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Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)

Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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in Händen am Eingang zur Halle – stockstill. Er starrte seinen Meister unverwandt an, mit leicht geöffneten Lippen, und sein Blick war ein erbarmungswürdiges Flehen, kindlich in seiner Offenheit: Sag, dass ich mich irre. Sag, dass sie es nicht ist.
    Der Schrecken und sein schlechtes Gewissen verursachten Jonah einen heißen Stich im Magen, und er knurrte unwirsch: »Komm lieber nicht auf die Idee, das Ale fallen zu lassen.«
    Maria verstand ihn nicht, aber sie sah das Unheil kommen, erhob sich hastig, nahm dem Jungen das Tablett aus kraftlos gewordenenFingern und trug es zum Tisch. Crispins Hände sanken langsam herab, und er machte auf dem Absatz kehrt.
    Jonah war geneigt, ihn ziehen zu lassen. Es war ja schließlich nicht seine Schuld, dass alles so gekommen war. Nicht er hatte Annot zu dem gemacht, was sie war, sondern Rupert. Und er wollte verdammt sein, wenn er sich dazu verleiten ließ, seinem Lehrjungen Rechenschaft abzulegen.
    Wie ein Ertrinkender die rettende Planke ergriff er einen der Becher, führte ihn an die Lippen und leerte ihn zur Hälfte mit einem kräftigen Zug. Ein Zinnteller mit Schmalzbrot stand ebenfalls auf dem Tablett. Er deutete Maria und Niklas mit einer Geste an, sich zu bedienen, und griff selber zu. Doch obwohl er eben noch so ausgehungert gewesen war, fand er das Kauen mühsam, das Schlucken fast unmöglich.
    Das Weberpaar tauschte wortlose Botschaften und schwieg beklommen. Zögernd nahm Niklas einen Becher Ale und trank. Maria knetete wieder ihren Rock.
    »Denkt nicht, wir wollten uns ein Urteil anmaßen, Master Durham …«, begann sie unsicher, und als sie verstummte, beendete ihr Mann den Satz: »Aber wir haben drei Kinder, an die wir denken müssen. Er wäre wohl nicht recht, wenn sie mit dieser Frau unter einem Dach leben müssten.«
    Jonah schüttelte ungeduldig den Kopf. »Sie ist dort, um ihr Kind zu bekommen, und lebt gänzlich zurückgezogen. Niemand besucht sie da.« Niemand außer mir. »Ihr könnt bedenkenlos zu ihr gehen, glaubt mir. Sie ist … Was aus ihr geworden ist, war wirklich nicht ihre Schuld und … Entschuldigt mich einen Moment.« Er sprang auf, lief aus der Halle und die Treppe hinab, nahm immer zwei Stufen auf einmal.
    Meurig kam gerade aus der Küche, und sie stießen um ein Haar zusammen. »Master, das Bad ist …«
    Jonah stürmte an ihm vorbei ins Freie. Der Hof lag wie ausgestorben im gleißenden Sonnenschein; die Kohlköpfe und Bohnenranken in den Beeten wirkten grau und schlaff, Staubkörner tanzten und glitzerten in der heißen Luft. Jonah rannte zum Tor. Die kleine Pforte war nur angelehnt. Er schlüpfte hindurch, undkaum war er auf die Straße hinausgetreten, entdeckte er den Jungen, der mit langsamen Schritten auf der Schattenseite Richtung Kirche ging.
    Jonah holte ihn ein und packte ihn am Ellbogen. Crispin fuhr zusammen, und sein Kopf ruckte hoch. Sein Gesicht war bleich, und er weinte. Als er Jonah erkannte, zuckte sein Mund, und er versuchte, sich loszureißen. Jonahs Klammergriff um seinen Arm wurde fester. Sie trugen einen unsichtbaren, beinah reglosen Kampf aus. Als Crispin einsehen musste, dass er sich nicht befreien konnte, ohne die Hand gegen seinen Meister zu erheben, kapitulierte er und ließ sich beinah willenlos zum Tor zurückzerren. Sie sprachen kein Wort, bis Jonah die Pforte von innen abgesperrt und seinen Lehrling in den Schatten zwischen Tuchlager und Stall geführt hatte. Dort ließ er ihn endlich los.
    »Es war schon zu spät, als ich sie gefunden habe, Crispin.«
    »Ah ja? Welch glückliche Fügung für Euch, Sir. So konntet Ihr sie haben, ohne Euer törichtes Heiratsversprechen einlösen zu müssen!« Crispin hatte die Stimme erhoben, fauchte beinah. Er war vollkommen außer sich. So hatte Jonah ihn noch nie gesehen. Er ahnte mehr als er wusste, dass der Junge es darauf anlegte, ihn zu irgendetwas zu provozieren, das seinen hilflosen Zorn rechtfertigen konnte. Jonah verschränkte die Arme und sah ihn wortlos an.
    Crispin ballte die Rechte und schlug damit gegen die Stallwand, dass sie erzitterte und Grigolet drinnen zusammenschrak. Sie hörten das Schlittern der Hufeisen. »Wann hattet Ihr vor, es mir zu sagen?«
    »Oft. Aber der Zeitpunkt schien nie richtig.«
    Crispin stieß zischend die Luft aus. Mit einiger Verspätung erkannte Jonah, dass es ein höhnisches Lachen war. »Nie, wäre die ehrliche Antwort, nicht wahr? Ihr hattet nie die Absicht, es mir zu sagen! Ihr teilt sie bereitwillig mit hundert Fremden, aber

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