Der Koenig geht tot
war nicht sehr angenehm. Als er am Nachmittag noch einmal zu Jupp hingefahren war, hatte er kurz am Lebensmittelgeschäft in Stichlingsen gehalten und ein paar Bananen gekauft. Zugegeben, er hatte auch mit Thomas Ehringhaus sprechen wollen, dem jungen Besitzer des Ihre-Kette-Ladens, von dem er wußte, daß er mit Bernhard Schnell befreundet war. Thomas war ausgesprochen redselig die einzige Chance, wenn man mit einem kleinen Laden in einem kleinen Dorf seine Familie ernähren wollte. Thomas war wie von selbst auf den »Fall Stichlingsen« zu sprechen gekommen. Er hatte sogar von sich aus erzählt, daß Bernhard mit der Moni ein Techtelmechtel begonnen hatte. »Aber die Moni wollte sich nicht direkt in die nächste Kiste stürzen«, hatte Thomas anschaulich erklärt.
»Die mag den Bernhard zwar, aber sie will eigentlich erstmal ihre Ruhe haben, um mit sich selbst und ihrer gescheiterten Ehe ins reine zu kommen. Der Bernhard dagegen, der war schon immer in die Moni verknallt. Für den sind durch Königs Affäre mit der Frau aus Kuhschiß-Hagen die Schranken geöffnet worden. Der würde alles für die Moni tun.«
Max hatte augenscheinlich die Augenbrauen hochgezogen. Dann hatte er gefragt, ob er, Thomas, denn auf dem Schützenfest mit Bernhard zusammen gewesen war. Klar, war er. Immer mal wieder, aber nicht die ganze Zeit. Der Bernhard war ja Offizier. Der mußte sich immer mal um irgendwas kümmern, und dann verschwand er eben für einige Zeit. So war das eben, wenn man ein Offizieller war.
»Für mich wär das nichts«, hatte Thomas gelacht. »Ich habe hier im Laden meinen Kittel an. Das reicht mir vollkommen. Da brauche ich für das Schützenfest keine Uniform!«
Max hatte auch gelacht und dann gesagt, er müsse jetzt aber los, noch beim Jupp vorbei. Und nachher noch arbeiten, ohne Kittel. Schade eigentlich, daß man beim Taxifahren keine Arbeitskleidung trug. Das hatte doch was.
Der Jupp war dann ziemlich am Ende, als Max erzählt hatte. »Oh Gott! Das hört sich ja schaurig an«, hatte er gestöhnt. »Wenn jetzt tatsächlich die Bücher nicht in Ordnung sind, dann können wir den Verein gleich dichtmachen.« Max wußte, wenn Jupp nicht so malad gewesen wäre, dann hätte er getobt. So aber übte er sich in stillem Gram.
Wenn er es genau nahm, hatte Max es ziemlich satt, in den Mordermittlungen rumzufuckeln. Wenn es nicht für Jupp gewesen wäre, hätte er sich lieber den ganzen Tag in sein Taxi gesetzt und wär herumgefahren. Andererseits war er Jupp mehr als einen Gefallen schuldig. Wenn der nicht gewesen wäre, dann säße er vielleicht jetzt nicht hier. Dann wäre er mit allem gar nie fertig geworden. Max seufzte, als er aus dem Auto stieg. Die Gedanken, die jetzt in ihm aufstiegen, brannten immer noch. Wenn er einmal anfing zu grübeln, wenn einmal der Film begann von Natascha, wie sie vor ihm stand und mit ihm sprechen wollte, dann konnte er meist kein Auge zutun. Dann lag er stundenlang wach und verzweifelte, weil die Vergangenheit unumkehrbar war.
Als Max ein Geräusch hörte, kam er nicht mehr dazu, sich umzudrehen. Er wurde von hinten gepackt und so heftig an die Hauswand geschleudert, daß sein Rücken krachte. Das Gesicht, in das er blickte, war in höchster Anspannung. Max wollte etwas sagen, aber sein Gegenüber kam ihm zuvor: »Halt dich raus!« sagte er gepreßt. »Halt dich, verdammt nochmal, da raus!« Max hörte seinen Herzschlag bis zum Hals pochen. Im selben Moment wurde es dunkel um ihn herum.
16
»Du mußt ihn anzeigen!« Alexa redete ganz aufgebracht auf Max ein. Er hielt sich den Schädel, der wohl immer noch gehörig brummte.
Max hatte plötzlich vor der Tür gestanden und gefragt: »Habt ihr mal ein Pflaster für mich?«
Alexa regte sich immer mehr auf. »Ich verstehe das nicht! Warum rufst du nicht direkt bei der Polizei an? Je eher desto besser. Jemand wie dieser Schnell muß doch belangt werden.«
Max schüttelte unwillig den Kopf. »Ich kann ihn ja verstehen.«
»Wie bitte?« Alexa war außer sich. »Du kannst verstehen, daß jemand brutalste Mittel einsetzt, um einen Mord zu vertuschen? Wahrscheinlich bist du der Großneffe von Al Capone und verschiebst nebenbei gestohlene BMWs, was?«
»Quatsch!« Max faßte sich mit beiden Händen an den Kopf. »Ich kann nur verstehen, daß jemand Panik bekommt, wenn sich die Verdachtsmomente auf ihn konzentrieren.«
»Oh ja, ich kann auch verstehen, daß jemand Panik bekommt, wenn sich die Verdachtsmomente auf ihn
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