Der König der Narren
erwartete, d ass Halbert wegen der patzi g en
Antwort aufbrausen würde, doch stattdessen zuckten seine Mundwinkel.
»Bei m ir war es die Axt. W ebschiff c hen und Nadel, wie? N adeln lassen sich auf m ancherlei W eise anwenden.«
»Das habe ich gehört«, platzte Res heraus. »Halbert, wir müssen versuchen, Yen Tao-tzu zu finden. Du kennst dich doch hier aus, du musst wissen, wo die Wachen ihn hingebrac h t haben, um ihn zu bestrafen.«
Halbert strich sich über s einen Bart. »Mag sein, d a ss ich das weiß, aber wenn er das Missfallen d er F ü rstin erregt hat, ist es klüger, ihn sich selbst zu überlasse n . Jeden anderen Feind kann m an sich hier in Kading leisten. Nur nicht die Fürstin.«
»Es küm m e r t sie nicht w eiter, was aus ihm wird«, sagte Res drängend, »Außerdem habe ich diesen Vertrag gelesen, den du uns hast unterschreiben lassen. Y en Tao-tzu auch. Darin steht, dass das Syndikat für die Behandlung seiner M itglieder geradesteht. Nun, Yen Tao-tzu ist ein Mitglied, und er braucht Unterstützung.«
Der Zwerg gab nach und führte Res in einen der unteren R äume der Pyra m i de. Halbwegs erwartete sie einen finsteren Kerker, doch die Kam m e r , in der sie Yen Tao-tzu fanden, war genauso lichtüberflutet wie fast alles hier in Kad i ng. Außerdem gab es nirgendwo auch nur die geringste Spur von Blutstr o pfen. Halbert be m erkte ihre verdutzte Miene, grins t e schwach und rief:
»He, Surrin, wir wollen deinen neuen Gast abholen, und hier wundert sich je m and, dass die Unterbringung so sauber ist.«
Ein Kadinger erschien, dessen grüner W estenbrokat um den Oberkörper so fein und sorgfältig mit Gold bestickt war, dass eine Weberin neidisch werden könnte. Seine Bronzeknöpfe bebten vor Entrüstung, als er klirrend erwiderte: »Und wie sonst sollte sie sei n ? Jenseits von Kading, bei den Bar b aren, m ag man die Dinge schludern lassen, aber ich führe hier sa u bere Zellen. Keine Mäuse, keine eingekratzten Sprüche und keine Gespenster.«
Res hörte nicht richtig zu. Sie schaute auf Yen Tao-tzu, der m it dem Rücken zu ihr im Schneid e rsitz in einer Ecke saß. Seine Schultern zuckten, und sein Oberkörper bewegte sich leicht hin und her, was sie an den na m enlosen Sühneträ g er von einst erinnerte. Sie wollte nicht sehen, was m an ihm anget a n hatte, was sie hatte geschehen lassen, doch sie zwang sich, zu ihm zu gehen und neben ihm niederzuknien.
»Yen Tao-tzu«, sagte sie behutsa m , »wir können diesen Ort nun verlassen.«
Langsam drehte er ihr sein Gesic h t zu, und sie stieß den Atem au s , den sie angehalten hatte. Es war n ic ht ganz so s chlimm wie in ihr e r Vorstellung. W as auch immer das weiße Material war, das die W a chen benutzt hatten, um ihm d e m Befehl ihrer Fürstin ge m äß den Mund zuzunähen, es hinterließ kei n e blutenden Wunden. Doch statt eines Mundes hatte er nun einen bre i ten, weißen Strich im Gesicht, der aus lauter nebeneinander gesetzten Querstichen bestand.
Es gab nichts, was sie sagen konnte. Er wusste genau, dass sie ihn im Stich gelassen hatte, und sie wusste es auch. Mit dem Wärter zu reden fiel ihr leichter. »Das können wir doch ? «, fragte sie laut.
Der Kadinger zuckte die Achseln. »Die Fürstin hat nur befohlen, ihm den Mund zu stopfen. Von einer Haft hat sie nichts gesagt. Neh m t ihn nur m it, dann bin ich ihn los.«
Zögernd hielt sie Yen T ao-tzu eine Hand hin, um ihm be i m Aufstehen zu helfen. Genauso zögernd ergriff er sie. Er ließ sie auch auf dem Rückweg zur Schenke nicht los, doch er sah Res nicht an. Als sie in der Schenke angelangt waren, setzte er sich auch dort so schnell wie möglich in eine Ecke und versank in von Schaudern unterbrochene Reglosigkeit.
Ein paar der Gäste vom Vortag waren anwesend, einschließlich des blauen Dschinn, dem Halbe r t zunickte. »Linus«, sagte der Zwerg, »ein Fall für dich. Unser n e ues Mitglied hier braucht Behandlung, wie du siehst, sonst verhungert er bald.«
Der Dschi n n zog eine Brille m it großen, runden Gläsern aus seinem Burnus, setzte sie sich auf die Nase und begutachtete Yen Taotzu kopfschüttelnd. »Respekt, Respekt«, seufzte er schließlich. »Das ist echte W ertarbeit. D u m usst wirklich je m anden verärgert haben. Wen denn, wenn m an f r agen dar f ? «
»Das willst du nicht wi s sen«, entge g nete Halbert.
»Gewiss will ich das«, e r widerte der Dschinn gekränkt. »D a s ist sogar eine Voraussetzung, um e i nen m agischen Heilungsprozess zu
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