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Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Söhne wecken und anziehen. Die Ärmsten, die im Stehen schliefen, wußten nichts von dem bevorstehenden Abenteuer und wagten auch nicht zu fragen. Madame de Beauvais, Erste Dame der Königin, half dabei, die schon großen Knaben anzukleiden, und ich bemerkte, daß die Dame sich besonders zärtlich um Ludwig bemühte und daß er für diese Zuwendungen empfänglich war, hing sein Blick doch schon sehr aufmerksam an den Brüsten der Dame, die mich übrigens fest und wohlgerundet anmuteten. Und Madame de Beauvais war gewiß nicht die Frau, die künstliche Mittel gebrauchte. Aus diesem kurzen, nicht mehr unschuldigen Blick des Königs schloß ich, daß Ludwig XIV., was das
gentil sesso
anbelangte, wohl eher nach seinem Großvater denn nach seinem Vater kam.
    Mehrere Karossen erwarteten uns, denn die Königin rechnete darauf, daß ihre treuesten Untertanen ihr folgen würden. Ein Musketier führte mich zu jener, die für mich bestimmt war und wo ich auf Monsieur de Guron, den Doktor und Domherrn Fogacer mit seinem kleinen Begleiter, auf den Apostolischen Nuntius und Kardinal Mazarin traf. Dieser hielt auf seinem Schoß einen samtbezogenen Kasten, den er eifersüchtig hütete. Fogacer, der alles wußte, raunte mir zu, daß der randvoll sei mit kostbaren Edelsteinen, eine in der ganzen Welt willkommene Währung. Und hieran zeigte sich, daß der Kardinal, wie ein Engländer sagte, nicht ohne Zwieback an Bord ging.

VIERZEHNTES KAPITEL
     
    Die scharfe Kälte dieses Januars machte diesen nächtlichen Auszug des Hofes besonders unerquicklich. Die Räder der Karossen rutschten auf den überfrorenen Wegen. Vor allem aber hatte man vergessen, die Reisenden mit Wärmebecken zu versehen, und die Füße in den gefütterten Stiefeln erstarrten zu Eis.
    Die Ankunft auf Schloß Saint-Germain war noch unerquicklicher. Der Leser hat sicherlich nicht vergessen, daß die ländlichen Schlösser unserer Könige nicht möbliert waren. Wenn der König sich dort aufhalten wollte, schickte er im voraus alle Betten, Tische und Lehnstühle hin, die er für notwendig hielt. Unter diesen Umständen hätte man solche Maßnahmen aber nicht treffen können, ohne den Verdacht der Pariser zu erregen, was ja alle möglichen Risiken nach sich ziehen konnte.
    Infolgedessen fanden sich im ganzen Schloß Saint-Germain nur vier Feldbetten, die man nach dem letzten Aufenthalt Ludwigs XIII. dort vergessen hatte. Diese fürstlichen Lager wurden von der Königin, dem König, Monsieur und Mazarin beansprucht. Der übrige Hof mußte sich mit Stroh begnügen, das in den Communs zum Glück reichlich vorhanden war. Doch gab es kein vorrätiges Holz, und die Kamine blieben leer und kalt.
    Ich wollte mich mit den ärgerlichen Bedingungen nicht abfinden, ohne Besseres zu versuchen, und da Nicolas meiner Karosse zu Pferde, mit meiner Accla am Zügel, gefolgt war, saßen wir anderntags auf und ritten unverweilt nach Saint-Nom-la-Bretèche zum Landhaus der Prinzessin von Guéméné, wo ich pochenden Herzens ans Tor klopfte. Leider schienen weder der Diener, der mir öffnete, noch der Majordomus, dem ich so oft ein Goldstück in die Hand gedrückt hatte, allzu erfreut, mich zu erblicken. Ziemlich kühl sagte letzterer, er werde seine Herrin fragen, ob sie mich empfangen wolle. Noch kühler sagte er beim Wiederkommen, daß die Prinzessin sich das Vergnügenmeines Besuchs versagen müsse, sie sei in einer Beratung mit dem Herrn Koadjutor Gondi.
    Ich wußte sofort, was es mit dieser Beratung auf sich hatte, denn so nahe Gondi auch dem Bischofsamt war, hatte er doch den Freuden dieser Welt längst nicht entsagt. Um nicht allzu gedemütigt zu wirken, brachte ich die Kraft auf, zu lächeln und dem Majordomus einen Taler zum Abschied zuzustecken. Erst als ich allein und am Rand der Tränen war, ließ ich der Wut, die mich schüttelte, freien Lauf, und die war so groß, daß ich bedauerte, daß Ludwig Duelle verboten hatte, sonst hätte ich diesem widerlichen Heuchler, der nicht Fleisch, nicht Fisch, nicht Priester, nicht Laie war und der mit meiner Prinzessin schlief, ohne auf seinen Traum vom Episkopat zu verzichten, auf der Stelle meinen Degen in den Leib gerannt. Doch fand ich in Saint-Nom-la-Bretèche Unterkunft bei einer Witwe, die sich glücklich schätzte, einen Herzog und Pair nebst einem so netten Burschen wie Nicolas zu beherbergen. Zumal ich ihr gute Bezahlung bot, die sie ohne weiteres annahm, weil sie geldgierig und geizig, obschon sehr reich war, was ich erst später

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