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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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innerhalb des
Halbkreises herumgereicht werden konnten. Im Gang draußen hingen einige
schwarze Gewänder, und alles war höchst altertümlich.
    »Zur Zeit bin ich Junggeselle«, sagte der Dachs entschuldigend,
als sie wieder in seinem behaglichen Privatgemach mit der geblümten Tapete
waren, »deshalb hat’s leider nur einen Stuhl. Mußt dich schon aufs Bett setzen.
Fühl dich ganz wie zu Hause, mein Guter. Ich mach’ uns einen Punsch, und derweil
erzählst du mir, wie’s draußen in der weiten Welt aussieht.«
    »Och, da ist alles so ziemlich beim alten. Merlin
geht’s gut, und Kay wird nächste Woche zum Ritter geschlagen.«
    »Interessante Zeremonie.«
    »Was für gewaltige Arme Sie haben«, bemerkte Wart,
der zusah, wie sein Gastgeber das Getränk mit einem Löffel umrührte. »Tja, ich
ja auch.« Und er betrachtete seine eigenen säbelbeinigen Gliedmaßen. Sein Leib
bestand zur Hauptsache aus einem prall gespannten Brustkorb, der die zwei
schenkelstarken Vorderläufe zusammenhielt.
    »Die sind zum Graben«, erläuterte der Burgherr
selbstzufrieden. »Der Maulwurf und ich – na ja, da müßtest du schon ganz fix
buddeln, um mit uns mithalten zu können.«
    »Ich bin draußen einem Igel begegnet.«
    »Tatsächlich? Heutzutage wird behauptet, Igel
würden Schweinepest und Maul-und-Klauen-Seuche übertragen.«
    »Ich fand ihn eigentlich ganz nett.«
    »Einen gewissen anrührenden Reiz haben sie schon«,
sagte der Dachs bedauernd, »aber ich freß’ sie halt meistens auf. So einer
knusprigen Kruste kann ich nun einmal nicht widerstehen. – Die Ägypter«, fügte
er hinzu und meinte damit die Zigeuner, »essen sie ebenfalls sehr gern.«
    »Meiner wollt’ sich nicht auseinanderrollen.«
    »Du hättest ihn ins Wasser stupsen sollen – dann
hätt’ er dir schon seine kleinen Beinchen gezeigt. Komm, der Punsch ist fertig.
Setz dich ans Feuer und mach’s dir bequem.«
    »Hübsch hier drinnen – mit Schnee und Wind da draußen.«
    »Ist es. Laß uns auf den Ritter Kay trinken.«
    »Na schön: auf Kay.«
    »Auf Kay«, sagte der Dachs und setzte anschließend
sein Glas mit einem Seufzer ab. »So, und was könnte Merlin bewogen haben, dich
zu mir zu schicken?«
    »Er hat was von wegen ›Lernen‹ gesprochen«, sagte
Wart.
    »Ach? Ja, wenn du was lernen willst, dann bist du
in den richtigen Laden gekommen. Aber findest du’s nicht ein bißchen
langweilig?«
    »Manchmal schon«, sagte Wart. »Manchmal aber auch
nicht. So im allgemeinen vertrag’ ich eine ganze Menge, wenn’s um
Naturgeschichte geht.«
    »Ich schreibe gerade eine Abhandlung«, sagte der
Dachs und hüstelte verstohlen, um kundzutun, daß er sich jetzt darüber
verbreiten werde, »die darlegen soll, weshalb der Mensch Herr über die Tiere
wurde. Möchtest du sie vielleicht hören? – Es ist meine Dissertation«, setzte
er eilends hinzu, ehe Wart Einspruch erheben konnte. Er hatte so selten
Gelegenheit, seine Abhandlung jemandem vorzutragen, daß er diese Möglichkeit
nicht ungenutzt vorübergehen lassen durfte. »Ja gern, danke«, sagte Wart.
    »Sie könnte dir
zupaß kommen, mein lieber Junge. Der beste Abschluß deiner Ausbildung. Die
Krönung. Studiere Vögel und Fische und Tiere – und schließe mit dem Menschen.
Ein wahres Glück, daß du hergekommen bist! So, und wo hab’ ich nun das
Manuskript, Teufelnoch-eins?«
    Der alte Herr
kratzte hier und dort mit seinen kralligen Pfoten und förderte endlich ein
angeschmutztes Bündel Papiere zutage, dessen eine Ecke dazu benutzt worden war,
irgend etwas anzuzünden. Dann ließ er sich in seinem Ledersessel nieder, der
in der Mitte tief eingesessen war, setzte sich seine Samtkappe auf, an der eine
Troddel baumelte, und befestigte einen Zwicker auf seiner Nasenspitze. »Hern«,
sagte der Dachs.
    Auf einmal war
er scheu und schüchtern; errötend blickte er in seine Papiere und konnte nicht
anfangen. »Weiter«, sagte Wart.
    »Es ist nicht
sehr gut«, erklärte er verschämt. »Es ist bloß ein skizzenhafter Entwurf, weißt
du. Ich muß noch eine Menge ändern, ehe ich ihn einschicke.«
    »Er ist bestimmt
interessant.«
    »Aber nein,
nicht die Spur. Ich hab’s nur mal zu Papier geworfen, in einer halben Stunde,
um die Zeit hinzubringen. Immerhin – anfangen tut’s so. – Hem!« machte der Dachs.
Dann verlegte er sich auf eine unmöglich hohe Falsett-Stimme und las los, was
das Zeug hielt.
    »Häufig wird die
müßige Frage gestellt, ob die Evolution mit dem Huhn oder mit dem Ei begann.
War ein Ei

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