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Der König der Narren

Der König der Narren

Titel: Der König der Narren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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närrische Mädchen kaum zu erkennen; es schlang die A r m e um die Knie und wiegte sich hin und her, ohne einen einzigen Laut von sich zu geben. Dann, plötzlich, lachte sie, streckte alle viere von sich und begann m it den Beinen in der L uft zu stra m peln wie ein Kleinkind.
    »Desideria die W eise ? «, wiederholte Res betreten. »Nennt m an sie so, um sie zu verspotten ? «
    »O nein. In ihrer W elt war sie noch jung, als sie zu uns kam, aber sie wusste m ehr Geschichten zu erzählen als viele der älte s ten W esen dieses Reiches. Es gab kaum ein e n Streit, den sie nicht schlichten konnte; sie verstand es zuzuhören, und m an fühlte sich bereits besser, wenn m an nur in ihrer N ähe war.«
    »Aber… was ist geschehen ? «
    » W as ihnen allen geschieht, wenn sie nicht rechtzeitig zu den Menschen zurückkehren«, entgegnete Argax und fing an, sich zu lausen.
    Res schaute zu dem M ä dchen und versuchte vergeblich, sie sich als je m and z u denken, den m an Des i deria die Weise nannte. »Das ist furchtbar«, sagte sie zu Argax, der erneut k i cherte. »Hast du denn kein Mitl e id m it ihne n ? « , f r agte sie a u f gebracht.
    Er sprang zu dem Mädchen hin und zog an ihrem verbliebenen Zopf. Sie hielt m it dem Stra m peln inne, aber nur kurze Zeit; dann begann sie erneut.
    »Nein«, erklärte er. »Ich hasse s i e nicht. Das ist schon viel. H aben sie denn Mitleid m it m ir? Sie füh l en gar nichts m ehr, weißt du.« E r beäugte Res listig. »Manche Leute finden das beneidenswert.«
    »Ich nicht.«
    » W as tust du dann hier? Nie ma nd«, fuhr das Äffchen fort und sprang von Desideria wieder zu Res, »findet ohne Grund den W eg in m eine Stadt.«
    Sie hätte darauf hinweisen können, dass sie nie in seine Stadt gekom m en w ä re, wenn Y en Tao-tzu i h r rechtzeitig die W ah r heit erzählt hätte oder wenn die W i ndriesen nicht gewesen wären, doch sie verzichtete darauf. »Ich«, begann sie, und während des Sprechens nahm ihr halb gesponnenes Knäuel von einer Idee m ehr und m ehr Gestalt an und wurde zu d e m Faden, der sie aus der Niederlage heraus und zu einer neuen Hoffnung führen würde, »ich ruhe m i ch aus und s a m m le eine neue Ausrüstung. Und wenn i ch alles habe, was ich brauche, dann gehe ich w i eder.«
    »Aber wohin?«, f ra g te Argax m it spötti s chem Grinsen.
    Res antworte ihm nicht. Stattd e ssen begann sie, alle W ollknäuel im Strohhaus einzusa mm eln, die sie aufspüren konnte.
     
    Zwei Stunden später kehrte sie zu ihren Reisegefährten zurück. S i e z o g e i n en K a rr en h i n t e r s i ch he r, in dem m ehrere Säcke lagen.
    »So«, sagte sie, als sie das Fensterhaus betrat. »Es hat aufgehört zu regnen, also kom m t heraus und helft m i r.«
    Mit einer schnellen Kinnbewegung wies sie auf den Karren. »Sie sind vielleicht alle verrückt hier, aber sie haben Nahrung. Und W olle. Und Seide. Und Stoffe. Sogar Nadeln, die tatsächlich spitz sind, weil der Besitzer nichts anderes getan h a t, als m it ihnen W assertropfen aufzuspießen. Also haben wir nic h t nur genügend zu essen, sondern auch Sachen, um uns u m zuziehen. Und ich werde sofort beginnen, den Teppich auszubessern.«
    »Das, h m , ist gut und schön«, m einte Guin, »aber wenn der Verlorene Kaiser Phantásien rettet, d a nn wird doch ohnehin alles ins rechte Lot komm e n ? «
    Ohne eine Miene zu verziehen, e n tgegnete Res: »Das Nichts zu erledigen und jeder m ann gut auszu s tatten und nach Hause zu bringen sind zweierlei Dinge.«
    Zum ersten Mal, seit Argax enthüllt hatte, um wen es sich bei Yen Tao-tzu handelte, stieg wieder Misstrauen in Guins schwarzen Knopfaugen auf, doch si e kam vor die Tür und half Res, die Säcke hineinzutragen. Nachdem sie den ersten Sack aufgeschnürt und hineingesehen hatte, fragte sie kühl: »Und all das haben Euch die Kaiser einfach geschenkt, Prophetin ? «
    »Nein«, sagte Res knapp. »Ich habe es m i r genom m en.«
    »Aber das ist doch Diebstahl!«
    »Eigentum bedeutet hier nie m and e m etwas«, gab Res zurück, »ist es nicht so, Yen Tao-tzu ? «
    Er nickte. R es packte einen der Säcke und leerte ihn auf dem Boden aus. Wolle, Nadeln und ein Kamm purzelten zwischen Hosen und H e m d e n heraus.
    Die Katze schien entzückt. Heißt das, du kannst mir das Fell kämmen? Es ist in einem grauenerregenden Zustand!
    Ein schwaches Lächeln zupfte an ihren Mundwinkeln. »Ja.«
    Sie zog sich rasch u m , hängte ihre alten Sachen zum Trocknen über das Feuer und breitete die

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