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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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versteht, was ich meine«, sagte Wart.
»Was habt Ihr mit dem alten Mann mit ohne Nase gemacht?«
    »Er hat ihn geheilt«, sagte Kay.
    »Nun ja«, sagte Merlin, »so kannst du’s nennen;
andererseits aber stimmt’s nicht. Natürlich: wenn man so lange auf der Welt
gelebt hat wie ich, und dazu noch rückwärts, dann lernt man ein bißchen was
von Pathologie. Die Wunder der Psychoanalyse und der plastischen Chirurgie
sind der heutigen Generation ja wohl noch ein Buch mit sieben Siegeln.«
    »Was habt Ihr mit ihm gemacht?«
    »Och, ich habe ihn nur psychoanalysiert«,
entgegnete der Zauberer leichthin. »Dies, und dann habe ich beiden eine neue
Nase angenäht, versteht sich.«
    »Was für eine Nase?« fragte Wart. »Du, das ist ganz
verrückt«, sagte Kay. »Zuerst wollte er die Greif-Nase haben, aber das wollt’
ich nicht. Da hat er dann die Nasen von den Ferkeln genommen, die’s zum
Abendessen gibt, und hat die angenäht. Wenn du mich fragst: ich glaub’, sie
werden grunzen.«
    »Eine knifflige Operation«, sagte Merlin, »indes
erfolgreich«.
    »Na ja«, sagte Wart zweifelnd. »Hoffen wir das
Beste. Und was haben sie dann gemacht?«
    »Sie sind zu den Zwingern gegangen. Dem alten Wart
tut’s wahnsinnig leid, was er dem Hundejungen angetan hat, aber er sagt, er
könnt’ sich nicht erinnern, es getan zu haben. Er sagt, es war’ plötzlich alles
schwarz geworden, als sie ihn einmal mit Steinen bewarfen, und seither kann er
sich an nichts mehr erinnern. Der Hundejunge hat ihm verziehn; er sagt:
vergeben und vergessen. Künftig werden sie gemeinsam im Zwinger arbeiten und
nicht mehr an die Vergangenheit denken. Der Hundejunge sagt, der Alte sei sehr
gut zu ihm gewesen, während sie Gefangene der Feenkönigin waren, und er wisse,
daß er ihn nicht mit Steinen hätte bewerfen dürfen. Er sagt, er habe oft drüber
nachgedacht, wenn ihn andere Jungen mit Steinen bewarfen.«
    »Jau«, sagte Wart, »wie bin ich froh, daß sich
alles zum Guten entwickelt hat. Meint Ihr, ich könnt’ mal zu ihnen gehn?«
    »Um Himmelswillen!« rief Merlin aus und blickte
sich ängstlich um. »Tu bloß nichts, was deinem Kindermädchen mißfallen könnte.
Dieses entsetzliche Weib hat mich mit einem Besen geschlagen, als ich dich
heute vormittag besuchen wollte, und dabei ist meine Brille zu Bruch gegangen.
Kannst du nicht bis morgen warten?«
     
    Tags darauf waren Wat und
der Hundejunge die allerbesten Freunde. Die ihnen gemeinsame Erfahrung, vom
Mob gesteinigt zu werden und an den Schweinefleisch-Säulen von Morgan le Fay
festgebunden gewesen zu sein, erwies sich als enges Band und diente ihnen zeit
ihres Lebens, wenn sie nachts bei den Hunden lagen, als unerschöpfliches
Gesprächsthema. Auch nahmen sie am nächsten Morgen ihre Nasen ab, die Merlin
ihnen freundlicherweise aufgesetzt hatte. Sie erklärten, daß sie sich
mittlerweile daran gewöhnt hätten, keine Nase zu haben -und sie zögen es
ohnehin vor, mit den Hunden zu leben.
     
     
     
     

KAPITEL 13
     
     
    Ungeachtet seines Protests
wurde der unglückliche Invalide zu drei endlosen Tagen Stubenarrest verdammt.
Er war allein; nur zur Schlafenszeit kam Kay. Merlin mußte, wann immer das
Mädchen mit der Wäsche beschäftigt und aus dem Wege war, den Lehrstoff durchs
Schlüsselloch schreien. Als einzige Abwechslung standen dem Jungen die
Ameisennester zur Verfügung – jene zwischen den Glasscheiben, die er vom Besuch
in Merlins Waldhaus mitgebracht hatte.
    »Merlin«, rief er jammernd unter der Tür hindurch,
»könnt Ihr mich denn nicht in irgendwas verwandeln, wo ich hier so eingesperrt
bin?«
    »Ich kriege den Zauberspruch nicht durchs Schlüsselloch.«
    »Durch was?«
    »Durchs Schlüsselloch !«
    »Ach so.«
    »Bist du noch da?«
    »Ja.«
    »Was?«
    »Was?«
    »Diese Brüllerei soll doch…«, rief der Zauberer und
trampelte auf seinem Hut herum. »Kastor und Pollux sollen… Nein, nicht noch
mal. Gott segne meinen Blutdruck…«
    »Könntet Ihr mich nicht in eine Ameise verwandeln?«
    »In was?«
    »In eine Ameise! Für Ameisen war’s doch nur
ein kleiner Zauberspruch, oder? Ginge der nicht durchs Schlüsselloch?«
    »Das sollten wir vielleicht lieber nicht tun.«
    »Warum nicht?«
    »Sie sind gefährlich.«
    »Ihr könntet ja mit Eurer Ein-Sicht zusehn und mich
wieder zurückverwandeln, wenn’s schlimm wird. Bitte, verwandelt mich doch in
irgendwas, sonst dreh’ ich bestimmt durch.«
    »Es sind keine normannischen Ameisen, mein lieber
Junge. Sie kommen von der

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