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Der König muß sterben

Der König muß sterben

Titel: Der König muß sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Espen
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dir mehr bieten. Hast du verstanden?«
    »Ja, Herr, ganz gewiss, Herr!«
    Der Cousin des Schließers zog diesen am Ärmel mit sich. Und Henri stand noch eine Weile am Ufer und blickte nachdenklich auf das Wasser.
    Am anderen Ufer blinkten die Fackeln und Leuchtfeuer herüber. Und als er sich vorbeugte und nach Norden sah, erblickte er die Umrisse der Seineinsel und darauf die düsteren Türme des Tempels. Als in diesem Augenblick die Wolkendecke des Nachthimmels aufriss und der Mond herauskam, schien es Henri, als formten sich die Spitzen der Türme zu einer Schwurhand. Ja, dachte er, ich schwöre, dass ich versuchen werde, die Brüder zu retten. Und koste es mein eigenes Leben!
    Etliche Tage vergingen. Henri und seine beiden Gefährten trafen sich an jedem Abend zur selben Zeit mit Trigeau, dem Lieferanten des Tempels. Der schüttelte aber jedes Mal nur den Kopf und zog mit den Livres für seinen Cousin wieder ab. Henri konnte seine Ungeduld kaum noch bändigen.
    Die Templer in Freiheit zerstreuten sich getarnt über die Stadt und versuchten eifrig, Informationen zu sammeln. Das war schwierig genug, denn Paris wimmelte von Spitzeln des Königs. Und auch die Dominikaner gaben sich alle Mühe, ihrem Auftrag gerecht zu werden, der da lautete, Verdächtige, oder auch nur solche, die halb verdächtig waren, einzusammeln.
    Nach einer Woche gab es plötzlich Neuigkeiten.
    Trigeau wirkte völlig aufgelöst. »Heute Nacht könnt ihr hinein – wenn ihr tatsächlich den Mut dafür aufbringt. Die Wachen werden ausgetauscht, mein Cousin ist bis zum Morgengrauen alleiniger Schlüsselmeister. Aber an eine Flucht ist nicht zu denken, das hat er mir gleich erzählt. Den Gefangenen geht es viel zu schlecht.«
    »Wann kann ich es wagen?«
    »Kommt gleich mit. Um Mitternacht wird mein Cousin euch einlassen.«
    Henri war überrascht von der plötzlichen Eile – und misstrauisch. Aber er hatte keine Wahl.
    Zur fraglichen Stunde huschte er an der Seite seines Gewährsmannes und seiner beiden Gefährten durch den Tempelbezirk. An der Tür erwartete sie ein Unbekannter. Er bedeutete ihnen, einzutreten.
    Henri ließ den jungen Rymer und Harduin an der Pforte als Wachen zurück.
    Er kannte den Weg zu den Verliesen. Es ging schmale Steintreppen hinunter, durch einen Gang, über eine weitere Treppe. In einem Gewölbe saß der Cousin des Lieferanten an einem wackligen Tisch, eine Fackel erleuchtete die Gemäuer. Er winkte Henri verschwörerisch zu.
    Als sich die niedrige Tür des Verlieses öffnete, atmete Henri den Gestank ein. Im Dämmerlicht erblickte er etwa zwanzig Gestalten, die an den Wänden saßen. Auf den ersten Blick war ihm klar, dass sie schwer gefoltert worden waren.
    »Brüder, ich bin Henri de Roslin! Hört ihr mich?«
    Bewegung entstand, sie krochen näher. Henri war erleichtert darüber, dass sie nicht angekettet waren. Er sah in gebrochene Augen, graue Gesichter, auf blutige Leiber in zerfetzter Kleidung. Was für ein jämmerlicher Anblick!
    Henri erkannte den stellvertretenden Schatzmeister des Pariser Tempels. »Bruder Henri«, sagte er erleichtert, »so hast du dich retten können! Aber unseren Schatz finden sie nicht!«
    »Guilherme de Pidoye! Ich werde mich um unseren Besitz kümmern, das verspreche ich! Aber jetzt geht es um euer aller Leben!«
    »Zu spät, Bruder Henri!«
    »Ich werde euch hier herausholen, Brüder! Nicht heute, aber bald. Ich kenne einen geheimen Fluchtweg. Sagt mir, wie es euch geht? Könnt ihr aufstehen und gehen?«
    Ein Murmeln war die Antwort. Einer, den Henri aus der Komturei in Orleans flüchtig kannte, sagte: »Wir können nur noch eins tun, Bruder Henri – sterben! Aber wer erteilt uns die Sakramente?«
    »Ihr werdet nicht sterben!«, sagte Henri verzweifelt. »Ihr werdet leben! Es gibt so viel zu tun da draußen! Man wartet auf euch!«
    »Nein, nein, unmöglich! Einige überleben die nächsten Tage nicht mehr.«
    »Dann müsst ihr sofort fliehen!«
    »Bruder, kannst du uns einen Priester kommen lassen, das ist alles, was wir noch wünschen.«
    Henri sagte: »Ihr wisst, unsere Regel sagt, sobald vier oder mehr Brüder zusammenkommen, können wir Mönchskapitel abhalten und einen Beichtvater bestimmen. Ich kann euch also die Beichte abnehmen und Buße für Verfehlungen aussprechen – aber Letzteres wird wohl nicht nötig sein.«
    »Dann bei Gott, tut das, Bruder Henri! Und dann lasst uns sterben!«
    Henri hätte schreien können. Aber er beherrschte sich und fragte: »Was um Himmels willen

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