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Der König Der Komödianten: Historischer Roman

Titel: Der König Der Komödianten: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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Frauen hatte sich kurz hinter die Kulissen gestohlen, um dort für das Geräusch zu sorgen. Noch während ich hinsah, kam Caterina wieder durch den Einlass zurückgeschlüpft, am Arm den Korb mit dem Brot (oder vielmehr ohne das Brot), und mischte sich zwischen die übrigen Darsteller, die sich unter Freudenschreien um den Capitano scharten und ihn ob seiner Heldentat mit nicht enden wollendem Lob überschütteten.
    Nun stellten die Reisenden einander vor und teilten den Proviant, wobei bereits deutlich erkennbar wurde, wie sehr sowohl der Capitano als auch Pantalone von der schönen Rosalinda angetan waren. Der kleine Pedrolino hingegen, ich glaubte es kaum, scharwenzelte die ganze Zeit mit bewundernden Blicken um die dralle Colombina herum, was für den zweiten und dritten Akt noch einiges an Komik ahnen ließ. Mittlerweile fieberte ich förmlich dem Fortgang des Stücks entgegen.
    Die Reisenden setzten entsprechend dem Canovaccio nun gemeinsam ihren Weg fort, mit anderen Worten, alle Darsteller gingen ab.
    Nur ein paar Atemzüge später – Cipriano hatte sich unglaublich schnell entkleidet – betrat Lelio die Bühne. Er war bis zum Gürtel nackt und trug ein Windlicht bei sich, das nicht nur den goldenen Schimmer seiner offenen Locken, sondern auch jeden Muskel und jede Linie an seinem Oberkörper zur Geltung brachte.
    Die Frau vor mir seufzte, und eine andere, die neben ihr stand, tat es ihr gleich.
    »Das ist für mich immer der schönste Moment an dem ganzen Stück«, vertraute die eine der anderen an.
    »Das kannst du laut sagen. Den Rest kann man sich nach einer einzigen Vorstellung schenken, aber dieser Lelio ist jeden weiteren Besuch wert.«
    »Wohl wahr. Allerdings überlege ich manchmal, ob er möglicherweise weiblichen Reizen abhold ist.«
    »Das ist mir egal. Er ist so schön, dass alles egal ist.«
    Ich schrak heftig zusammen, nicht etwa wegen Ciprianos Schönheit, sondern weil ich am Rand der Zuschauermenge ein bekanntes Profil sah! Ein Irrtum war trotz der zunehmenden Dämmerung ausgeschlossen, schon wegen des unverwechselbaren kahlen Hinterhauptes. Ich schob mich durch die Menge in Richtung dieser mir vertrauten Tonsur, und tatsächlich, es war Bruder Iseppo! Beklommen fragte ich mich, ob sein unvermutetes Erscheinen damit zusammenhing, dass ich aus dem Kloster fortgelaufen war.
    Der Mönch starrte mit offenem Mund auf die Bühne, wo soeben der halbnackte Lelio den Schaden an seinem Hemd beklagte.
    Ich trat zu ihm und legte ihm die Hand auf die Schulter.
    »Iseppo, krieg jetzt keinen Schreck, ich bin’s«, flüsterte ich.
    Er schrie entsetzt auf, womit er nicht nur mich, sondern auch Lelio aus dem Konzept brachte. Irritiert ließ Cipriano den Blick über die Köpfe der Zuschauer gleiten, zu der Stelle, wo der Schrei erklungen war. Einige der Umstehenden taten es ihm gleich, und unwillkürlich duckte ich mich, um keine zusätzliche Aufmerksamkeit auf mich zu lenken.
    »O mein Gott!«, stammelte Iseppo. Er ergriff meine Hand, während ihm Tränen in die Augen traten. »Du bist es wirklich! Ich dachte zuerst, du wärst ein Geist!«
    »Nein, den hat vorhin der Capitano umgebracht.«
    »Darüber solltest du nicht scherzen, Marco!« Er betastete meinen Arm und seufzte. »Du bist wohlauf, zum Glück!«
    »Ja, und zwar hoffentlich noch mindestens die nächsten hundertdrei Jahre.«
    »Was um alles in der Welt tust du in Padua?«
    »Das erkläre ich dir später. Sag mir zuerst, was du hier tust.«
    »Ich bin vorhin mit unserem Prior angekommen.«
    »Bruder Hieronimo?« Bestürzt blickte ich mich um. »Wo ist er?«
    »Er ist zu einem Notar gegangen.«
    »Zu Messèr Barbarigo?«
    Iseppo nickte. »Bruder Hieronimo hat gesagt, ich solle hier auf ihn warten, bis er wiederkommt. Das tat ich. In der Zwischenzeit fing die Theatervorstellung an.« Seine Augen leuchteten vor Aufregung, während er wieder zur Bühne blickte, wo gerade Lelio die Laute ergriff und ein elegisches Lied anstimmte. Ich hatte richtig vermutet: Cipriano hatte eine bemerkenswerte Singstimme.
    »Ich war noch nie im Theater«, sagte Iseppo bewegt. »Was für ein schönes Lied! Und dieser Schauspieler! Er ist so … begabt!«
    »Iseppo, wieso seid ihr nach Padua gekommen, du und Bruder Hieronimo?«
    Widerstrebend riss sich Iseppo von Lelios Darbietung los. »Um dich zu finden, was sonst.«
    »Woher wusstet ihr, dass ich hier bin?«
    »Das ist eine lange Geschichte.«
    Ich fasste ihn bei der Schulter und zog ihn in Richtung der Arkaden. »Komm

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