Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)
er den Verrat des Herzogs von Sachsen-Weimar rückgängig gemacht hatte.
Leser, du kannst dir vorstellen, mit welcher Freude ich nach meinem Bericht zu meinem Haus und zu jener eilte, die seine Seele und schönste Zierde war. Die Kinderchen schliefen, so daß ich noch warten mußte, sie in meine Arme zu schließen. Doch sowie ich gewaschen und von Catherines Händen getrocknet war, warf ich mich auf unser Lager, um, wie es Homer in seiner
Odyssee
so hübsch sagt, »in die einstigen Rechte« einzutreten. Hiernach folgte ein langer Bericht meiner Erlebnisse in Breisach, dem Catherine mit liebevoller Aufmerksamkeit lauschte. Nachdem ich geendigt, belebte sie sich und fragte, wie ich in Breisach gewohnt hätte.
»Bei einer schmucken Witwe, die gleich bei meinem Eintritt rief: ›Ach, Herzog, was sind Sie für ein schöner Mann!‹«
»Was für ein schöner Anfang!« sagte Catherine mit zusammengepreßten Zähnen und funkelnden Augen. »Und was unternahm dieses zuchtlose Weib hierauf?«
»Gar nichts. Und ich war Euch unfehlbar treu, Madame.«
»Wie, keine süßen Blicke, keine gewollten Berührungen, keine Schmachtmienen?«
»Nichts von alledem.«
»Wollt Ihr damit sagen, daß Ihr allein schlieft wie ein Mönch in seiner Zelle?«
»Nein, Madame, allein schlief ich nicht.«
»Wie! Ihr gesteht? Ihr habt die Stirn zu gestehen!«
»Nichts gestehe ich. Die ganze Zeit in Breisach teilte ich Zimmer und Bett mit Graf von Guebriant, einem bretonischen Edelmann von hoher Frömmigkeit. Wollt Ihr, meine Liebe, mich jetzt bezichtigen, schwul zu sein?«
»Wie boshaft Ihr sein könnt!« sagte Catherine mit einer reuevollen Miene, die, ob nun vorgetäuscht oder echt, mir jedenfalls zu Herzen ging.
Ich bedeckte sie mit Küssen und wäre dabei nicht stehengeblieben, hätte es nicht an der Tür geklopft.
»Wer ist da?« rief ich, unwillig über die Störung.
»Gnädiger Herr«, sagte die Amme Honorée, »hier sind Emmanuel und Claire-Isabelle, die Euch gerne begrüßen möchten.«
»Nur herein mit ihnen«, rief ich, bevor noch Catherine einwenden konnte, so bringe man den Kindern schlechte Gewohnheiten bei.
Zum Glück waren sie beide barfuß, denn kaum durch die Tür, kamen sie in unser Bett gehüpft und flogen uns an den Hals.
***
Am nächsten Tag ging ich in den Louvre und berichtete dem Kardinal, was sich zu Breisach mit dem Herzog von Sachsen-Weimar abgespielt hatte. Er lauschte mir mit der größten Aufmerksamkeit.
»Es ist ein Jammer«, sagte er, »daß wir auf solche Condottieri zurückgreifen mußten. Sie haben nicht Treu noch Glauben und sinnen auf nichts wie Blutvergießen. Aber letztendlich sind Breisach und Freiburg nun unser und sperren den Spaniern den Landweg nach den Niederlanden. Das ist ein großer Erfolg im Osten, und jetzt werden wir alles daran setzen, den Spaniern das Artois zu nehmen.«
***
»Wie, Monsieur, das Artois gehört uns nicht?«
»Leider nicht, schöne Leserin. Das Artois, von Ludwig IX. erobert, war durch Heiraten und Schenkungen an die Habsburger gefallen und gehörte, nach mehreren Wechselfällen, noch immer zu Spanien. Und 1640 nun beschlossen Ludwig und der Kardinal, die Grafschaft zurückzuerobern, um diesen weit in französisches Staatsgebiet hineinragenden Feindesposten, der ja eine neuerliche Invasion ermöglichen konnte, unschädlich zu machen.«
Zu meiner Überraschung teilte mir der Kardinal bei dieserGelegenheit mit, daß der König mich als Dolmetscher zu dieser Expedition benötige, weil die Einwohner inzwischen mehr aus Kastiliern denn Franzosen bestanden und nicht einmal mehr Französisch sprachen.
»Aber, Exzellenz«, sagte ich, »ich kann nicht Spanisch.«
»Das lernt Ihr an Ort und Stelle«, antwortete Richelieu in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete.
Wie leicht sich das sagt, dachte ich, vor allem von einem Mann, der nur Französisch und Latein kann, und dann auch nur Kirchenlatein. Tacitus konnte er damit wohl kaum lesen.
Einem begossenen Pudel gleich, verließ ich den Kardinal. Denn wie sollte ich Catherine diese neue Mission ankündigen? Gleichwohl machte ich meinen täglichen Besuch bei der Prinzessin von Guéméné. Zu dieser frühen Stunde war sie noch zu Bett, in ein Spitzengewand gehüllt, die kastanienbraunen Haare in einer reizenden Unordnung.
»Was ist denn Euch, mein Freund?« rief sie, kaum daß sie mich erblickte. »Wo habt Ihr Eure Munterkeit gelassen, was macht Euch so mutlos und betrübt? Kommt, setzt Euch her und schüttet mir
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