Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)
Euer Herz aus.«
Da erzählte ich ihr denn von der ärgerlichen Mission, die Richelieu mir auferlegt hatte.
»Natürlich wird Eure Catherine sehr traurig sein, daß Ihr so schnell wieder fort müßt.«
»Ich bin es ja selber. Aber das Schlimmste ist, daß ich sie für nichts und wieder nichts verlassen soll, diese Mission ist völlig unsinnig, da ich doch nicht Spanisch spreche.«
»Habt Ihr das dem Kardinal gesagt?«
»Gewiß und mit Nachdruck, aber er war unerbittlich.«
»Vielleicht denkt der Kardinal, der Eure unwiderstehliche Ausstrahlung auf das weibliche Geschlecht kennt, daß Ihr im Artois ohne weiteres eine schöne Spanierin finden werdet, die sich glücklich schätzt, Euch in ihrer Sprache zu unterweisen.«
»Ich bezweifle, daß der Kardinal in dieser Hinsicht so kulant ist.«
»Täuscht Euch nicht. Für den Kardinal geht es allein ums Ziel. Die Mittel zählen dabei nicht.«
»Glaubt Ihr, daß er so zynisch ist?«
»Mein Freund, ein großer Minister steht Machiavelli notwendig näher als dem heiligen Franz von Sales.«
»Man kann nur hoffen, daß er seine kleinen politischen Gemeinheiten von Zeit zu Zeit einem seinesgleichen beichtet.«
»Das kann er nicht, seine Sünden sind Staatsgeheimnisse.«
»Ist es nicht merkwürdig«, sagte ich, »daß die Liebe mehr oder minder einem Krieg zwischen den Liebenden gleicht? Nehmt nur den König und Cinq-Mars.«
»Komisch«, sagte sie, »ich habe dieses Herrchen nie gesehen. Wie findet Ihr ihn?«
»Hübsch, wie es die Lieblinge Heinrichs III. waren. Aber so hübsch er auch sei, ist er dennoch nicht schwul. Im Gegenteil. Wenn der König in Saint-Germain-en-Laye Hof hält, fährt unser Cinq-Mars jeden Abend in seiner Karosse zu Marion de Lorme nach Paris und verbringt bei ihr die Nacht. In der Frühe kehrt er nach Saint-Germain zurück und schläft bis Mittag. Der König wirft ihm seine Faulheit doch mit so heftigen Worten vor, weil er genau weiß, es handelt sich um Erschöpfung durch Liebe.«
»Und wer ist diese Marion de Lorme, über die Hof und Stadt reden?«
»Marion de Lorme ist eine Frau von solcher Schönheit und hohen Abkunft und so reich überdies, daß sie sich ihre Liebhaber aussuchen und einen Herzog, der ihr nicht gefällt, abweisen kann. Was sie indes nicht hindert, Cinq-Mars zu rupfen, obwohl sie ihn liebt. Selbstredend hat Richelieu ihr eine Spionin ins Haus gesetzt.«
»Ist denn Marion de Lorme eine Gefahr für den Staat?«
»Sie könnte es werden. Cinq-Mars benimmt sich gegenüber dem König so hart, ruppig und hochfahrend, daß dieser darüber am Ende seine Gesundheit einbüßen könnte, was die Staatsgeschäfte in große Gefahr brächte.«
Bevor ich nach dem Artois aufbrach, bat mich Monsieur de Guron, ihn samt seinem Junker in meiner Karosse mitzunehmen. Ich willigte ein, doch wie verblüfft war ich, als ich in besagtem Junker die in Mannskleidern steckende Zocoli erkannte, mit kurzen Haaren, ohne jede Schminke an Augen und Wangen, einen falschen Schnurrbart unter der Nase, die Rundungen möglichst, aber mehr schlecht als recht, durch die Kleider kaschiert. Was sie jedoch verriet, waren ihre schönen schwarzen Augen, sowie sie auf einen Mann fielen.
»Wahrhaftig«, flüsterte Nicolas mir zu, »Monsieur de Guronwill sogar auf dem Feldzug seine Bequemlichkeit haben. Nur, wenn der König das merkt, wird er furchtbar zürnen, ist er doch wie der Hund vom Gärtner, der zwar selbst keinen Kohl frißt, jedem Passanten aber verwehrt, sich dran zu laben.«
»Nicolas«, raunte ich, »bist du toll geworden, daß du den König mit einem Gärtnerhund vergleichst?«
Wie nun das Stuckern übers Straßenpflaster begann, wurde Nicolas hippelig wie ein Floh.
»Was meint Ihr, Monseigneur«, flüsterte er aufgeregt, »ob ich an der Etappe wie gehabt mit dem Junker Eures Herrn Freundes werde schlafen können?«
»Wie kommst du auf die Idee?« gab ich leise zurück. »Denkst du, Monsieur de Guron wird ohne seinen Junker zu Bette gehen?«
Als wir uns Soissons näherten, befahl Seine Majestät mich in seine Karosse, um ihm zum Zeugen zu dienen.
»Zum Zeugen wofür?« fragte ich mich verwundert. Gleichwohl überließ ich Nicolas seinen Träumen und Monsieur de Guron den seinigen, die der Wirklichkeit immerhin näher waren, und begab mich zur königlichen Karosse, wo ich außer dem König Richelieu und Cinq-Mars antraf. Dem Protokoll gemäß grüßte ich Seine Majestät und Seine Eminenz und höflich sodann Cinq-Mars, doch Monsieur le Grand
Weitere Kostenlose Bücher