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Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Vater, als er zu schreien und zu weinen anfing, als wäre es der Leibhaftige, und nach seiner Mutter verlangte. Ludwig dachte, daß Anna von Österreich und ihre Coterie ihn in seiner Abwesenheitbei seinem Sohn schlechtgemacht hatten. Und ohne Zeit zu verlieren, sagte er laut vor seinem Hof, daß es um seinen Sohn Frauen gebe, die ihm Angst machten vor Männern, und wenn besagte Frauen darin fortführen, Zerwürfnis zu säen, würden sie bald ›die Garnison wechseln‹ müssen. Er frage sich, ob es nicht besser wäre, seinen Sohn in gesünderer als der Pariser Luft zu erziehen, beispielsweise in Versailles oder in Chantilly.
    Stellen Sie, Leser, sich den Schrecken besagter Frauen bei dem Gedanken vor, den Hof verlassen zu sollen.
    Die kleine Ansprache tat Wunder. Der kleine Dauphin, erst zwei Jahre alt, bat den König auf Knien um Vergebung, der König schenkte ihm nun das Spielzeug, das er für ihn mitgebracht hatte, und sie spielten miteinander eine volle Stunde. Von da an wollte der Dauphin seinem Vater nicht mehr von der Seite. Richelieu, der den ganzen Streit mit vielen Ängsten verfolgt hatte, fühlte sich sehr erleichtert über die glückliche Lösung, doch gleichzeitig wuchs seine Frauenfeindlichkeit ohne Maßen. Wie mir berichtet wurde, sagte er bei dieser Gelegenheit: »Die Frauen haben ebenso heimtückische Krallen wie die Katzen und benutzen sie grausam, je nach ihren wechselnden Launen.«
    Die Verärgerung, die der Dauphin anfangs beim König verursacht hatte, wich dem allergrößten Glück. Am einundzwanzigsten September 1640, um neun Uhr abends, kam die Königin mit einem zweiten Sohn nieder, der Philippe getauft wurde. Die Freude am Hof, in der Stadt und im ganzen Land war groß, denn diese zweite Geburt befestigte entschieden die Dynastie. Das Pariser Volk, das die königliche Familie sehr liebte, drückte diese Liebe auch gern in kleinen Scherzen aus. »Lud wig «, sagte man, »ist wahrlich ein wackerer Hase. Nicht zufrieden mit einem Dauphin, hat er gleich noch für einen Ersatz-Dauphin gesorgt.«
    Glücklich als Vater, glücklich als General, da der Spanier überall auf dem Rückzug war, hatte Ludwig trotz allem, wie er zu sagen beliebte, einen Stein im Stiefel. Und dieser Stein war sein geliebter Günstling Cinq-Mars, das unerträglichste Hähnchen der Schöpfung. Obgleich Cinq-Mars sich wirklich etwas einbilden durfte auf sein Äußeres, war die Güte des Herrgotts hinsichtlich seiner dabei stehengeblieben. Es fehlte ihm an Geist, an Bemühen, er wußte nichts, und vor allem war er, wasdas Schlimmste ist, faul wie die Sünde. Der Gipfel war, daß er sich voll der schönsten Talente und alle und alles überragend wähnte. Seine Angeberei wäre komisch gewesen, hätte er die Dinge nicht bis zur widerlichsten Unverschämtheit sogar gegenüber dem König getrieben. Das Üble ist, daß er dabei ein großer Lügner war und immerfort mit falschen Neuigkeiten oder falschen Wahrheiten aufwartete.
    Am Tag nach meiner Rückkehr von Arras begab ich mich wie gewohnt in den Louvre, wo der Kardinal mir sagte, daß der König mich zu sprechen wünsche. Seine Majestät war noch zu Bett und verzehrte mit trüber und bedrückter Miene lustlos ein Butterbrot.
    »Ah, Sioac!« sagte er, »wie freut es mich, Euch zu sehen. Und wie wohl tut mir die Redlichkeit, die ich in Euren Augen lese.«
    »Sire«, sagte ich, »diese Redlichkeit steht Euch voll und ganz zu Diensten.«
    »Das weiß ich, Sioac. Wie viele Sprachen könnt Ihr?«
    »Euch zu dienen, Sire, die englische, die italienische und die deutsche.«
    »Ich möchte, daß Ihr auch Spanisch lernt, und so schnell wie möglich. Denn die Lage im Roussillon gefällt mir nicht, ich will den Spaniern Perpignan nehmen, da sollt Ihr mitkommen und mir den Dolmetsch machen.«
    Hierauf stieß er einen tiefen Seufzer aus, und weil dieser Seufzer mir in keinem Zusammenhang mit dem soeben behandelten Thema zu stehen schien, erkühnte ich mich zu fragen, ob es ihm nicht gut gehe.
    »Nein«, sagte er, »ich bin so voller Wut, daß ich nicht schlafen kann. Dieser Mensch 1 bringt mich um! Je mehr Liebe man ihm bezeigt, desto mehr bläht er sich und spielt sich auf. Ich kann seinen Hochmut nicht mehr ertragen.«
    Und plötzlich brach aus ihm, dem sonst so beherrschten Mann, der reißende Zorn hervor.
    »Was erlaubt sich dieser Mensch! Gegen mich! Mit seinem Dünkel!«

ACHTES KAPITEL
     
    Am Tag, nachdem der König diese entrüstete Klage ausgestoßen hatte, kam der ehrwürdige Doktor

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