Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)

Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
Vom Netzwerk:
Kreischen riss die Tribüne aus ihrer Verankerung an der Kirchenmauer und brach polternd in sich zusammen.
    Jonah war mit der Königin zu Boden gegangen. Sie lag einen Augenblick reglos auf ihm, aber schon wälzte er sie von sich, schleuderte sie herum, sodass sie mit dem Gesicht im Sand lag, und warf sich über sie.
    Philippa wehrte sich und versuchte sich zu befreien. »Lass mich … Ich will hier weg …«
    Er hielt sie an der Schulter gepackt und drückte ihren Kopf zu Boden. »Nicht bewegen.«
    »Jonah …?« Sie klang vollkommen desorientiert.
    »Ja, Madame. Ihr müsst still liegen bleiben, dann haben wir vielleicht Glück. Schützt Euer Gesicht.«
    Mechanisch folgte sie seinem Rat. Auch Jonah legte die Arme um den Kopf, aber er sah es trotzdem. Es schien ihm, als wäre sein Blick geschärft, und er sah alles, was sich ereignete, in unwirklicher Klarheit.
    In einer Kaskade aus vielfarbigen, fliegenden Röcken purzelten die Damen von der einstürzenden Tribüne, lagen dann still wie bunte Tupfen auf der Straße, und hölzerne Trümmer regneten auf sie herab, begruben manche unter sich. Dann waren die Reiter endlich über ihnen, und die eigentliche Katastrophe nahm ihren Lauf. Von beiden Seiten brandeten sie heran, und das, was ein prächtiger Schaukampf hatte werden sollen, wurde ein Blutbad. Zu spät erkannten die Reiter, was geschehen war,und versuchten die Pferde zu zügeln. Edwards Rappe stieg wiehernd, prallte mit Montagus Schlachtross zusammen, und der König wurde aus dem Sattel geschleudert. Auch die übrigen Pferde auf beiden Seiten scheuten vor dem Hindernis, das plötzlich vom Himmel gefallen war. Die Reiter verkeilten sich ineinander, Sand stieb auf, die Pferde gingen wiehernd zu Boden, traten in Panik um sich, und die Ritter landeten unter dem blechernen Scheppern ihrer Rüstungen auf der Straße. Am schlimmsten traf es die Damen, die weinend und orientierungslos umherirrten. Mit weit aufgerissenen Augen starrte Jonah zu einer der jungen Frauen hinüber. Ein Teil seines Verstandes sagte ihm, dass er sie erkannte; sie war diejenige gewesen, die an dem Abend im Epping Forest die Sternschnuppe entdeckt hatte. Aber das war kein bewusster Gedanke. Die Vergangenheit war nicht wirklich, nicht so wirklich wie die roten Spritzer im Sand oder die Gewissheit, dass das Sternschnuppenmädchen dem Earl of Arundel unter die Hufe geraten und zertrampelt werden würde. Er sah es kommen, sein Mund öffnete sich, und er stieß einen warnenden Ruf aus, aber natürlich hörte sie ihn nicht. Er keuchte und brachte einen eigentümlichen, unartikulierten Protestlaut hervor, weil er es nicht verhindern konnte und es deswegen würde mit ansehen müssen.
    Doch plötzlich stand ein Kind neben der Todgeweihten, ein hübsches Mädchen mit kastanienbraunen Zöpfen und riesigen blauen Augen, das Gesicht in ungläubigem Entsetzen verzerrt, packte sie und warf sich mit ihr zu Boden, sodass Arundels Schlachtross über sie hinwegsprang. Im nächsten Moment spürte Jonah einen Huftritt im Kreuz. Es war weder der erste noch der letzte. Nicht alle Pferde waren so behände wie das des Earl of Arundel. Aber alles in allem hatten sie Glück. Jonah kam mit ein paar hufeisenförmigen blauen Flecken davon, die Königin ohne einen Kratzer. Ein Wunder, hörte man später viele sagen.
    Erst als die Trümmer des Balkons endlich zur Ruhe kamen und alle Turnierpferde entweder gezügelt oder reiterlos in die entgegengesetzte Richtung geflohen waren, hörte Jonah die Schreie der Menschen hinter der Absperrung, wo offenbar einePanik ausgebrochen war. Unwillig hob er den Kopf und sah hinüber. Unter den Zuschauern herrschte ein wildes Durcheinander. Er erhaschte einen Blick auf Elia Stephens, der ein fremdes kleines Mädchen auf dem Arm hielt und sich erstaunlich bedächtig einen Weg zur rettenden Gasse neben der Kirche bahnte. Jonah suchte die wogende Menge nach Crispin ab, doch ehe er ihn entdecken konnte, wurde er rüde am Mantel gepackt und auf die Füße gezerrt. Er wehrte sich instinktiv, und zwei Paar kräftiger Hände verdrehten ihm die Arme auf dem Rücken. Er spürte ein warnendes Reißen in dem unlängst verheilten Schlüsselbein. Aus dem Augenwinkel erkannte er zwei hünenhafte Soldaten der königlichen Leibgarde. Der eine schlug ihm mit der Faust in den Nacken und knurrte: »Denk ja nicht, ich hätte nicht gesehen, dass du Hand an die Königin gelegt hast, du Hurensohn. Das wird dich teuer zu stehen kommen, ich schwör’s.«
    Jonah rührte

Weitere Kostenlose Bücher