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Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Kniefall vor mir erstattete er Bericht.
    »Monseigneur«, begann er, »die Kerle saßen ihrer fünf am Boden, einer schlief, die anderen spielten Karten und tranken stramm. Als sie mich mit der Flasche kommen sahen, rissen sie sie mir einer nach dem anderen aus den Händen und machten sie leer. Dann fragten sie in drohendem Ton, was ich wolle. Ich sagte, ich hätte ihnen Wein gebracht, damit sie mir das Tor öffneten,ich wolle nämlich zu einem Bauern, den ich kenne, und ihn um ein bißchen Brot für meine Mutter und mich bitten. Da fingen sie aus vollem Hals an zu lachen.
    ›Da sehe sich einer den Schafskopf an. Habt ihr das gehört? Eine Flasche, damit wir das Tor aufmachen! Und, wer weiß, vielleicht noch eine, wenn er wiederkommt! Kneift mich in den Arsch, Leute, daß ich sicher weiß, ich lieg noch nicht in meinem Sarg. Hör zu, du kleiner Blödmann, wenn wir dir das Tor aufmachen sollen, kriegen wir von dir fünf Taler, weil wir hier zu fünft sind, ist das klar? Und wenn du wieder reinwillst, kostet das noch mal fünf Taler. Und wenn du die nicht hast, laß dich hängen!‹
    Worauf einer mit einem Stein nach mir warf, und weil ich nicht wollte, daß diese Räuber mich zu ihrem Spaß mit noch mehr Steinen beschießen, bin ich weggerannt.«
***
     
    »Monsieur, eine Frage, bitte. Wie kommt es, daß die Pariser Torhüter so grobe und geldgierige Patrone sind? Sind es etwa keine richtigen Wächter?«
    »Nein, es sind Rebellen, die die richtigen Wächter verjagt und deren Plätze eingenommen haben.«
    »Warum das?«
    »Als in Paris die Barrikaden gebaut und die Ketten gespannt wurden, verließen viele Adlige und reiche Bürger unverzüglich die Stadt, um in ihren Landhäusern Zuflucht zu suchen. Zuerst stießen die Rebellen ein Triumphgeheul aus, aber ziemlich schnell merkten sie, daß dieser Exodus den Handel ruinierte und alle, die davon lebten, ärmer machte. Also stellten sie ihre Männer an die Tore, um den Exodus zu verhindern. Doch ließen diese Männer sich leicht bestechen, die Reisenden zahlten lieber, anstatt zu bleiben, und der Auszug ging weiter wie zuvor.«
    »Und warum schickten Sie Lazarus zu diesen Wächtern?«
    »Damit er das Terrain erkunde, weil ich Catherine, Henriette und die Kinder unterm Schutz von Nicolas in Sicherheit bringen wollte.«
    »Und Sie selbst blieben da?«
    »Ja, mit Lazarus, Mariette, dem Majordomus und den Kammerfrauen.«
    »Wozu brauchten Sie soviel Gesinde, wenn Sie allein waren?«
    »Sollte ich sie unversorgt und mitten im Aufstand auf die Straße setzen?«
    »Und wie kommen Catherine und die Kinder nach Montfort l’Amaury?«
    »Wenn sie aus Paris hinaus sind, erwartet sie im nächsten Dorf eine Mietkutsche. Und Catherine ist von mir mit reichlichem Geld versehen worden.«
    »Aber ohne Eskorte?«
    »Was denken Sie? Dafür habe ich gesorgt. Die eine Hälfte meiner Schweizer geht mit ihnen. Die andere Hälfte bleibt bei mir.«
    »Um Sie durch die Stadt zu begleiten?«
    »Gott bewahre! Das hieße die Meuterer provozieren.«
    »Und warum bleiben Sie inmitten des Aufruhrs in Paris?«
    »Ich stehe im Dienst der Königin und darf sie nicht im Stich lassen. Und sollte ich mit der Königin fortgehen, übergebe ich Haus und Hof dem Schutz meines Gesindes.«
    »Und die Königin will fort?«
    »Auf jeden Fall. Wie könnte sie zulassen, daß der König, ihr Sohn, in seiner eigenen Hauptstadt von seinem Volk belagert wird? Aber sie wird sie zurückerobern, verlassen Sie sich drauf.«
     
    Leser, wenn ich nach dem Beispiel der Königin gehe, sind die Frauen doch geschicktere Verschwörerinnen als die Männer, sie sind einfach methodischer, vorsichtiger und bessere Komödiantinnen. Da die Flucht auf den sechsten Januar 1649, um zwei Uhr früh, festgesetzt war, fand am Abend vorher bei der Königin ein Essen statt, still und familiär wie andere auch. Zum Dreikönigsfest zogen die Königin und ihre beiden Söhne die Bohne, die Anna zufiel, und man setzte ihr eine Papierkrone aufs Haupt. Es wird Sie nicht wunder nehmen, wenn ich sage, daß die Königin sie voller Hoheit trug.
    Nach diesen Zerstreuungen gingen Ludwig und Philipp auf ihr Geheiß schlafen. Die Königin beendete das Mahl mit gutem Appetit, indem sie fröhlich mit ihren Damen plauderte. Nach mehrmaligem diskreten Gähnen, das sie hinter ihren schönen Händen verbarg – den schönsten Händen der Welt, sagten dieHöflinge –, begab sie sich zu Bett. Doch war das alles nur Schein. Um zwei Uhr morgens erhob sie sich, ließ ihre

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