Der König auf Camelot
nicht, sondern legten ihn in
Eisen und ließen ihn gefesselt, bis er ihnen alles zu geben versprach, was sie
von ihm haben wollten. Als Lösegeld, um aus der Gefangenschaft frei zu kommen,
trat Vortigern Sussex, Essex und Middlesex an Hengist ab und außerdem die
Grafschaft Kent, die diesem zuvor schon einmal gehört hatte.
In Erinnerung an diesen gemeinen Verrat
hießen Messer unter den Engländern lange hin »seax«, aber die Namen ändern
sich; die Welt dreht sich weiter, und die Menschen vergessen das, was in der
Vergangenheit geschah. Im Anfang wurde das Wort gebraucht, um den Verrat zu
tadeln, der da geschehen war. Aber als die Geschichte von den seax in
Vergessenheit geriet, sprachen die Leute wieder von Messern und dachten nicht
mehr an die Schande ihrer Vorväter.
Als Vortigern nun ein Mann im Elend war,
überquerte er den Severn und zog tief hinein nach Wales. Dort aber hielt er Rat
mit seinen Freunden. Er ließ seine gelehrten Schreiber und Zauberer
zusammenrufen und fragte sie, wie er seine Macht über das Land aufrecht
erhalten könne, und was er tun solle, wenn ihn jemand angreife, der mächtiger
sei als er selbst.
Jene, die er fragte, fürchteten am meisten
die zwei Brüder des Constantin, die immer noch lebten, denn von ihnen wußten
sie, daß sie ihren Haß nicht begraben würden. Die Zauberer rieten ihm
schließlich, einen mächtigen Turm zu bauen, der nie und nimmer eingenommen
werden und auch von keiner Maschine, die der Witz eines Menschen ersinnt,
zerstört werden könne.
Nachdem eine solch starke Burg fertig
wäre, solle er sich darin einschließen und werde derart sicher sein vor dem Haß
seiner Feinde. Dieser Rat gefiel dem König, und er sah sich nach einer Stelle
um, die für eine solch starke Zwingburg geeignet war. Einen solchen Platz
meinte er endlich im Gebirge von Erir (Snowdon) gefunden zu haben. Er holte
Steinmetze herbei und hieß sie, Steine behauen, und Maurer, die mit Mörtel die
Steine zu einer Mauer zusammenfügten. Die Männer begannen umgehend mit der
Arbeit, aber was sie bei Tag hochzogen, stürzte bei Nacht wieder zusammen. Sie
arbeiteten darauf mit noch größerem Eifer und mit noch mehr Sorgfalt, aber
wieder und wieder sanken die Fundamente bei Nacht ein, und das Gemauerte brach
zusammen. So ging das viele Tage, und nicht ein Stein blieb auf dem anderen.
Als der König von diesen merkwürdigen Vorgängen hörte und sah, daß alle Mühen
umsonst waren, beriet er sich wieder mit seinen Zauberern.
»Bei meinem Glauben«, sprach er, »ich
frage mich, was mit diesem Turm los ist, da ihn die Erde nicht tragen mag.
Macht euch Gedanken darüber und ratet mir dann, wie man haltbare Fundamente
mauern kann?« Da suchten die Zauberer Rat im Runenwerfen und mit Beschwörungen
und rieten dem König – obgleich es recht wohl so gewesen sein mag, daß sie sich
selbst keinen Rat wußten –, er solle nach einem Mann forschen lassen, der
keinen irdischen Vater habe, ihn müsse man erschlagen, sein Blut nehmen, damit
den Mörtel anrühren, dann würden die Fundamente fest stehen bleiben und das
Schloß gebaut werden können.
Sofort schickte der König Boten über das
ganze Land hin aus, hieß sie einen solchen Menschen suchen, und sobald er
gefunden sei, sollten sie ihn sofort an seinen Hof bringen.
Sie rannten hin und her im Land, und
gingen auch in andere Länder, befragten die Leute, aber trotz all ihrer Mühen
und ihrem Eifer hörten sie nichts von einem solchen Menschen.
Nun geschah es aber, daß zwei Männer aus
dem Gefolge des König ihres Weges gingen und sich in einer Stadt begegneten,
die hieß Caermerdin (Carmarthen). Eine große Menschenmenge, Jugendliche und
Kinder, hatten sich vor den Toren versammelt. Die beiden Männer blieben stehen
und sahen ihnen bei ihren Spielen zu. Unter denen, die sich da miteinander im
Wettkampf maßen, waren auch zwei Kappen, die hießen Merlin und Dinabus. Eben
begannen sie sich zu streiten, und sie redeten wütend aufeinander ein. Der eine
hänselte dabei den anderen ob des Makels seiner Geburt.
»Sei du doch still, Merlin«, sagte
Dinabus, »du hast es gerade nötig, das Maul so weit aufzureißen. Ich warne
dich. Ich weiß von einer schmutzigen Sache, und du tust gut daran, mich nicht
zu reizen, sonst pack ich davon aus. Ein Wort noch über meine Vorfahren und
alle kriegen’s zu hören. Ein jeder der unseren war Herzog oder König. Aber wie
sieht’s denn mit deiner sauberen Verwandtschaft aus? Du wüßtest ja nicht einmal
den Namen
Weitere Kostenlose Bücher