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Der König Der Komödianten: Historischer Roman

Titel: Der König Der Komödianten: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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Palastes führte.
    Auch dort war die Pracht allgegenwärtig. Unter anderem fand sie Ausdruck in verschnörkelten Steinmonumenten sowie einer enormen Freitreppe, die hinauf zu einer säulenbewehrten Galerie führte, welche dem ersten Stockwerk vorgebaut war.
    Flankiert wurde diese Treppe an ihrem oberen Ende von zwei überlebensgroßen Statuen. Die Blößen dieser steinernen Titanen waren nur unzureichend verhüllt, und von hinten überhaupt nicht, wie ich leicht schockiert feststellte, als wir die Treppe emporstiegen.
    Elena blieb stehen und heftete ihren Blick auf das stramme männliche Hinterteil der einen Figur. Sie holte Luft. »Dergleichen sah ich nie! Das ist …«
    »Ein Kunstwerk von Sansovino«, sagte ein Mann, der aus einer der Türen hervortrat. Seine schwarze, mit Samt besetzte Amtstracht wies ihn als höheren Beamten aus.
    Kenntnisreich grinsend blickte er auf den Hintern der Steinfigur. »Der edelste Mars, der je geschaffen wurde. Man versteht, dass er weibliche Gefühle weckt. Und manche männliche ebenso.« Er deutete auf die andere Skulptur. »Dieser Merkur kann sich aber ebenfalls sehen lassen.« Offenbar befremdet wandte er sich mir zu. »Ihr seid ein wenig merkwürdig angezogen, wenn ich mir die Bemerkung gestatten darf.« Seine Brauen hoben sich, als er Rodolfo betrachtete. »Gleichsam ein Zwilling dieses Wichts hier – eine Art Kostümscherz? Und das außerhalb des Karnevals? Hier wäre wohl ein wenig mehr Augenmaß angebracht, zumindest tagsüber und unter den Blickender Obrigkeit.« Freundlich wies er mit dem Kinn auf Elena. »Dieses junge Geschöpf hingegen ist eine Wohltat für jedermanns Auge und eine untadelige Wahl, das muss man Euch lassen. Was führt Euch heute her, mein Junge?«
    Während ich gegen meine Befangenheit kämpfte und zugleich zu einer Erwiderung ansetzte, mit der ich möglichst eloquent unser Begehr darlegen wollte, hob er die Hand. »Sagt es nicht mir, sondern demjenigen, den Ihr zweifellos sprechen wollt. Er ist hier, ich sah ihn vorhin in sein Amtszimmer gehen. In reizender weiblicher Begleitung, wenn ich das hinzufügen darf. Ah, da drüben kommt er ja. Und die junge Dame ist auch noch bei ihm.« Der Mann hob die Hand und winkte. »Noch mehr Besuch für Euch, Morosini!«, rief er.
    Er nickte mir kurz zu und verschwand in einem der Räume entlang der Galerie, während besagter Morosini näher kam. Mit seinem schmalen Gesicht und den grauen Schläfen sah er auf asketische Weise gut aus, obwohl er die fünfzig bestimmt schon überschritten hatte. Wie der andere Mann war er in Schwarz gekleidet, was, wie ich inzwischen wusste, bei vornehmen Patriziern üblich war.
    Als ich sah, wer sich in seiner Begleitung befand, entwich mir ein Laut der Überraschung.
    Elena erging es nicht anders. »Ist es eine Sinnestäuschung, oder ist es Caterina?«
    »Es ist Caterina«, sagte Caterina, deren Schönheit wie immer den hellen Tag überstrahlte. »Was für ein Zufall, euch an diesem Ort zu treffen! Obwohl – vermutlich ist es überhaupt kein Zufall, denn sicher habt ihr euch ebenso wie ich zum Dogenpalast aufgemacht, um wegen einer Spielerlaubnis für die Incomparabili nachzusuchen, stimmt’s?« Sie wandte sich dem Mann an ihrer Seite zu. »Messèr Morosini, hiermit nutze ich mit Freude die Möglichkeit, Euch Mitglieder unserer Truppe vorzustellen. Der große junge Mann mit dem Lederharnisch ist Marco Ziani aus dem Veneto, der erst kürzlich zu uns gestoßenist, aber als Bühnenhelfer und Stückeschreiber bereits unentbehrlich für uns alle geworden ist.« Für einen kurzen Moment bedachte sie mich mit jenem besonderen Lächeln, was das mir schon bekannte Flattern in meiner Magengrube hervorrief. Auf Rodolfo deutend, fügte sie hinzu: »Auch dieser werte Herr, um einiges kleiner und ebenfalls im Lederharnisch, ist neu bei den Incomparabili. Sein Name ist Rodolfo, er stammt aus Neapel und fungiert als Schauspieler, Spaßmacher und Leibwächter. Und hier haben wir Elena, das Enkelkind unseres Intendanten.«
    Es kam mir so vor, als hätte sie Kind über Gebühr betont, und ich sah, wie Elena die Lippen zusammenkniff, was, wie ich inzwischen wusste, bei ihr nicht gerade auf gute Stimmung schließen ließ.
    »Und nun will ich euch unseren neuen Gönner vorstellen.« Bedeutungsvoll fuhr Caterina fort: »Ihr Lieben, verneigt euch vor Alessandro Morosini, dem Zehnerrat.«
    Unwillkürlich tat ich es, denn das Wort Zehnerrat war gleichbedeutend mit Macht und Einfluss. Und der Name Alessandro

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