Der König auf Camelot
die Fakten, und wir können beginnen, uns mit der Macht
auseinanderzusetzen. Aber man muß ihm gestatten, selbst zu denken. König, bitte
entscheidet Euch für irgendeine Tierart, und ich werde Euch erklären, warum
ihre Angehörigen Kriege führen oder nicht. Es gibt da keine Falle«, fügte er
hinzu und beugte sich vor, als wolle er seinem hoffnungslosen Opfer mit einem
faszinierenden Lächeln die Tiere aufdrängen wie Zuckerwerk.
»Ihr könnt jedes Tier nennen, das Euch
gefällt. Affen, Amöben, Antilopen, Axolotl…«
»Wie wäre es mit Ameisen und Gänsen?«
schlug der Dachs nervös vor.
»Nein, nein. Keine Gänse. Gänse sind zu
leicht. Wir müssen fair sein und ihn wählen lassen, was er will. Wie wäre es
mit Saatkrähen?«
»Sehr gut«, sagte der Dachs. »Saatkrähen.«
Merlin lehnte sich in seinem Stuhl zurück, legte die Fingerspitzen aneinander
und räusperte sich. »Als erstes«, sagte er, »müssen wir das Thema definieren,
bevor wir Beispiele betrachten. Was ist Krieg? Krieg, meine ich, kann definiert
werden als der aggressive Gebrauch von Macht zwischen Gruppen derselben
Spezies. Es muß zwischen Gruppen sein, sonst wäre es lediglich tätliche
Beleidigung. Der Angriff eines verrückten Wolfes auf ein Rudel Wölfe ist nicht
Krieg. Außerdem muß es zwischen Angehörigen derselben Spezies sein. Vögel, die
Heuschrecken auflauern, Katzen, die Mäuse verfolgen, selbst Thunfische, die
Heringe fangen – also Fische einer Spezies, die Fische einer anderen töten –
sind keine echten Beispiele für Krieg. Wir erkennen also zwei wesentliche
Momente: daß die Gegner einer Familie angehören, und daß sie einer gesellig
zusammenlebenden Familie angehören. Bevor wir Beispiele für Krieg in der Natur
suchen, können wir dementsprechend alle Tiere außer acht lassen, die nicht
gesellig zusammenleben. Danach bleiben noch zahlreiche Tiere übrig wie die
Stare, Elritzen, Hasen, Bienen und Tausende andere. Doch wenn wir uns nun unter
diesen nach Kriegen umsehen, stellen wir einen Mangel an Beispielen fest. Wie
viele Tiere fallen Euch ein, die gemeinsame aggressive Aktionen gegen Gruppen
ihrer eigenen Spezies unternehmen?«
Merlin ließ dem alten Mann zwei Sekunden
Zeit für eine Antwort, dann fuhr er mit seiner Lektion fort.
»Eben. Ihr wolltet ein paar Insekten
nennen, den Menschen, verschiedene Mikroben oder Blutkörperchen – soweit man
diese derselben Spezies zurechnen kann –, und dann wärt Ihr in Verlegenheit
gewesen. Die ungeheuerliche Immoralität des Krieges ist, wie ich bereits
erwähnt habe, eine Seltenheit in der Natur. Wir konzentrieren uns deshalb –
erleichtert über diese glückliche Koinzidenz in einem Faktenbündel, das sich
als zu umfangreich hätte erweisen können – auf die Untersuchung der
Besonderheiten jener Spezies, die Feindseligkeiten untereinander austragen. Was
stellen wir fest? Stellen wir fest, wie die berühmten Kommunisten von Dachs
behaupten würden, daß die Spezies kämpft, die individuelles Eigentum besitzt?
Im Gegenteil, wir stellen fest, daß ausgerechnet die Tiere Kriege führen, die
zur Begrenzung oder Abschaffung individuellen Besitzes neigen. Es sind die
Ameisen und Bienen mit ihren Gemeinschaftsmägen und -territorien und die
Menschen mit ihrem Nationaleigentum, die einander die Kehlen aufschlitzen; und
es sind die Vögel mit ihren privaten Frauen, Nestern und Jagdgründen, die Hasen
mit ihren eigenen Bauen und Mägen, die Elritzen mit ihren individuellen
Behausungen und die Leierschwänze mit ihren persönlichen Schatzhäusern und
Spielwiesen, die friedlich bleiben. Ihr dürft einfache Nester und Jagdgründe
nicht als Formen von Eigentum gering achten; sie sind für die Tiere ebenso
Formen von Eigentum wie für einen Menschen ein Haus und ein Geschäft. Und, das
ist wichtig, sie sind Privateigentum. Die Besitzer von Privateigentum in der
Natur sind friedlich, während die Erfinder öffentlichen Eigentums in den Krieg
ziehen. Das, Ihr werdet mir zustimmen, ist genau das Gegenteil der totalitären
Doktrin.
Zuweilen sind natürlich die Besitzer von
Privateigentum in der Natur gezwungen, ihr Eigentum gegen Piratenakte anderer
Individuen zu verteidigen. Das führt selten zu Blutvergießen, und auch die Menschen
brauchen solche Umstände nicht zu fürchten, weil unser König sie bereits für
das Prinzip einer Polizei gewonnen hat. Doch Ihr wollt einwenden, daß
vielleicht die kriegführenden Tiere nicht durch das Band des Nationalismus
miteinander verbunden sind:
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