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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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dahingleitenden Knochen, die als Schlittschuhe dienten, während am
Ufer für jedermann gewürzter Met und heiße Maronen ausgegeben wurden. Die Eulen
huuuuten. Die Köchinnen streuten den kleinen Vögeln reichlich Krumen hin. Die
Dörfler führten ihre roten Halstücher aus. Sir Ectors Gesicht glänzte gar noch
röter. Und am rötesten leuchteten abends die Cottage-Feuer in der Hauptstraße,
wenn draußen die Winde jaulten und die altenglischen Wölfe in angemessener
Weise geifernd umherstrichen oder bisweilen mit ihren blutroten Augen durch die
Schlüssellöcher lugten.
    Es war Weihnachtsabend, und die entsprechenden
Dinge waren getan. Das gesamte Dorf war zum Essen ins Herrenhaus gekommen. Es
hatte Keilerkopf gegeben und allerlei Wildbret und Schweinefleisch und
Rindfleisch und Hammelbraten und Kapaunen – doch keinen Puter, denn dieser
Vogel war noch nicht erfunden. Es hatte Plumpudding gegeben und snapdragon :
Rosinen waren aus brennendem Branntwein geangelt worden, wobei jeder blaues
Feuer an den Fingerspitzen gefühlt hatte – und Met gab es, soviel man nur
wollte. Man hatte auf Sir Ectors Wohl getrunken: »Die besten Wünsche, Herr!«
oder: »Gesegnete Weihnacht, Lords und Ladies, und in Zukunft noch oft!« Eine
erregende dramatische Szene war aufgeführt worden, in der Sankt Georg und ein
Sarazene und ein komischer Doktor verrückte Dinge praktizierten.
Carol-Singers sangen ›Adeste Fideles‹ und ›Ich sing’ von einem Mägdelein‹ mit
hohen klaren Tenorstimmen. Danach spielten die Kinder, denen vom vielen Essen
nicht übel war, Blindekuh und dergleichen, während die jungen Männer und
Mädchen in der Mitte der Halle (die Tische waren beiseite gerückt) allerlei
Tänze tanzten. Die alten Leute saßen an den Wänden und hielten Gläser mit Met
in den Händen, dankbar, daß sie derlei Luftsprünge, Kapriolen und Albereien
hinter sich hatten. Die Kinder, denen nicht übel geworden war, saßen nun bei
ihnen, hatten die kleinen Köpfe auf die Schultern der Erwachsenen gelegt und
schlummerten seelenruhig ein. Am Hochtisch saß Sir Ector mit seinen
Ritter-Gästen, die zur morgigen Jagd gekommen waren; sie lächelten und nickten
und tranken Burgunder oder Sherry oder Malvasier.
    Nach einer Weile wurde für Sir Grummore um
Silentium gebeten. Er stand auf und sang seinen alten Schul-Song, was ihm
großen Applaus eintrug – doch vergaß er das meiste und mußte in seinen
Schnauzbart brummein. Dann stieß man König Pellinore an, und der erhob sich und
sang verschämt und schüchtern:
     
    Oh, ich bin König
Pellinore vom edlen Lincolnshire
    Und jagte saure
siebzehn Jahr das Aventiuren-Tier;
    Nun ward zum Freunde
Sir Grammore mir,
    Merry Englands muntre
Zier.
    (Seit dem) zu meiner
Freud,
    Steht mir jede Nacht
bereit
    Ein federicht
Quartier.
     
    »Ihr müßt wissen«, erklärte
König Pellinore errötend, als er sich wieder hinsetzte, wobei ihm jeder
anerkennend auf die Schulter schlug, »der edle Grummore hat mich zu sich
eingeladen, was, nachdem wir einen erfreulichen Tjost mitsammen hatten, und
seither kümmer’ ich mich nich mehr um mein biestiges Biest. Soll es sich doch
selber zur Strecke bringen, was?«
    »Sehr vernünftig!«, bestätigten alle. »Man soll
sein Leben leben, solange man’s hat.«
    William Twyti wurde aufgerufen, der am Abend zuvor
eingetroffen war, und der berühmte Rüdemann erhob sich unbeweglichen Gesichts
und sang, seine verschlagenen Augen auf Sir Ector gerichtet:
     
    Kennst du William
Twyti,
    Den im scheckigen
Rock?
    Kennst du William
Twyti,
    Stets hinter Bär und
Bock?
    Und ob ich den Willie
kenn,
    Dem stopf ich noch’s
Maul,
    Mit Hunden und Horn
früh am Morgen .
     
    »Bravo!« rief Sir Ector.
»Habt Ihr das gehört, he? Sagt, ihm müßt’s Maul gestopft werden, mein lieber
Freund, tolle Burschen, diese Meuteführer, wie? Reicht Master Twyti den
Malvasier rüber. Euer Wohl!«
    Die Jungen lagen zusammengerollt unter den Bänken
nahe dem Feuer; Wart hatte Cavall in den Armen. Cavall schätzte die Hitze nicht
und das Geschrei und den Geruch von Met und hätte sich gern davongemacht, doch
Wart hielt ihn fest, weil er etwas zum Knuddeln brauchte, und Cavall mußte
notgedrungen bleiben; er japste mit lang heraushängender rosiger Zunge.
    »Jetzt Ralph Passelewe.« – »Der gute alte Ralph.«
-»Wer hat die Kuh gekillt, Ralph?« – »Silentium für Master Passelewe, wo nicht
dafür könnt’.«
    Da erhob sich ganz hinten, im abgelegensten,
bescheidensten Winkel des Saales, ein

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