Der König der Lügen
wie oft ich versucht habe, diesen verdammten Safe zu öffnen?« Sie setzte sich auf die Schreibtischkante und sah mich an. Ihr Gesicht war immer noch bleich, und ihre Stimme klang genauso farblos. »Spätnachts meistens, wenn du geschlafen hast. Das war das Beste daran, mit einem Trinker verheiratet zu sein. Du hast immer tief geschlafen. Natürlich wusste ich von den Videos. Ich hätte es nicht zulassen sollen, aber er bestand darauf. Dass er sie im Safe hatte, wusste ich erst, als es zu spät war.«
In ihren Augen war kein Licht, und als sie blinzelte, schien sie zu schwanken. Sie sah aus, als hätte sie Drogen genommen, und vielleicht hatte sie es getan. Ich kannte sie ja nicht. Hatte sie nie gekannt.
»Zu spät wofür?«, fragte ich, aber sie ignorierte mich. Mit einer Hand zupfte sie an ihrem Ohr, die andere hielt sie hinter dem Rücken. Ich wusste plötzlich, dass ich mich in vielen Dingen geirrt hatte.
»Das warst du in der Nacht«, sagte ich. »Du hast den Sessel die Treppe hinuntergestoßen.«
Ich sah mich im Zimmer um. Es gab nur einen Ausgang.
»Ja«, sagte Barbara. »Es tut mir leid. Aber ich nehme an, es musste passieren, früher oder später. Ich war so oft hier oben.« Sie zuckte die Achseln, und die Pistole erschien. Sie hielt sie in der Linken und tat so, als wäre sie nicht vorhanden. Ich erstarrte, als ich die Pistole sah. Sie war klein und silbern, irgendeine Automatik. Barbara kratzte sich mit dem Lauf an der Wange.
»Was soll die Pistole, Barbara?« Ich bemühte mich, nicht bedrohlich zu klingen. Wieder zuckte sie die Achseln und sah die Waffe an, drehte sie hierhin und dorthin, als wäre sie fasziniert vom Spiel des Lichts auf den glänzenden Kanten. Ihr Gesicht war schlaff. Sie war spürbar nicht sie selbst; sie musste stoned sein oder geistig nicht mehr bei sich.
»Die habe ich schon seit einer Weile«, sagte sie. »In dieser Stadt wird es heutzutage immer gefährlicher, besonders wenn eine Frau nachts allein ist.«
Ich wusste, dass ich in Gefahr war, aber das kümmerte mich nicht.
»Warum hast du ihn umgebracht, Barbara?«
Jäh sprang sie vom Schreibtisch und stieß die Pistole in meine Richtung. Die leere Stille in ihren Augen war verschwunden, und an ihre Stelle war etwas ganz anderes getreten. Ich zuckte zusammen und erwartete die Kugel.
»Das hab ich für dich getan!«, kreischte sie. »Für dich! Wie kannst du es wagen, an mir zu zweifeln? Ich habe alles nur für dich getan, du undankbares Schwein!«
Ich hob die Hände. »Entschuldige. Versuch dich zu beruhigen.«
»Beruhige du dich!« Sie machte drei unsichere Schritte auf mich zu und hielt die Pistole auf mich gerichtet, als wollte sie sie benutzen. Als sie stehen blieb, ließ sie die Waffe nicht sinken. »Dieser Dreckskerl wollte sein Testament ändern. Ich habe ihn sechs Monate lang gefickt, bevor er überhaupt bereit war, es so aufzusetzen, wie es richtig war.« Ihr Lachen klang, als kratzte jemand mit den Fingernägeln über eine Schiefertafel. »Das war der Preis, doch ich habe ihn bezahlt. Ich habe es getan, und ich habe es für uns getan. Aber er wollte alles zurücknehmen und das Testament wieder so aufsetzen, wie es gewesen war. Das konnte ich nicht zulassen. Tu also nicht so, als hätte ich nie etwas für dich getan.«
»Darum hast du mit meinem Vater geschlafen? Für Geld?«
»Nicht für Geld. Tausend Dollar sind Geld, oder zehntausend. Er hätte dir niemals fünfzehn Millionen Dollar anvertraut. Drei wollte er dir hinterlassen.« Sie lachte bitter. »Nur drei. Kannst du dir das vorstellen? So reich, wie er war? Aber ich habe ihn überzeugt. Er hat es geändert und fünfzehn daraus gemacht. Das habe ich für dich getan.«
»Nicht für mich, Barbara.«
Die Pistole in ihrer Hand fing an zu zittern, und ich sah, dass ihre Fingerknöchel weiß wurden. »Du kennst mich nicht. Tu nicht so, als ob du mich kennst. Oder als wüsstest du, was ich durchgemacht habe. Zu wissen, dass die Videos hier waren. Zu wissen, was es bedeuten würde, wenn jemand anderer sie fände.«
»Kannst du die Pistole weglegen, Barbara? Sie ist unnötig.«
Sie antwortete nicht, aber der Lauf sank herab, bis er auf den Boden gerichtet war. Ihr Blick folgte ihm, und sie schien in sich zusammenzusinken. Einen Augenblick lang wagte ich wieder zu atmen, doch als sie den Kopf hob, funkelten ihre Augen.
»Aber dann hast du angefangen, dich wieder mit dieser Farmnutte zu treffen.«
»Vanessa hatte nichts mit uns zu tun«, sagte ich.
Die
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