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Der König der Lügen

Der König der Lügen

Titel: Der König der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Hart
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ersten Mal das Zimmer. Überall standen Blumen, Dutzende von Vasen mit Karten.
    »Hier ist eine Karte von der Anwaltskammer — jeder Anwalt im ganzen County hat sie unterschrieben.« Sie reichte mir eine großformatige Karte, aber ich wollte sie nicht haben. Ich sah immer noch vor mir, wie sie mich im Gericht angeschaut und wie ihre Blicke mich bereitwillig verurteilt hatten.
    »Was ist mit Barbara?«, fragte ich. Jean legte die Karte ungelesen auf den Tisch. Ihr Blick wanderte durch das Zimmer, und ich wollte die Frage schon wiederholen.
    »Bist du sicher, dass du darüber reden willst?«, fragte sie.
    »Ich muss es.«
    »Sie ist verhaftet worden.«
    Ich atmete tief aus, erleichtert und verzweifelt zugleich; im Stillen hatte ich gehofft, dass ihr Verrat Teil meines Traums gewesen sei. »Was ist passiert?», fragte ich.
    »Mills hat dich gefunden. Barbara hatte zweimal auf dich geschossen, einmal in die Brust und einmal auf deinen Kopf.« Ihr Blick wanderte nach oben, und ich berührte meinen Kopf. Er war verbunden. »Die eine Kugel hat einen Lungenflügel durchschlagen. Der Kopfschuss hat dich nur gestreift. Zuerst dachte sie, du seist tot. Das warst du auch fast. Sie hat einen Krankenwagen gerufen, der dich ins Rowan Regional gebracht hat. Danach haben sie dich dann hierher verlegt.«
    »Aber was war mit Barbara?«
    »Im Krankenwagen warst du bei Bewusstsein. Du konntest Mills sagen, wer auf dich geschossen hatte. Zwei Stunden später hat sie Barbara festgenommen.«
    Jeans Stimme verklang, und sie schaute weg.
    »Was ist?«, fragte ich. Ich wusste, da war noch mehr.
    »Sie saß bei einem späten Lunch im Country Club, als wäre nichts passiert.« Ihre Hand legte sich auf meine. »Es tut mir leid, Work.«
    »Was noch?« Ich musste weiterkommen. Ich sah Barbara so klar vor mir: ein Gläschen Weißwein, ein unechtes Lächeln über das Gesicht gestülpt. Lunch mit den Mädels.
    »Sie haben die Pistole in eurem Haus gefunden, im Keller versteckt, zusammen mit einer Menge Geld und Mutters Schmuck.«
    »Wundert mich, dass Mills nicht glaubt, ich hätte sie selbst dort hingelegt und dann auf mich geschossen.« Ich konnte meine Verbitterung nicht unterdrücken.
    »Ihr ist ganz schrecklich zumute, Work. Sie war oft hier, und sie hat keine Angst, ihren Irrtum zuzugeben. Ich soll dir von ihr ausrichten, dass es ihr leid tut.«
    »Das hat Mills gesagt?«
    »Und sie hat was für dich dagelassen.« Jean stand auf und ging quer durch das Zimmer. Dann kam sie mit einem Stapel Zeitungen zurück. »Die meisten sind von hier. Ein paar aus Charlotte. Alle berichten nur positiv über dich. Mills hat sich sogar öffentlich entschuldigt.« Sie nahm die oberste Zeitung vom Stapel. Ich sah ein Foto von Barbara, wie sie gerade aus einem Streifenwagen stieg. Sie trug Handschellen und versuchte das Gesicht vor den Kameras zu verbergen.
    »Leg sie weg«, bat ich.
    »Okay.« Jean warf die Zeitungen neben dem Bett auf den Roden, und ich schloss die Augen. Das Foto von Barbara hatte alles wieder zurückgeholt, den Schmerz und den Verrat. Eine Zeitlang konnte ich nicht sprechen. Als ich Jean wieder anschaute, war ihr Blick verschleiert, und ich fragte mich, was sie sah.
    »Weißt du Bescheid?«, fragte ich.
    »Über Barbara und Daddy?«
    Ich nickte.
    »Ja, ich weiß Bescheid. Und wage ja nicht, es zu entschuldigen.«
    Ich klappte den Mund zu. Nichts, was ich sagen konnte, würde es aus der Welt schaffen. Es war jetzt ein Teil von uns, ebenso sein Erbe, wie meine Haarfarbe es war.
    »Er war ein furchtbarer Mann, Jean.«
    »Aber jetzt ist er tot, und damit soll es auch zu Ende sein.«
    Ich nickte, doch ich wusste, es würde nie zu Ende sein. Seine Anwesenheit hing in der Luft wie der Geruch von etwas, das tot, aber nicht begraben war.
    »Möchtest du noch ein bisschen Eis?«, fragte Jean.
    »Ja, gern.«
    Sie schob mir ein Stückchen Eis in den Mund, und als sie sich über mich beugte, sah ich die frischen Narben an ihren Handgelenken. Sie waren straff und rosig, als spannte sich die Haut zu fest über die Adern. Vielleicht, um sie besser zu schützen. Ich wusste es nicht. Bei Jean wusste ich es nie, aber ich hatte Hoffnung, und vielleicht war es noch nicht zu spät zum Beten.
    »Mir geht's gut«, sagte sie, und ich merkte, dass ich ihre Handgelenke angestarrt hatte.
    »Wirklich?«
    Sie lächelte und setzte sich wieder. »Du rettest mir dauernd das Leben«, sagte sie. »Da muss es ja wohl irgendeinen Wert haben.«
    »Mach keine Witze, Jean. Nicht

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