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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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rumzuspielen, wo das arme Kind an des Todes
Schwelle stehen tut. Und Ihr, Weibel, laßt die Luft aus Euerm Brustkorb. Sputet
Euch, Mann, un’ reit’ nach Cardoyle zum Doktor.«
    Sie scheuchte den Feldwebel mit der Schürze, und
der ließ die Luft entweichen und schreckte zurück wie ein verängstigtes Huhn.
    »Ist doch weiter nichts«, sagte Wart, »wirklich
nicht. Bloß ein gebrochenes Schlüsselbein, und das hat Robin gestern gerichtet.
Tut gar nicht weh.«
    »Laß den Jungen in Ruh«, befahl Sir Ector, der
jetzt die Partei der Männer gegen die Frauen ergriff, um nach der Sache mit dem
Knüttel seine Autorität zurückzugewinnen. »Merlin wird schon nach dem Rechten
sehn. Wer ist dieser Robin?«
    »Robin Wood«, riefen die Jungen zusammen.
    »Nie von gehört.«
    »Ihr kennt ihn als Robin Hood«, erklärte Kay in
überlegenem Ton. »In Wirklichkeit aber heißt er Wood – Robin Wood: er ist ja
der Geist des Waldes.«
    »Soso, mit dem Schurken also habt ihr euch
rumgetrieben! Kommt rein, ihr beiden, frühstücken. Drinnen möcht’ ich alles
über den Kerl hören.«
    »Wir haben längst gefrühstückt«, sagte Wart. »Schon
vor Stunden. Darf ich bitte mit Wat zu Merlin gehn?«
    »Sieh an! Das ist doch der Alte, der übergeschnappt
ist und dann in den Wald ging und Wurzeln aß. Wo habt ihr denn den aufgelesen?«
    »Die Guten hatten ihn mit dem Hundejungen und
Cavall gefangengenommen.«
    Kay mischte sich ein. »Aber wir haben den Greif geschossen«,
sagte er. »Ich hab’ ihn selbst erlegt.«
    »Und ich möcht’ jetzt sehn, ob Merlin ihn wieder gesund
machen kann.«
    »Master Art«, sagte das Mädchen streng. Sir Ectors
Zurechtweisung hatte ihr bis jetzt den Atem verschlagen. »Master Art, dein
Bett und dein Zimmer wartet, un’ da gehörst du hin, un’ zwar sofort. Narren
bleiben nu mal Narren, so alt wie sie auch sin’, aber ich hab’ nich’ fünfzig
Jahr’ hier in der Familie gedient, ohne meine Pflicht zu lern’. Dies
Rumgealbere mit ein’ Haufen von Schwachköpf’, wo dein Arm jeden Augenblick
abfallen kann! Ja, Ihr alter Truthahn«, fügte sie, an Sir Ector gewandt, giftig
hinzu, »und Ihr haltet Euern Zauberer gefälligst vom Zimmer meines kleinen
Täubchens weg, bis es sich erholt hat, das rat’ ich Euch! Dies alberne Gehabe
mit Ungeheuern un’ Übergeschnappten«, fuhr die Siegerin fort, während sie ihr
hilfloses Opfer vom Platze führte, »so was hat die Welt noch nich’ gesehn.«
    »Jemand soll bitte Merlin Bescheid sagen, daß er
sich um Wat kümmert«, konnte das Opfer den Zurückbleibenden gerade noch
zurufen.
    Er erwachte in seinem kühlen Bett; es ging ihm entschieden
besser. Die alte Feuerfresserin, die ihn umsorgte, hatte die Fenster mit einem
Vorhang abgedeckt, so daß es dunkel und behaglich im Zimmer war und er an dem
einen Sonnenstrahl, der quer über den Boden schoß, erkennen konnte, daß es
Spätnachmittag war. Es ging ihm nicht nur besser: es ging ihm sehr gut, so gut,
daß es völlig indiskutabel war, länger im Bett zu bleiben. Mit einem Schwung
warf er die Bettdecke zurück – und stieß ein Pfeifen aus, da es in seiner
Schulter, die er im Schlaf vergessen hatte, knackte oder krachte. Daraufhin
erhob er sich behutsamer, indem er aus dem Bett glitt und sich mit einer Hand
aufstützte und hochstieß, mit den Füßen in ein Paar Pantoffeln schlüpfte und
sich dann mehr oder weniger geschickt in seinen Morgenmantel hüllte. Er stapfte
durch steinerne Gänge und stieg die ausgetretene Wendeltreppe hinauf, um Merlin
einen Besuch abzustatten.
    Als er vor dem Schulzimmer ankam, stellte er fest,
daß Kay seine >erstklassige Auswildung< erhielt. Es handelte sich um
Diktat; denn als Wart die Tür öffnete, hörte er, wie Merlin skandierend die
berühmte mnemotechnische Übung des Mittelalters rezitierte: »Barbara Celarent
Darii Ferioque Prioris« – und Kay sagte: »Augenblick. Meine Feder ist ganz
zerquetscht.«
    »Du holst dir noch den Tod«, bemerkte Kay, als sie
ihn eintreten sahen. »Du gehörst doch ins Bett – mit deinem Brand, oder was du
da hast.«
    »Merlin«, sagte Wart, »Ihr habt die Macht, die
macht, daß Wat wieder gesunde Sinne hat.«
    »Du mußt versuchen, ohne Assonanzen zu sprechen«,
sagte der Hexenmeister. »Zum Beispiel: ›Das Bier hier schmeckt mir schier wie
dir‹ klingt recht unglücklich. Man kann mit der Sprache gar nicht behutsam
genug umgehen.« Offenbar hatte Kay ein gutes Diktat geschrieben, denn der alte
Herr war ausgezeichneter Laune.
    »Aber Ihr

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