Der Koenig geht tot
betrunken, wurde zudringlich, Moni schubste ihn weg, so daß er mit dem Kopf auf den Stein knallte.«
»Hm«, Max grinste. »Moni? Die wäre niemals so kaltblütig, ihren Mann verblutend zurückzulassen. Im Leben nicht. Außerdem: Wo kämen dann die weißen Fädchen her?«
»Natürlich hat die Kripo bei der Hauptverdächtigen die Kleidung überprüft«, referierte Christoph sachlich. »In der Tat hatte Moni König weder Handschuhe dabei noch sonst etwas an, das die Fädchen hinterlassen haben könnte. Doch Moni König ist nicht dumm. Vielleicht hat sie gemerkt, daß sie hängen geblieben ist, hat sich umgezogen und das verdächtige Kleidungsstück verschwinden lassen.«
»Um dann in neuem Aufzug und gut gelaunt an den weiteren Feierlichkeiten teilzunehmen?« Max schnaubte. »Das kann doch nicht dein Ernst sein!«
»Gibt es weitere Familienmitglieder, die für die Tat in Frage kommen?« wechselte ich das Thema.
Steinschulte lehnte sich zurück. »Natürlich haben wir das sorgfältig recherchiert. Allerdings hat Wilfried König verwandtschaftlich nicht viel zu bieten. Seine Eltern sind verstorben, das sagte ich ja schon, Geschwister sind auch nicht vorhanden. Bleibt also nur der Zweig seiner Frau: die Mutter und ein alleinstehender Bruder.«
»Die beiden sind ja nach Königs Seitensprung wahrscheinlich nicht gerade gut auf ihn zu sprechen«, vermutete ich.
»In der Tat. Moni Königs Mutter macht keinen Hehl daraus, daß sie ihren Schwiegersohn nicht ausstehen konnte wie sie sagt, nicht erst seit seiner Affäre. Dennoch kommt sie als Täterin nicht in Frage. Zum einen ist sie ziemlich gebrechlich, zum anderen hat sie den Nachmittag mit einer Nachbarin verbracht. Der Bruder arbeitet in Frankfurt als Krankenpfleger und hatte an dem Nachmittag Dienst. Er ist ebenfalls aus dem Rennen.«
»Die Kuhschiß-Hagener Affäre«, Max sah man seinen Geistesblitz zwischen den Augen an. »Wenn irgend jemand Grund gehabt hat, Wilfried König um die Ecke zu bringen, dann doch wohl die verlassene Ex-Geliebte, die nach einer kurzen Spritztour wieder in Kuhschiß-Hagen abgelegt worden ist.«
Christoph hob die Augenbrauen. »Natürlich haben wir die Dame gecheckt. Wie sie aussagt, konnte ihr der König den Buckel runterrutschen. Bei ihr läuft inzwischen wieder was Neues. Ihr Alibi wird gerade überprüft.«
Max schrieb mit großen Lettern Kuhschiß-Hagen-Mieze in einen Kreis. Dahinter das obligatorische Alibi?
»Ich glaube, wir haben nun die Hauptpersonen des Stücks«, meinte Max. Das Gefühl hatte er vor allem, weil kein Kreis mehr auf sein Blatt gepaßt hätte. »Bleibt nur noch zu überlegen, wie man die Sache jetzt angeht.«
Das weitere Gespräch von Max und Christoph ließ ich ohne Einmischung an mir vorbeiziehen. Ich hatte keine Lust, mich in eine Sache einzumischen, die nur die Polizei etwas anging. Christoph Steinschulte und seine Crew hatten die Angelegenheit ja gut im Griff. Aber das war nicht der alleinige Grund für mein Abtauchen. Vielmehr grübelte ich in mich hinein und wog ab, welches der Motive, die wir ausgegraben hatten, am wahrscheinlichsten war.
Als ich auf dem Heimweg die Papenhauser Straße entlangschlenderte, kam mir das Toilettengespräch wieder in den Sinn. Es war ja bei dem Streit nicht nur darum gegangen, daß König nicht den Vogel abschießen sollte. König hatte vielmehr angedeutet, daß im Vereinsvorstand nicht alles zum besten stand. Unsere Verdächtigenliste hatten wir daher im Rahmen der Schützenoffiziellen ganz gut angelegt. Mein Gefühl sagte mir, daß im Toilettengespräch die beiden Kernfragen enthalten waren, die uns zu Königs Mörder führen konnten: Hatte Wilfried etwas über den Schützenverein gewußt, womit er groß auftrumpfen wollte? Stoff schien es da ja genug zu geben. Und außerdem: Wer hatte verhindern wollen, daß der König König wurde?
13
Als Max vor Baumüllers Haustür stand, hörte er von innen Stimmen. Die eine war von Jupp, die andere sagte ihm zunächst nichts. Max überlegte einen Augenblick, ob er zu einem späteren Zeitpunkt wiederkommen sollte, als plötzlich die Tür geöffnet wurde. Gerhard Streiter, Königs Onkel, stand vor ihm und stutzte einen Augenblick. Max hatte ihn im allerersten Moment gar nicht erkannt. Gerhard Streiter war jemand, der eigentlich mit seiner Schützenuniform verwachsen war. Als »Zivilperson« war er ihm nicht vertraut. Sein bereits weißes, aber sehr dichtes Haar wirkte über der braunen, schmucklosen Windjacke ganz anders als
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