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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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im Zirkus – mit Heide, Flechten, Moos und
Daunen von ihrem Brustgefieder ausgelegt. Das war nun so zart wie Spinnweben.
Er selbst hatte ihr als Geschenk ein paar Gräser gebracht, aber sie waren nicht
das richtige gewesen. Als er sie pflückte, hatte er durch Zufall das prächtige
Universum des Sumpfes entdeckt, das unter ihren Füßen lag. Denn das war eine
Miniaturwelt ähnlich der, die Japaner angeblich in Schalen anpflanzen. Kein
japanischer Gärtner hat je einen täuschenderen verkrüppelten Baum gezüchtet, als
ein Heidekraut ihn darstellt mit seinen knopflochähnlichen, regelmäßigen Knoten
am Stamm. Hier zu seinen Füßen waren Wälder aus knorrigen Bäumen mit Seen und
Tälern und Bergen. Das dichte Moos stand wie Gras, das Unterholz bestand aus
Flechten. Malerisch lagen gestürzte Baumstämme dazwischen, und es gab sogar
eine merkwürdige Blume: ein winziger, graugrüner Stengel, sehr trocken und
spröde, mit einem purpurroten Tropfen am Ende wie Siegelwachs. Es gab
mikroskopische Pilze, deren Schirme umgedreht waren wie Eierbecher. Und durch
diese ausgedörrte Waldkulisse huschten statt Hasen und Füchsen
schwarzschimmernde, ölig glänzende Käfer, die ihre Flügel richteten, indem sie
ihre spitzen Schwänze zwirbelten. Das waren eher die Drachen in diesem
Zauberland als die Hasen, und es gab sie in unendlicher Vielfalt: Käfer so grün
wie Edelsteine, Spinnen so klein wie Nadelköpfe, Marienkäfer wie aus rotem
Emaille. In Torfsenken, die unter dem Fuß nachgaben, standen kleine braune
Wasserpfützen, die von Meeresungeheuern bevölkert waren: Wassermolche und
Ruderwanzen. Hier, im feuchteren Boden, gab es ein Gewirr von Moosen, und jedes
unterschied sich von den anderen; manche mit dünnen roten Stengeln und grünen
Köpfen sahen aus wie ein besonderes Getreide für Liliputaner. Wo die Heide
durch den Einfluß der Natur verbrannt war, etwa von der Sonne, die durch einen
Tautropfen schien – und nicht vom Menschen, der den Sumpf im Frühjahr abbrennt,
wenn er voll brütender Vögel ist –, dort war eine Öde aus verkohlten Stümpfen
mit winzigen Schneckenhäusern, weiß gebleicht und nicht größer als
Pfefferkörner, außerdem kittfarbene Flechten wie gedörrte Schwämme, deren
Stengel hohl waren, wenn er sie zerbrach. Und zu diesem mikroskopischen Format
kam dann die Weite darüber – der Duft des Sumpfes und die reine Luft, die über
den Sümpfen viel klarer schmeckt; die Sonne, die auf das Land herunterstürzte
und nur ein paar Stunden in der Nacht zur Ruhe ging; und, der Himmel helfe uns,
dazu kamen noch die Mücken! Oft hatte er gedacht, es müsse für einen Vogel
langweilig sein, auf den Eiern zu sitzen. Jetzt wußte er, daß Lyo-lyok ein
Universum vor sich beobachten konnte, eine ganze Welt, die unter ihrer Nase
summte.
    Er erklärte sich ihr eines Nachmittags,
nicht stürmisch, dazu kannte er die Welt zu lange, sondern sanft und
hoffnungsvoll, als sie auf dem funkelnden See waren. Das Wasser in seinem
braunen Rahmen spiegelte den Himmel in noch tieferem Blau, so blau wie ein
Amselei ohne die Flecken. Er schwamm auf sie zu mit dem Schwanz hoch im Wasser,
Kopf und Hals flachgestreckt wie eine schwimmende Schlange. Er erzählte ihr von
seinen Sorgen, von seinem unwerten Charakter und von seiner Bewunderung für
sie. Er sagte ihr, daß er hoffe, Merlin und der Welt zu entfliehen, wenn er
sich mit ihr zusammentat. Lyo-lyok schien wie gewöhnlich nicht überrascht. Auch
sie senkte den Hals und schwamm auf ihn zu. Er war sehr glücklich, als er die
Freundlichkeit in ihren Augen sah. Doch eine dunkle Hand kam und packte ihn,
wie es wohl zu erwarten war. Er wurde zurückgeschleudert, nicht auf Schwingen,
nicht fliegend, nein, er wurde in den schmutzigen Schlot der Zauberei gesogen.
Während er verschwand, griff er noch nach einer schwebenden Feder, dann war
Lyo-lyok nicht mehr vor seinen Augen.
     
     
     
     
    KAPITEL 16
     
     
    »Jetzt«, rief der Magier, noch bevor der
Reisende richtig Gestalt angenommen hatte, »jetzt können wir anfangen, den
Hauptgedanken weiterzutreiben. Endlich beginnen wir das Licht zu sehen.«
    »Laßt ihn erst mal zu sich kommen«, sagte
die Ziege. »Er sieht unglücklich aus.«
    »Unglücklich?« Merlin schob den Einwand
einfach weg. »Unsinn. Es geht ihm sehr gut. Ich sagte gerade, wir können weiter
vordringen…«
    »Kommunismus«, fing der Dachs an, der
kurzsichtig und in seinem Thema verfangen war.
    »Nein, nein. Mit den Bolschewiken sind wir
fertig. Er hat jetzt

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