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Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)

Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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wiederfinden – er hatte jetzt schließlich ganz andere Möglichkeiten – und gutmachen, was erst Rupert und dann seine Großmutter ihr angetan hatten. Alles war möglich …
    Er war so in seine Träumereien versunken, dass er den Hufschlag zuerst gar nicht wahrnahm. Als er die eiligen Reiter hinter sich schließlich hörte, lenkte er seinen zahmen Wallach an den rechten Wegrand, um Platz zu machen. Doch statt an ihm vorbeizuziehen, fielen die galoppierenden Pferde hinter ihm in Schritt und kamen dann anscheinend zum Stehen. Verwundert wandte Jonah den Kopf und fand zwei wenig Vertrauen erweckende Männer mit schäbigen, fleckigen Kitteln und zotteligen Bärten. Hafengesindel, dachte er unwillkürlich, ehe ihm aufging, dass er hier auf dem Lande war und die Menschen nicht einfach nach den Londoner Kategorien beurteilen konnte, die ihm vertraut waren. Vermutlich waren diese beiden ganz harmlose, ärmliche Bauern. Ihre einfachen Pferde, ein Fuchs und ein Brauner, keuchten ausgepumpt, und auch die Reiter waren außer Atem.
    Jonah winkte sie vorbei. »Reitet zu, Platz genug auf der Straße.«
    Die bärtigen Männer tauschten einen Blick und nickten grinsend. »Wir sind am Ziel«, sagte der eine.
    »Was in aller Welt sucht ihr hier mitten im Nirgendwo?«, fragte Jonah ihn verblüfft, sah aus dem Augenwinkel eine flüchtige Bewegung und wandte den Kopf. Aber es war schon zu spät. Der zweite Mann hatte einen langen Knüppel gehoben und holte aus. Instinktiv riss Jonah den Kopf zur Seite, so dass die schwere Keule ihn nur auf die Schulter traf. Doch der Aufprall war so gewaltig, dass der junge Kaufmann regelrecht aus dem Sattel geschleudert wurde. Er landete mit dem Gesicht im struppigen Gras und konnte sich einen Moment nicht rühren. Der Schmerz in der Schulter war mörderisch. Weit bin ich nicht gerade gekommen, dachte er verwirrt, und dann hörte er die leisen Schritte näher kommen. Er drehte den Kopf zur Seite und sah zwei Paar ausgetretener Lederschuhe.
    »Mein Geld ist in der Satteltasche. Nehmt es und verschwindet.« Er hatte so deutlich gesprochen, wie er konnte, aber sie hatten ihn offenbar nicht gehört. Ein Paar Schuhe trat näher, blieb leicht gespreizt stehen, und als Jonah die Keule durch die Luft pfeifen hörte, warf er sich zur Seite. Sie landete nur eine Handbreit von seiner Nase entfernt, und jetzt sah er, dass sie mit Eisen beschlagen war. Ich werde sterben, erkannte er ungläubig. Ich weiß nicht wieso, aber ich werde sterben, und das Letzte, was ich in meinem Leben sehe, ist ein Totschläger mitten in einem Büschel Glockenblumen.
    »Halt den Bengel fest, er zappelt wie ein Fisch«, knurrte der eine, und eine Fußspitze landete in Jonahs Magen, drehte ihn dann auf den Rücken und stellte sich auf die getroffene Schulter. Er biss die Zähne zusammen. Helle Punkte pochten vor seinen Augen. Der Schmerz in der Schulter vernebelte ihm die Sinne, sein Blickfeld schrumpfte und schien an den Rändern zu zerfließen. Er bildete sich ein, ein Horn erschallen zu hören, wie aus weiter Ferne. Dann kniff er die Augen zu und betete stumm.
    Nicht die Keule traf ihn, sondern etwas weitaus Größeres und Schwereres landete quer über seiner Körpermitte und presste die Luft aus seinen Lungen. Im selben Moment verschwand der Fuß von seiner Schulter. Jonah riss die Augen wiederauf und fand sein ganzes Blickfeld von der Fratze des Keulenschwingers ausgefüllt. Aus nächster Nähe erkannte er eine hauchfeine gezackte Narbe, die sich im rötlichen Bart verlor, sah durch das schüttere Haar die Läuse, die sich auf der Kopfhaut tummelten, und die dunklen Augen waren starr und glasig.
    Angewidert drehte er den Kopf weg und versuchte, den schweren Körper von sich zu stemmen. Aber sein linker Arm war vollkommen taub von dem Schlag auf die Schulter; er schaffte es nicht. Plötzlich kam ihm jemand zur Hilfe, zwei Hände packten seinen Angreifer und zerrten ihn zur Seite. Jonah wich zurück, hob den Kopf und sah einen schwarz gefiederten Pfeil aus der Brust des Mordbuben ragen. Es konnte keinen Zweifel geben. Der Mann war tot.
    Für einen Augenblick war Jonah wie gelähmt vor Erleichterung und Schrecken. Dann spürte er eine freundliche Hand auf der unverletzten Schulter, und eine ruhige Stimme fragte: »Seid Ihr verletzt? Könnt Ihr aufstehen?«
    Jonah blickte auf. Sein Retter war kaum älter als er selbst, ein junger, braun gelockter Edelmann mit einem ebenfalls braun gelockten Kinnbart. Er trug ein Surkot aus blauem,

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