Der Koenig geht tot
besten geeignet, um solche Projekte anzugehen.«
»Warum eine solche Eile? Ich denke, man–«
»Wenn es persönlich wird, reden sie immer von man. Es geht um Sie und um Ihre Zukunftsplanung. Sie sind schließlich nicht mehr der jüngste.«
Ich schluckte. Mit meinen zweiunddreißig Jahren zählte ich mich durchaus noch zu der Altersgruppe, die für die Fernsehwerbung interessant ist.
»Haben Sie denn wenigstens schon mal die Familie Ihrer Zukünftigen kennengelernt?«
Ich druckste herum. Tatsächlich waren wir dazu irgendwie nie gekommen.
»Wir wollten demnächst – bislang keine Zeit – aber jetzt in den Ferien–«
»Ihnen ist auch nicht zu helfen«, Schwester Gertrudis wandte sich demonstrativ ab. »Erst steigen Sie nicht in meine Täterpsychologie ein, und dann wollen Sie noch nicht mal in den Sommerferien heiraten.« Schwester Gertrudis klickte ihren Computer an und machte damit mehr als deutlich, daß sie unter diesen Umständen keine Zeit mehr für mich hatte.
Seufzend machte ich mich auf den Weg zum Lehrerzimmer. Die erhellenden Gespräche mit der Sekretariatsschwester waren wahrscheinlich der wahre Grund für die Sommerferien. Es brauchte eben seine Zeit, um diese Klopse zu verarbeiten und sich mit frischem Mut den wirklich wichtigen Fragen des Alltags zu stellen.
11
Mißtrauisch äugte ich durch den Dampf der Lasagne, die vor mir stand. Wir saßen bei unserem Stammitaliener, nachdem wir den Unterricht hinter uns gebracht hatten. Sicher hätten wir uns prächtig unterhalten, wenn nicht die Zusammensetzung an diesem Tage etwas ungewöhnlich gewesen wäre. Leo, Roswitha Breding und ich hatten uns nach der sechsten Stunde gerade vor dem Sekretariat getroffen, wo sich in der Regel einige familienfreie Kollegen sammelten, um in die Pizzeria aufzubrechen, da war Bernhard Sondermann zu uns gestoßen. Sondermann, der leicht aufbrausende Physik- und Mathekollege, den ich gerne als »HeSieda« betitelte, seit er mich bei meiner Ankunft am Elli mit diesem Ausruf begrüßt hatte. Ob er sich denn uns anschließen dürfe, hatte er sich in einem geradezu höflichen Ton an uns gewandt. Seine Frau mache heute eine Tagesfahrt mit der VHS zu einer Kunstausstellung in Düsseldorf. Das wäre doch eine schöne Gelegenheit, um auch mal mit den jungen Kollegen zusammenzukommen. Leo, Roswitha und ich hatten unseren Ohren nicht getraut und im selben Augenblick jeder für sich spekuliert, welches strategische Ziel hinter dieser Annäherung steckte. Leo vermutete, daß ihm zwei weitere Pausenaufsichten in den Toiletten aufs Auge gedrückt werden sollten. Das sah ich ihm an der Nasenspitze an. Roswitha fragte sich mit Sicherheit, ob sie die Mikroskope auch ordnungsgemäß in den Schrank zurückgestellt hatte. HeSieda ahndete solche Vergehen nämlich auch über Fachgrenzen hinweg. Ich selbst versuchte mich zu erinnern, ob ich vielleicht eine Vertretungsstunde versäumt hatte. Jetzt saßen wir bereits vor unserem Essen und waren immer noch nicht schlauer. Sondermann hatte sich die ganze Zeit über geradezu handzahm verhalten. Jetzt warteten alle auf den großen Knall.
»Was ich Sie immer noch fragen wollte, Herr Jakobs–«
Ich horchte auf. Ich hätte mir denken können, daß ich das Opfer werden sollte. »Stimmt es eigentlich, daß Sie nach dem Stichlingser Schützenfest diesen jungen Mann gefunden haben?«
Leo grinste in seine Pizza Spinaci hinein. Daher wehte also der Wind. Die pure Neugier hatte Sondermann getrieben.
»Ich war nicht allein«, wich ich aus.
»Na, Gott sei Dank«, ulkte Sondermann. »Sonst wären Sie womöglich noch als Täter in Frage gekommen. Denn wie man hört, ist noch gar nicht klar, ob es sich um den harmlosen Unfall eines Betrunkenen handelt. Die Kripo ermittelt noch.«
»Tatsächlich?« fragte ich gleichgültig, während ich mich an meine Lasagne heranmachte.
»Mich würde es nicht wundern, wenn in Sebastianus so einiges im argen läge, was vielleicht zu einem Streit mit tödlichem Ausgang geführt hat.«
Ich stellte meine Ohren auf. Außerdem registrierte ich bei Leo eine Reaktion. Offensichtlich erwachte sein detektivisches Interesse, das, seitdem er als Kind Kalle Blomquist und Die Fünf Freunde gelesen hatte, immer mal wieder aufflammte.
»Haben Sie selbst schon mal mit dem Verein zu tun gehabt?« Leo spielte ein nur mäßiges Interesse vor. Doch Sondermann ließ sich nicht täuschen. Es war ihm klar, daß wir an seinen Informationen interessiert waren.
»Bevor wir unser neues Haus
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