die Ameisenhügel sind aber nicht in einer
Union miteinander verbunden, also sind sie auch noch nicht wirklich
kommunistisch, und deshalb kämpfen sie.«
    »Sie sind nicht vereinigt«, sagte Merlin
unwirsch, »weil die Ameisenhügel so klein sind im Vergleich zur Größe der Welt,
und weil die natürlichen Hindernisse wie Flüsse und so weiter die Kommunikation
für Tiere ihrer Größe und Fingerzahl unmöglich machen. Ich gebe zu, daß sie
perfekte Schläger sind und durch geographische und physische Fakten daran
gehindert werden, perfekte Lollarden zu werden.«
    »Dann müßt Ihr Eure Kritik an Karl Marx zurücknehmen.«
    »Meine Kritik zurücknehmen?« rief der
Philosoph. »Ja; denn Marx hat das Rätsel des Königs, soweit es den Krieg
betrifft, durch seine Union der sozialistischen Sowjetrepubliken gelöst.«
    Merlin wurde blau im Gesicht, biß ein
großes Stück von seinem Bart ab, riß sich das Haar in Strähnen aus und warf sie
in die Luft, flehte inständig um Erleuchtung, setzte sich neben den Dachs,
griff nach seiner Hand und schaute ihm eindringlich in die Brillengläser.
    »Aber siehst du nicht ein«, fragte er
pathetisch, »daß eine Union von irgendwas, ganz egal, was, das Problem
des Krieges löst? In einer Union kann es keinen Krieg geben, denn bevor man
einen anfangen kann, muß eine Teilung stattgefunden haben. Es gäbe keinen
Krieg, wenn die Welt aus einer Union von Hammelkoteletts bestünde. Aber das
heißt nicht, daß wir alle losstürzen und Hammelkoteletts werden müssen.«
    »Eigentlich«, sagte der Dachs, nachdem er
eine Weile nachgedacht hatte, »definiert Ihr die Ameisen nicht als Faschisten
oder Kommunisten, weil sie Kriege führen, sondern weil…«
    »Ich werfe alle drei Sekten in einen Topf
wegen ihrer Grundvoraussetzung, letzten Endes die Rechte des Individuums zu
leugnen.«
    »Ich verstehe.«
    »Sie haben eine totalitäre Theorie: daß
Menschen oder Ameisen um des Staates oder der Welt willen existieren, nicht
umgekehrt.«

»Und warum habt Ihr gesagt, Marx habe sich
in der Naturgeschichte nicht ausgekannt?«
    »Der Charakter meines alten Freundes
Karl«, sagte der Magier streng, »liegt außerhalb der Zuständigkeit dieses
Komitees. Denk bitte daran, daß wir nicht über Kommunismus beraten, sondern
über das Problem des organisiserten Mordens. Kommunismus interessiert uns nur
insofern, als er mit dem Krieg zusammenhängt. Unter diesem Vorbehalt beantworte
ich deine Frage folgendermaßen: Marx war ein mieser Naturwissenschaftler, weil
er erstens den groben Fehler begangen hat, den menschlichen Schädel zu
übersehen, weil er sich nie um die Gänse kümmerte und weil er sich den
Denkfehler der Egalité zu eigen machte, die mit der Natur unvereinbar ist. Die
Menschen sind sich in ihren Verdiensten und Fähigkeiten ebensowenig gleich wie
in Größe und Aussehen. Genausogut könnte man verlangen, daß alle

Weitere Kostenlose Bücher