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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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Rüdemann des Königs wirklich waidmännisches Können vorzuführen, war
dieser Robin Hood. Oder Robin Wood, wie sie ihn jetzt wohl nannten – auch so
ein neumodischer Einfall. Aber Wood oder Hood oder sonst was: jedenfalls würde
der wissen, wo ein schönes Stück aufzutreiben war. Bestimmt labte er sich schon
seit Monaten an Schwarzwild, obwohl’s zur Zeit nicht jagdbar war, da gab’s gar
keinen Zweifel.
    Indessen konnte man kaum jemanden bitten, einem ein
paar kapitale Stücke zuzutreiben, ohne ihn zum Treffen einzuladen. Was würde
des Königs Meuteführer, was würden die Nachbarn dazu sagen, wenn man ihn nun
einlud -einen Partisanen? Nicht, daß dieser Robin Wood ein übler Bursche
gewesen wäre, nein: er war ein feiner Kerl und darüber hinaus ein guter
Nachbar. Häufig hatte er Sir Ector einen Hinweis gegeben, wenn sich aus den Marschen
räuberische Streifen näherten, und nie belästigte er den Ritter oder seinen
Gutsbetrieb in irgendeiner Weise. Was machte es da schon, wenn er dann und wann
einmal ein Stück Wild zur Strecke brachte? Der Forst umfaßte vierhundert
Quadratmeilen, so sagte man, und das reichte für alle. Leben und leben lassen,
lautete Sir Ectors Wahlspruch. Doch das änderte die Nachbarn nicht.
    Noch etwas war
zu bedenken. In den fast schon künstlichen Wäldern wie jenen von Windsor, wo
der König zu jagen pflegte, boten sich einer piekfeinen Treibjagd keinerlei
Hindernisse – im Forest Sauvage hingegen war’s etwas anderes. Gesetzt den Fall,
die berühmten Hunde Seiner Majestät bekämen Wind von einem Einhorn oder etwas
Ähnlichem und machten sich auf und davon? Jedermann wußte, daß man kein
Einhorn ohne eine Jungfrau als Köder fangen konnte (in welchem Falle das Einhorn
seinen weißen Kopf und sein perlmuttfarbenes Horn demutsvoll in ihren Schoß
legte) – also würden die Welpen über Meilen und Meilen durch den Wald stöbern
und streunen, ohne es je zu fangen, und sich schließlich verirren. Und was
sollte Sir Ector dann seinem Herrscher und Souverän sagen? Nicht genug mit den
Einhörnern. Auch das Tier Glatisant war noch in Rechnung zu stellen, von dem
jedermann so viel gehört hatte. Wenn man den Kopf einer Schlange hatte, den
Körper eines Leoparden, die Keulen eines Löwen und die Hufe eines Hirschs, und
dann noch einen Lärm machte wie dreißig Koppeln Hunde auf der Hatz – dann
sollten sich wohl ausreichend königliche Köder finden, einem an die Gurgel zu
springen. Geschah ihnen recht. Und was würde König Pellinore sagen, wenn es
Master William Twyti tatsächlich gelingen sollte, sein Biest zur Strecke zu
bringen? Dann gab es noch die kleinen Drachen, die unter Steinen hausten und
wie Wasserkessel zischten – gefährliches Raubzeug, äußerst gefährlich. Und
was, bitte, wenn sie auf einen der richtig großen Drachen stießen? Was wäre,
wenn sie einem Greif in die Quere kämen?
    Sir Ector überdachte diese Aussichten für eine
Weile mit größtem Mißmut. Endlich fühlte er sich wohler. Er kam nämlich zu dem
Schluß, daß es etwas einmalig Wunderbares wäre, wenn Master Twyti tatsächlich
auf das Aventiuren-Tier stieße und mitsamt seinen lausigen Kötern aufgefressen
würde.
    Dieser Gedanke erheiterte ihn ungemein; am Rande
des gepflügten Feldes machte er kehrt und stapfte heimwärts. An der Hecke, wo
die Alte auf der Lauer lag, Krähen zu verscheuchen, hatte er das Glück, ein
paar Tauben zu entdecken, ehe das Weib seiner oder ihrer gewahr wurde, was ihm
die Möglichkeit bot, einen markerschütternden Schrei loszulassen, wodurch er
sich reichlich dafür entschädigt fühlte, daß er bei ihrem Gekreische zusammengeschreckt
war. Es würde doch noch ein schöner Tagesausklang werden. »Einen guten Abend
wünsch’ ich«, sagte Sir Ector leutselig, als die Alte so weit wieder
hergestellt war, daß sie ihm einen Hofknicks machen konnte.
    Dies verbesserte seine Laune so sehr, so daß er,
halben Wegs die Dorfstraße hinauf, beim Kirchspiel-Priester vorsprach und ihn
zum Essen lud. Dann erstieg er den Söller, wo sich sein Privatgemach befand,
und ließ sich gewichtig nieder, um während der zwei oder drei Stunden, die ihm
vor dem Mahl noch blieben, ein unterwürfiges Schreiben an König Uther
aufzusetzen. Diese Zeit brauchte er schon: er mußte Federn anspitzen, er
gebrauchte zuviel Löschsand, er kam mit der Rechtschreibung nicht klar und
mußte den Haushofmeister fragen, und wenn er etwas verschmiert hatte, hieß es
wieder von vorne anfangen.
    Sir Ector saß im

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