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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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dem Vernehmen nach – in ihren warmen Rückenfedern einen
winzigen Zaunkönig als blinden Passagier an Bord hatte. Die einsame Insel
jedoch war die beste Wegmarke.
    Denn es war eine Vogelstadt. Alle
brüteten, alle zankten sich, und alle waren trotzdem freundlich. Oben auf dem
Kliff, wo das kurze Gras wuchs, waren zahllose Papageitaucher an ihren Bauen
tätig. Darunter, auf der Tordalkstraße, hockten die Vögel derart dicht gedrängt
und auf so schmalen Graten, daß sie mit der Kehrseite zum Meer stehen und sich
mit langen Krallen festhalten mußten. In der Lummenstraße, darunter, hielten
die Seetaucher ihre scharfen Zwergengesichter nach oben gerichtet, wie brütende
Drosseln es tun. Ganz unten waren die Dreizehen-möwen-Slums. Und alle Vögel,
die, fast menschenähnlich, nur ein Ei pro Person legten – standen derart eng
beisammen, daß ihre Hälse sich ineinander verschlangen und verwoben. Sie hatten
so wenig ›Lebensraum‹, wie wir das fatalerweise zu nennen belieben, daß dauernd
dieser Fall eintrat: so oft ein neuer Vogel darauf bestand, auf dem Grat zu
landen, der bereits voll besetzt war, purzelte einer der anderen Vögel
herunter. Trotzdem aber waren sie bester Laune; sie scherzten und alberten und
zogen sich gegenseitig auf. Sie ähnelten einer unzählbaren Menge von
Fischweibern auf dem größten Markt der Welt, die sich in private Dispute
stürzen, aus Tüten essen, den Ordnungshüter beschimpfen, zweideutige Lieder
singen, ihre Kinder verwarnen und über ihre Männer herziehen. »Rück mal ’n
Stücke, Tantchen«, hieß es. Oder: »Komm, Oma, mach mal Platz.« Oder: »Setzt
sich die Alte doch tatsächlich mittenmang die Garnelen.« Oder: »Willst du dir
nicht erstmal die Nase putzen?« Oder: »Sag doch: Ist das nicht Onkel Otto mit’n
Bier?« Oder: »Nich’ noch Platz für meine Wenigkeit?« Oder: »Tante Emma – da geht sie hin, ist
glattweg vom Stengel gefallen.« Oder: »Sitzt mein Hut auch richtig?« Oder: »Du
Schnösel, laß das mal gefälligst bleiben!«
    Sie hielten sich mehr oder weniger
zusammen, nahmen’s aber nicht allzu genau. Es kam durchaus vor, daß eine
Dreizehenmöwe in der Lummenstraße saß, auf irgendeinem Vorsprung, und stur auf
ihrem Recht beharrte. Insgesamt mochten es ein halbe Million sein, und der
Lärm, den sie machten, war ohrenbetäubend. Der König konnte nicht umhin, sich
zu fragen, wie eine Menschenstadt mit verschiedenen Rassen unter solchen Bedingungen
wohl aussehen würde.
     
    Dann kamen die Fjorde und Inseln
Norwegens. Auf einer dieser Inseln, übrigens, siedelte der große W. H. Hudson
eine wahre Gänsegeschichte an, die einen nachdenklich stimmen könnte. Es war
ein Küsten-Bauer, so erzählte er, dessen Inseln unter einer Fuchsplage zu
leiden hatten. Also stellte er eine Fuchsfalle auf. Als er die Falle am
nächsten Tag inspizierte, sah er, daß sich eine alte Wildgans darin gefangen
hatte, offenbar ein Großadmiral: wegen seiner Zähigkeit und der dicken
Kolbenringe. Der Bauer nahm die Gans mit nach Hause, beschnitt ihr die
Schwingen, band ihr die Beine und setzte sie auf den Hof zu seinem anderen
Geflügel. Nun hatte aber die Fuchsplage zur Folge, daß der Bauer jeden Abend
seinen Hühnerstall versperrte. Abend für Abend ging er über den Hof, scheuchte
sie in den Stall und sperrte die Tür zu. Nach einer Weile fiel ihm etwas
Sonderbares auf: Das Federvieh brauchte nicht mehr zusammengetrieben zu werden,
sondern wartete im Stall auf ihn. Eines Abends wollte er dem Geheimnis auf die
Spur kommen und entdeckte, daß der gefangene Potentat die Aufgabe übernommen
hatte, die ihm vermöge seiner Intelligenz nicht verborgen geblieben war.
    Zur Nachtzeit sammelte der scharfsinnige
alte Admiral seine domestizierten Kameraden ein, zu deren Führer er sich
aufgeschwungen hatte, und brachte sie selbständig und sorgsam an den dafür
bestimmten Ort, so, als hätte er die Situation klar erkannt. Die freien
Wildgänse, seine einstigen Gefolgsleute, ließen sich nie wieder auf jener Insel
nieder, die früher ihr bevorzugter Aufenthaltsort gewesen war und von der man
ihren Käpt’n plötzlich weggehext hatte.
     
    Nach den Inseln kam dann endlich die
Landung am Zielort des ersten Reisetages. Dieses freudige Gezeter! Diese
Selbstbeglückwünschungen! Sie ließen sich vom Himmel fallen, rutschten seitlich
ab, führten allerlei akrobatische Glanzleistungen vor, ja: sie machten sogar
Sturzspiralen. Sie waren furchtbar stolz auf sich und auf ihren Lotsen und
freuten sich

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