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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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in Greife verwandelten. Kay und der befreite
Hundejunge schliefen unruhig neben ihm; sie sahen fremd und unbegreiflich
aus, wie man es von Schlafenden kennt; Cavall, der auf seiner gesunden Schulter
lag, leckte ihm gelegentlich die heißen Wangen. Das Morgengrauen kam langsam,
so langsam und gemächlich, daß man unmöglich sagen konnte, wann es denn nun
wirklich dämmerte. Wie es an einem Sommermorgen nun einmal ist.
    »Na«, sagte Robin, als sie aufgewacht waren und ihr
Frühstück, das mitgebrachte Brot und kaltes Wildpret, verzehrt hatten, »du
wirst uns nun wohl oder übel verlassen müssen, Kay. Sonst rüstet Sir Ector eine
Expedition gegen mich aus, um dich zurückzuholen. Dank für deine Hilfe. Kann
ich dir irgendwas als Anerkennung schenken?«
    »Es war wunderbar«, sagte Kay. »Einmalig wunderbar.
Könnte ich den Greif bekommen, den ich erlegt habe?«
    »Den dürftest du kaum tragen können. Warum nimmst
du nicht seinen Kopf?«
    »Das ginge. Ob ihn wohl jemand absäbelt? Es war
mein Greif.«
    »Was werdet Ihr mit dem alten Wat anfangen?« fragte
Wart.
    »Das kommt drauf an, was er vorhat. Vielleicht
bleibt er lieber allein und ißt Bucheckern, wie er’s bisher getan hat, oder
vielleicht möchte er sich unserm Trupp anschließen. Wir nehmen ihn gerne auf.
Aus euerm Dorf ist er ja davongelaufen, also wird er kaum dorthin zurückkehren
wollen. Was meinst du?«
    »Wenn Ihr mir etwas schenken wollt«, sagte Wart bedächtig,
»dann würde ich ihn schon gerne mitnehmen. Haltet Ihr das für gut?«
    »Nein«, sagte Robin, »das halte ich nicht für gut.
Ich glaube, man kann Menschen nicht so einfach als Geschenk verteilen: es
möcht’ ihnen nicht behagen. Zumindest ist das die Einstellung von uns Saxen.
Was würdest du denn mit ihm anfangen?«
    »Ich will ihn nicht behalten, oder so was, aber
seht Ihr: mein Hauslehrer ist ein Zauberer, und ich hab’ mir gedacht, er
könnt’ ihn vielleicht wieder gesund machen.«
    »Lieb von dir«, sagte Robin. »Dann mußt du ihn
natürlich unbedingt mitnehmen. Tut mir leid, daß ich dich mißverstanden habe.
Zumindest werden wir ihn fragen, ob er mitgehn möchte.«
    Als jemand losgegangen war, um Wat zu holen, sagte
Robin: »Am besten sprichst du selber mit ihm.«
    Sie brachten den armen Alten herbei – lächelnd, verwirrt,
verwahrlost, gräßlich anzuschaun – und führten ihn vor Robin Wood.
    »Na los«, sagte Robin.
    Wart wußte nicht recht, wie er’s formulieren
sollte, aber er sagte: »Was meinst du, Wat, willst du nicht mit mir nach Hause
kommen, bitte, und wenn’s auch nur für ein Weilchen war’?«
    »AhnaNanaWarraBaaBaa«, sagte Wat, zupfte an seiner
Stirnlocke, lächelte, verbeugte sich und wedelte mit seinen Armen freundlich
in verschiedene Richtungen.
    »Kommst du mit?«
    »Wana Nana Wanawana.«
    »Essen?« fragte Wart verzweifelt.
    »Arrr!« rief das arme Wesen zustimmend, und seine
Augen funkelten bei der Vorstellung, eine Mahlzeit zu bekommen.
    »Hier lang«, sagte Wart und wies in die Richtung,
wo, nach dem Stand der Sonne zu urteilen, das Schloß seines Vormunds lag.
»Essen. Komm mit. Ich geh’ voraus.«
    »Hörr«, sagte Wat, sich plötzlich eines Wortes erinnernd,
des Wortes, mit dem er jene großen Herren zu beehren gewohnt war, die ihn mit
dem Essen beschenkten, von dem er sein Leben fristete.
    Es war beschlossene Sache.
    »Tja«, sagte Kay, »es war eine schöne Aventiure,
und ich bedaure sehr, daß Ihr geht. Ich hoffe, daß wir uns einmal wiedersehn.«
    »Komm ruhig zu uns, wenn du einmal Langeweile
hast«, sagte Marian. »Du brauchst nur den Lichtungen nachzugehen. Und du, Wart:
nimm dich ein paar Tage mit dem Schlüsselbein in acht.«
    »Ich gebe euch ein paar Mann bis an den Rand des
Reviers mit«, sagte Robin. »Von da ab müßt ihr’s allein schaffen. Der
Hundejunge wird wohl den Greifenkopf tragen können.«
    »Wiedersehn«, sagte Kay.
    »Wiedersehn«, sagte Robin.
    »Wiedersehn«, sagte Wart.
    »Wiedersehn«, sagte Marian lächelnd.
    »Wiedersehn«, riefen alle Outlaws und schwenkten ihre
Bogen.
    Und Kay und Wart und der Hundejunge und Wat und Cavall
machten sich mit ihrer Eskorte auf den langen Weg nach Hause.
    Es wurde ihnen ein begeisterter Empfang zuteil. Die
Rückkehr sämtlicher Hunde am Vortag, ohne Cavall und den Hundejungen, sowie das
Ausbleiben von Kay und Wart am Abend hatten den ganzen Hof in Aufregung
versetzt. Das Kindermädchen hatte hysterische Anfälle bekommen. Hob hatte bis
Mitternacht die Umgebung des Forsts durchstreift

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