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Der König und die Totenleserin3

Der König und die Totenleserin3

Titel: Der König und die Totenleserin3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: franklin
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hatte, nicht in ungeweihter Erde verscharrt werden durften. Um einen rachsüchtigen Gott zu beschwichtigen, würde er ihre Leichname zum nächsten und heiligsten Ort bringen, den er kannte, zum Friedhof der Abtei von Glastonbury.
    »Ich sündige Kreatur versuchte natürlich, mit meinem Herrn zu feilschen. Ich überließ Ihm die Entscheidung, ob mein Verbrechen entdeckt werden sollte. Falls ja, würde ich meine Strafe hinnehmen. Falls nicht, so versprach ich Ihm, würden all meine Ländereien an die heilige Mutter Kirche fallen, und ich würde den Rest meiner Zeit Seinem gütigen Sohne dienen.« Sigward sah Adelia an. »Mylady, ich sagte Euch ja, ich war ein Glücksspieler, und auch das war ein Glücksspiel.«
    Sie nickte.
    Eines hatte er nicht über sich gebracht. »Ich konnte den Leichnam meines Sohnes nicht vollständig seiner letzten Ruhe übergeben. In meiner Wut hatte ich ihn in drei Stücke gehackt, den Lendenbereich auf den Boden geschleudert. Und selbst dann noch – Heilige Maria Muttergottes, welch kranke Raserei – wollte ich ihn nicht damit bestatten, als könnte ich noch immer verbergen, was er war. Hilda übernahm es, seine sterblichen Überreste getrennt zu beseitigen, eine weitere Sünde, die sie um meinetwillen auf sich nahm.«
    Nicht Hilda, dachte Adelia. Es war Godwyn; Tränen rannen dem Mann übers Gesicht. Er war es – Herr, wie wundersam und eigentümlich war doch die menschliche Natur! Sie fragte sich, was er wohl mit diesem grässlichen Fleischklumpen gemacht hatte, bis er skelettiert war und er den Knochen eine würdigere Ruhestätte bieten konnte, weil er den Jungen, dem sie gehört hatten, geliebt und bemitleidet hatte.
    In jener Nacht wurde der Sarg mit den beiden Liebenden in ein Ruderboot geschafft und zur Anlegestelle der Abtei gebracht. Dort war niemand – die Mönche beteten oben auf dem Tor um Errettung.
    Gemeinsam schleppten Sigward, Hilda und Godwyn den Sarg an Seilen zum geweihten Friedhof der Mönche. »Dort hatte sich ein Riss aufgetan, als hätte Gott mit Seinem Erdbeben ein Grab für unsere Last vorbereitet. Wir ließen den Sarg in den Spalt hinab, und ich betete um Gnade für die Seelen der beiden und die meine. Zum ersten Mal in meinem Leben weinte ich …«
    Adelia hob den Kopf. »Wie hieß Euer Sohn?«
    Rowley fuhr herum. Er hatte vergessen, dass sie da war. Der Abt nicht; er lächelte sie an. »Arthur«, sagte er. »Sein Name war Arthur.«
    Natürlich. »Und der andere Junge?« Es schien ihr unerlässlich, ihm eine Identität zu geben.
    »Gott möge mir verzeihen«, sagte Sigward, »aber wenn ich seinen Namen je wusste, so habe ich ihn vergessen.« Er streckte ihr eine Hand entgegen. »Verdammt Ihr mich?«
    Das stand ihr nicht zu. Der Mann trug seine eigene Verdammnis in sich. Wichtiger war für Adelia, ob diese eine grauenhafte Sünde mit ihren weitreichenden Folgen durch Hildas Versuch, sie zu verbergen, drei weitere Menschen zum Tode verurteilt hatte. Wie weit war es noch bis Lazarus Island? Jedes Mal, wenn sie an einer der kleinen Inseln vorbeikam, von denen die meisten unbewohnt waren und nur von Rindern und Schafen bevölkert wurden, wuchs Adelias erwartungsvolle Anspannung – und wurde enttäuscht.
    Doch die Landschaft veränderte sich: Die Luft wurde salziger, und mancherorts, wo die Flut besonders weit ins Inland vorgedrungen war und genug Sand mit sich gebracht hatte, machte das Schilf nun Strandhafer Platz.
    Adelia hielt den Blick auf eine Bodenerhöhung gerichtet, die noch recht weit entfernt war und die dunkelblaue gerade Linie des Horizonts durchbrach. Sie hörte nur noch mit halbem Ohr der Beichte zu, die immer weiterging und derer sie überdrüssig geworden war.
    Nachdem er die Mönchskutte angelegt hatte, so sagte der Abt, führte er ein Leben voller Buße und verbissener Selbstverleugnung … »Selbst dann noch konnte ich Sünder, der ich war, niemandem meine Tat gestehen, obwohl ich tagtäglich Gott beichtete und um Seine Gnade flehte.«
    Er war so vorbildlich gewesen, dass seine Mitbrüder ihn zum Abt wählten, als der alte starb. Er hatte das als Zeichen dafür aufgefasst, dass Gott sich seiner erbarmte und dass Er sich vielleicht noch mehr erbarmen würde, wenn es ihm gelang, Glastonburys Frömmigkeit und Reichtum weiter zu fördern.
    »Was ich durch die Gnade Gottes auch tat«, stellte Abt Sigward fest. »Mit jeder Verbesserung stieg meine Gewissheit, dass ich endlich Vergebung erlangt hatte.« Er schüttelte den Kopf. »Doch Gottes

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