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Der Koenig geht tot

Der Koenig geht tot

Titel: Der Koenig geht tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Heinrichs
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Kriminalfällen.« Ich verdrehte die Augen. Meine Erkenntnisse über Bruno Langensieps Tod waren ja nicht gerade durch übermäßige Professionalität zustande gekommen. In meinem Fall von kriminalistischen Erfahrungen zu sprechen war ungefähr so zutreffend wie die Behauptung, Margaret Thatcher sei die Vorreiterin des Aerobic-Sports gewesen. Christoph Steinschulte sah folglich auch nicht sonderlich beeindruckt aus. Max dagegen war voll in seinem Element. »So, Christoph, Vincent, dann wollen wir mal zusammentragen!« Max hatte mit dieser Aufforderung nicht nur das Du zwischen Steinschulte und mir zur beschlossenen Sache erklärt, sondern gleichzeitig eine unliebsame Unterrichtsformulierung eingebracht. »Vincent, vielleicht erzählst du einfach mal, was dein Kollege über die Schützenbruderschaft St. Sebastianus ausgeplaudert hat!«
    Bei einer solch direkten Aufforderung konnte natürlich auch der letzte Schüler nicht mehr entfliehen. Ich bestellte mir ein Viertel Wein und begann zu erzählen – von Sondermann, von seiner Funktion im Schützenverein in der Vergangenheit, von seinen zugegebenermaßen spekulativen Andeutungen. Außerdem berichtete ich von Alexas Gespräch mit Moni Königs Freundin im Reitstall. Christoph Steinschulte hörte sehr aufmerksam zu. Am Ende holte er sogar einen Notizblock aus der Jackentasche.
    »Es mag vielleicht etwas albern wirken«, entschuldigte er sich. »Aber ich muß mir immerhin die Namen der Leute notieren, über die ihr etwas erfahren habt. Vielleicht können sie ja wirklich irgendwie weiterhelfen.« Christoph schrieb kurz etwas nieder. Dann blickte er wieder hoch. »Ehrlich gesagt, blicke ich in diesem ganzen Schützenkuddelmuddel nicht mehr so ganz durch. Wir haben natürlich schon mit verschiedensten Personen gesprochen, aber eine wirklich heiße Spur haben wir leider immer noch nicht.«
    »Laß uns doch die wichtigen Leute einfach mal durchgehen«, schlug Max vor. »Immerhin deuten die Handschuhfädchen an Königs Pullover daraufhin, daß ein Offizieller am Werk war.«
    »Unsinn!« sagte Steinschulte schroff. »Daß die weiße Fädchen von Schützenfesthandschuhen stammen, ist eine ganz theoretische Möglichkeit. Und selbst wenn sie von solchen Handschuhen stammen, muß das im Grunde nicht viel bedeuten. Wir haben herausgefunden, daß jeder der Schützen, die im Zug in Uniform mitmarschierten, zwei Paar davon in Reserve zu Hause rumliegen hat. Die Dinger sind überall leicht zu bekommen. Wir können uns leider nicht auf die überschaubare Zahl von Schützenoffizieren beschränken.«
    »Sogar die Hofstaatdamen hatten Handschuhe«, fiel es mir plötzlich ein. »Vor dem Zug gab es eine große Diskussion, ob die Frauen gesamtheitlich weiße Handschuhe überziehen sollten. Die Schützenkönigin fand diese Idee großartig, kam aber schließlich zu dem Schluß, daß nur sie selbst Handschuhe tragen sollte, quasi als besonderer Pfiff für die Königin. Auf jeden Fall hatten aber alle Damen Handschuhe dabei, die sie wahrscheinlich dann in ihren Handtaschen deponiert haben.«
    »Trotzdem sollten wir uns einen Überblick verschaffen«, ordnete Max an. »Eine Hitliste der Verdächtiget sozusagen. Laß uns der Einfachheit halber mal mit der Schützenbruderschaft anfangen!«
    All das kam mir so schrecklich bekannt vor. Damals bei der Untersuchung von Bruno Langensieps Tod war es mein Sportkollege Leo gewesen, der mit Enthusiasmus die »Ermittlungen« vorangetrieben hatte. Heute war es Max, der sich im Detektivspiel übte. Ich seufzte leicht, doch nahm das keiner zur Kenntnis. Max hatte sich längst einen Zettel von Christoph genommen und kritzelte emsig darauf herum. Von gegenüber konnte ich den Namen Wilfried König erkennen. Der Name wurde dick eingekreist. Dann begann Max, ein paar Kreise um das Opfer herum zu malen. »Als erstes hätten wir natürlich Alfons Reckert, den Zweiten Vorsitzenden des Vereins«, erläuterte Max, indem er den Namen in einen Kreis einfügte. »Reckert ist durch die Krankheit Jupp Baumüllers, des Ersten Vorsitzenden, momentan der wichtigste Mann im Verein. Was können wir über Reckert anmerken?«
    Schon wieder Schule. Herausarbeitung der Charaktere. Auch hier war Christophs und meine Mitarbeit mangelhaft. Doch Max war ein motivierter Lehrer. Er ließ sich nicht aus dem Konzept bringen.
    »Nun, er ist von Natur aus aufbrausend«, beschrieb Max. »Außerdem dreht er sich wie das Fähnchen im Wind.« Soweit ich sehen konnte, setzte er unter Reckerts Namen die

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