Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der König muß sterben

Der König muß sterben

Titel: Der König muß sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Espen
Vom Netzwerk:
dass Gottfried insgeheim ein treuer Tempelritter war. Vielleicht konnte er den Deutschen überreden, den Plan gemeinsam mit ihm durchzuführen. Aber Gottfried war auch gläubiger Mönch geblieben. War von einem solchen Mann wirklich ein Attentat auf den Papst zu verlangen?
    In seine Gedanken hinein zwängte sich ein Bild. Es war die Gestalt eines Mannes, den er zu kennen glaubte. Erst allmählich wurde Henri bewusst, dass er diesen Mann überhaupt sah. Seine Rachepläne waren ja inzwischen wie ein Verlies, in das kein Lichtstrahl drang. Jetzt begriff er, wer am anderen Ende des Platzes auf einem strahlenden Hengst heranritt.
    Täuschte er sich? Er kannte niemanden im Gewand eines reichen, spanischen Kaufmannes!
    Nein! Die Kluft aus teuren, bunten Tüchern, in die der Kaufmann gewandet war, galt als Tarnung. Aber das sah nur er, der sich selbst in weltlicher Kleidung tarnte. Es war tatsächlich der Sarazene!
    »Uthman ibn Umar! Wie, zum Henker, kommst du nach Avignon?«
    »Und du?«
    »Ich vermutete dich noch in Cordoba.«
    »Und ich dich in Bordeaux.«
    »So treffen wir uns in Avignon wieder! Auch Avignon ist eine Messe wert!«
    »Da habt Ihr unbedingt recht, mein Freund.«
    Sie umarmten sich so heftig, dass Uthmans Araberhengst freudig erregt den Kopf warf und wieherte.
    »Aber erzähl doch! Ich bin so froh, dich wohlauf zu sehen.«
    Uthman sah sich nach allen Seiten um. »Bagdad ist für jeden Sarazenen ein Traum, aber ich sehnte mich dennoch nach Cordoba zurück. Und ich wollte dich wieder sehen! Hast du deine Rachegedanken inzwischen abgekühlt, mein Freund?«
    »Wie kommst du darauf! Natürlich nicht!«
    Der Sarazene schüttelte den Kopf. Henri sah ihm an, dass der Gelehrte nach einer passenden Koransure suchte. »Es gibt keine größere Sünde als die, neben Gott noch einen anderen Gott zu haben! Mache nicht aus deinen Rachegedanken einen Gott, dem du dich unterwirfst!«
    Obschon sie miteinander lateinisch sprachen, sagte Henri vorsichtig: »Schon gut. Lass uns ein wenig umhergehen. Hier sind zu viele Leute mit langen Ohren.«
    »Gehen wir über diesen Platz dort drüben. Da ist niemand.«
    »Erzähl mir von der letzten Zeit.«
    Uthman seufzte. »Ich wäre lieber bei meinen Brüdern in Bagdad und danach bei meinen Büchern in Cordoba geblieben, das glaube mir. Aber dies ist nicht die Zeit des Studiums der alten Texte, sondern die Zeit des Handelns. Nicht wahr? Meine soldatischen Tugenden, die mein Vater mich lehrte, liegen brach, wenn ich in Cordoba Manuskripte erstelle und ich fühle, es müssen noch einige Dinge geregelt werden, bevor ich zu den Schriften zurückkehren kann.«
    »Was für Dinge?«
    »Du weißt es!«
    Henri nickte. »So bist du von den gleichen Gedanken getrieben wie ich und zitierst den Koran im Grunde nur, um dich selbst zu bändigen?«
    »Nun. Nicht ganz. Ich bin, wie du weißt, alles andere als ein Tempelritter. Eigentlich müsste ich sogar dein Todfeind sein. Aber da ich bis zum Ende meines unwürdigen Lebens in deiner Schuld bin, unterstelle ich mich natürlich deinen Aufgaben – wenn du mich brauchst. So war es in den letzten Jahren, so war es am Anfang dieses unglücklichen Jahres am Königshof Philipps, so wird es auch jetzt sein.«
    »Du hilfst mir?«
    »Ich weiß, warum du hier bist. Und ich weiß auch, dass ich dir zur Seite stehen muss, wenn du dich nicht Gefahren aussetzen willst, an denen du nur scheitern kannst. Denn mehr als ein Königlicher ist hinter dir her, das ist dir klar.«
    »Ich bin ihnen entkommen.«
    »Aber wie lange noch? Und jetzt bereitest du in der Stadt der Päpste ein neues Attentat vor. Nicht wahr? –Kannst du nicht davon ablassen und dich auf die Verwendung der Reichtümer konzentrieren? Es gäbe so viel zu tun!«
    »Nein. Ich habe vor den Scheiterhaufen der hingerichteten Brüder geschworen, dass ich sie rächen werde. Du weißt es. Ich breche keinen Schwur.«
    Traurig sagte der Sarazene: »Nun. Dann führt eben kein Weg daran vorbei. Und ich werde dir helfen.«
    »Ich wusste es! Ich kenne einen Mann, auf den ich seit Tagen warte. Es ist Gottfried. Er ist Dominikaner, und er wird uns helfen, in den Palast zu kommen. Auf dieser Möglichkeit müssen wir aufbauen.«
    »Gottfried von Wettin? Er ist auch heimlicher Tempelritter, nicht wahr? Ich bin ihm einmal in Aleppo begegnet.«
    »Er ist unserer Sache treu ergeben.«
    »Ein tapferer Mann.«
    »Warten wir zusammen auf Gottfried. Inzwischen erzählst du mir, was du erlebt hast. Und wenn Gottfried eingetroffen

Weitere Kostenlose Bücher