Der König Der Komödianten: Historischer Roman
Pantalone (Baldassarre). Der von Geiz durchdrungene Kaufmann zeiht seine Nichte Rosalinda der Undankbarkeit, weil sie den von Pantalone ausgesuchten Ehekandidaten ablehnt. Er droht ihr, sie einzusperren, wenn sie den Capitano nicht freundlich begrüßt. Dieselbe Strafe droht er Aurelia an.
Dieser Auftritt Baldassarres war herrlich amüsant, ein Lacher jagte den nächsten, denn der Alte übertraf sich selbst in seinem Wortwitz und seinen aus dem Stegreif hingeworfenenVersen. Aber auch Cipriano spielte seine Rolle, als hätte er immer schon Frauen verkörpert. Beim Auftritt des Dottore (Bernardo) gab er die Spröde und simulierte gleich darauf einen burlesk-dramatischen Ohnmachtsanfall.
Der arme Dottore, der auf dem Weg zu seiner künftigen Braut seine Aufregung mit reichlich Schnaps gedämpft hat und außer Stottern kaum etwas herausbringt, fällt vor Schreck ebenfalls in Ohnmacht.
Bernardo entledigte sich der Aufgabe mit ausgiebigem Gestotter und Herumtorkeln vor dem Sturz, was bei uns anderen kein Auge trocken bleiben ließ. Sogar Cipriano lachte, obwohl er eigentlich ohnmächtig war.
Bernardo, der neben ihm zu Boden gesunken war, hob den Kopf. »Gelernt ist gelernt«, brummte er, bevor er sich wieder hinlegte.
Gleich darauf hatte Rodolfo seinen ersten Auftritt als Capitano.
Jener wird von Colombina hereingeführt, die ein überdurchschnittliches Interesse für den Offizier an den Tag legt.
Franceschina hatte sich wunderbare Lazzi einfallen lassen, um dieser sich anbahnenden Zuneigung Ausdruck zu verleihen: Sie wedelte dem Capitano ständig Staub von der Kleidung und polierte sogar zwischendurch mit Spucke seinen Lederharnisch, auf dass er richtig glänze, wie es einem so hohen Herrn angemessen sei. Das Wort hohen betonte sie dabei auf liebevollspöttische Weise und bezog dabei dicht hinter Rodolfo Aufstellung, damit jeder sah, dass er ihr kaum bis zur Schulter reichte.
Rodolfo nahm es nicht krumm, im Gegenteil: Er lachte von allen am lautesten, so lange, bis ihm die Tränen kamen. »Du meine Güte«, keuchte er, nun gänzlich aus der Rolle fallend. »Hier muss ich unbedingt lernen, mich zu beherrschen. Aber das wird schwer!« Mit dem Lachen kämpfend, verneigte er sich vor Franceschina. »Du bist zu überzeugend, meine Liebe.«
Danach waren alle aus dem Konzept gebracht, und Henry waltete seines Amtes als Einsager für den nächsten Auftritt. Szene reihte sich an Szene, manchmal noch etwas holprig in der Umsetzung und mit viel Gelächter zwischendurch, aber der Schwung der Handlung riss alle mit. Flugs war der erste Akt gespielt, womit ungefähr eine Stunde vergangen war. Baldassarre beendete die Probe an dieser Stelle, denn er hielt es ebenso wie die anderen für besser, wenn der zweite Akt vollständig fertig war, bevor es weiterging. Er mahnte mich, auch den dritten Akt schleunigst zu schreiben, damit die Incomparabili baldmöglichst mit einer neuen Uraufführung glänzen konnten. Noch ganz erfüllt von meiner Begeisterung über die erfolgreiche Bühnenprobe, versprach ich, mein Bestes zu geben.
Cipriano nahm mich zur Seite und lobte mich für meine bisherige Arbeit, und bei dieser Gelegenheit überreichte er mir auch meinen Anteil für die Aufführung des Vorabends. Ich zählte es drei Mal, weil ich nicht glauben konnte, wie viel es war. Gerechnet in Zuckerkringeln – für andere Bedarfsgüter fehlten mir noch die Vergleichsmaßstäbe – war ich wohlhabend. Von dem Geld konnte ich mir wochenlang täglich mehrere kaufen! Spontan beschloss ich, mir bei nächster Gelegenheit einen Hut mit einer Feder zuzulegen.
Gemeinsam nahmen wir in der Küche des Hauses das von Franceschina und Rodolfo vorbereitete Vespermahl zu uns, in Kräuterkruste gebratenen Fisch, der auch kalt köstlich schmeckte, und dazu weißes Brot, das Franceschina selbst gebacken hatte. Als weitere Beilagen gab es Oliven, hart gekochte Eier und Schinken, und zum Trinken hatten wir verdünnten Wein, den ich mittlerweile zu schätzen gelernt hatte, da er besser mundete als das zuweilen brackig schmeckende Wasser aus den Zisternen.
Wir langten herzhaft zu und waren auch sonst guter Dinge, sogar Bernardo, der es sichtlich genoss, dass Franceschina wieeh und je um ihn herumsprang und ihm von allen Speisen nachlegte, sobald sein Teller sich leerte. Ihm entging zwar nicht, dass Rodolfo auf ähnliche Weise bedient wurde, doch bis auf ein gelegentliches Stirnrunzeln ließ er sich sein Missfallen nicht anmerken. Sichtlich zufrieden war er mit
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