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Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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nicht Gegenstand der Verhandlung, und wäre es um ein Königreich.‹
    Damit grüßte er die Königin ehrerbietig, und diese gab ihm mit knappem Wort und hartem Blick Urlaub. Von dem Moment an betrachtete sie Turenne als Feind und betrieb seinen Untergang.
    Tatsächlich schickte sie den Bankier Barthélemy Hervar mit einer Million Livres aus, damit sollte er insgeheim Turennes deutsche Söldner zum Ausgleich für ihren ausstehenden Sold bezahlen, und zwar unter der Bedingung, daß sie über Nacht das Lager verließen und nach Deutschland heimkehrten.
    So kam es, daß Turenne beim Erwachen feststellen mußte, daß seine Armee verschwunden war, und weil er begriff, daß die Regentin es dabei nicht bewenden lassen würde, sprang er in den Sattel und floh nach Holland.«
***
     
    Da meine Wirtin, Madame du Bousquet, an einem bösen Katarrh mit starkem Fieber litt, bat ich den ehrwürdigen Doktor und Domherrn Fogacer, sich zu ihr zu bemühen. Er kam, unddie Patientin verwunderte sich über seine Erscheinung und die liebenswerte Würde seiner Manieren.
    »Madame«, sagte er, indem seine Brauen sich nach den Schläfen steilten, »Ihr steht am Beginn einer Krankheit, die sehr schnell sehr ernst werden könnte, wenn Ihr nicht behandelt würdet. Aber nur keine gewaltsamen Mittel, nicht Aderlaß und nicht Klistier. Schluckt einfach eine dieser Pillen, wenn das Übel zunimmt. Am folgenden Tag nehmt ihr die zweite. Nehmt sie am Abend ein, vor dem Schlafengehen, mit einem guten Gemüsesud.«
    »Ehrwürdiger Doktor«, sagte sie beinahe erschrocken, »Ihr verordnet mir also weder Aderlaß noch Klistier?«
    »Nicht heute und nicht morgen. Sie würden Eure Krankheit nur verschlimmern. Monseigneur von Orbieu wird Euch morgen früh eine weitere Pille 1 geben, und ich komme Euch morgen mittag besuchen.«
    Hierauf segnete Fogacer die Kranke und ging, indem er mir sagte, daß er mich in seiner Karosse erwarte. Kaum hatte sich die Tür hinter ihm geschlossen, wollte Madame du Bousquet von mir wissen, ob der Edelmann tatsächlich ein Domherr sei.
    »Das ist er, Madame, zweifelt nicht daran, und Domherr des großen Kapitels von Notre-Dame, und außerdem Sekretär des Apostolischen Nuntius. Und wenn Ihr fragt, ob er auch wirklich Arzt ist...«
    »Monseigneur! Das hätte ich niemals gewagt.«
    »Nun, so lautet die Antwort, daß der Domherr Fogacer seinen Doktor der Medizin an der Medizinischen Schule von Montpellier erworben hat, der besten der Welt.«
    Madame du Bousquet lud uns hierauf an ihre Tafel, und wir nahmen das Angebot gern an, konnten wir auf die Weise doch vertraulich miteinander reden, ohne von dritten Ohren verstanden zu werden, denn die der Wirtin waren so gut wie taub.
    »Mein Freund«, sagte ich, »was denkt Ihr von der Art, wie man mit Turenne umgegangen ist?«
    »Was ich davon denke, weiß ich, nur hüte ich mich, es zu sagen.«
    »Das heißt, Ihr haltet die Art für tadelnswert?«
    »Einen Moment, mein Freund, reden wir offen. Was denkt denn Ihr?«
    »Daß die Königin einen schweren Fehler begangen hat. Erstens, indem sie verlangte, daß Turenne sich das Gouverneursamt durch die Verleugnung seines protestantischen Glaubens erkaufen solle, zweitens indem sie ihn als ihren Feind betrachtete, weil er sich ganz zu Recht diesem unsauberen Handel verweigerte. Der dritte Fehler ist, daß sie Turennes Soldaten den Sold auszahlen ließ, damit sie über Nacht verschwänden, und so Turenne um seine Armee brachte, und daß sie diesen Exodus mit anderthalb Millionen bezahlt hat, obwohl der königliche Schatz schon geschröpft genug ist.«
    »Und warum hat Mazarin die Königin nicht gehindert, eine solche Torheit zu begehen?«
    »Wißt Ihr es denn nicht? Er ist vor einem gegen ihn gerichteten Mordversuch geflohen. Geflohen ist er! Richelieu hätte in solch einem Fall, umgeben von seinen Musketieren, jedem die Stirn geboten.«
    »Ach, mein Freund«, sagte Fogacer mit seinem langsamen Lächeln, »hören wir auf, alle Augenblicke zu vergessen, daß Richelieu tot ist.«
***
     
    Was mich an der Fronde im nachhinein am meisten erstaunte, war, wie sehr die guten Sitten und die Kirche verworfen und mißachtet wurden. Die Ausschweifung, die zu allen Zeiten geblüht hatte, aber im verborgenen und oft im Verein mit Gewissensbissen und Geständnissen, trat nicht allein frech und offen zutage, sondern behauptete sogar schamlos ihre Rechtmäßigkeit.
    Ich nenne nur einige Beispiele. Im Haus des würdigen Gerichtsrats Coulon, der törichterweise einen

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