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Der König und die Totenleserin3

Der König und die Totenleserin3

Titel: Der König und die Totenleserin3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: franklin
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endlich da rein und sprecht mit dem armen Hund! Und du« – er wandte sich Rhys zu, dessen unaufhörliches Gejammer die Klangkulisse zu dem ganzen Wortwechsel gebildet hatte –, »hör endlich mit deiner Scheißharfe auf!«
    Mansur und Adelia bückten sich und traten in die Höhle, die schön gewesen wäre ohne ihren Inhalt und den Gestank, der von der Erde darunter aufstieg, wo Verwesungssäfte versickert waren. Die aufgehende Sonne schien genau hinein – aha, dachte Adelia, wo auch immer wir sind, wir blicken direkt nach Osten – und erhellte das zarte Grün von Farnen, die auf Felsen wuchsen, ließ das kleine Wasserrinnsal glitzern, das vom Höhlendach tropfte und in einer Rinne nach draußen floss, wo es sich mit dem größeren Bach vereinte.
    Höhlen wie diese waren typisch für die eigenartige Landschaft rund um Glastonbury. Die Abtei nahm sogar Geld von kranken Pilgern, die sich Heilung davon versprachen, das Wasser von angeblich heiligen Quellen zu trinken. Adelia hatte gehofft, eine davon besuchen zu können, wenn sie die Zeit dazu fand, um die Eigenschaften des heiligen Wassers zu überprüfen. Dieser versteckte Ort hier zählte jedoch nicht zu den geweihten Quellen – und der Augenblick war wahrlich nicht günstig.
    Sie und Mansur knieten zu beiden Seiten des Patienten nieder, sahen sich einen Moment in die Augen und neigten dann den Kopf, um ihre Gebete zu sprechen. Was auch immer dieser Mann getan hatte, er hatte mit einem einsamen Tod dafür bezahlt.
    »Geht da weg!«, befahl Adelia den Männern, die sich am Eingang drängten. »Der Doktor braucht mehr Licht. Bringt welches!«
    Die Laterne wurde nach innen gereicht, und neugierige Köpfe schoben sich in den Höhleneingang, während die Körper folgsam draußen blieben.
    Der Leichnam war noch bekleidet, wenn man blutige Lumpen als Kleidung gelten ließ. Die einzige nennenswerte Habe des Toten war eine kurze leere Scheide an einem Strick, der als Gürtel diente. Das dazugehörige Messer lag ein kleines Stück von der linken Hand entfernt. Die rechte Hand war in Blätter und Moos eingewickelt und befand sich in einem widerwärtigen Zustand.
    Ein Murren ertönte vom Höhleneingang, als Mansur anfing, die Leiche zu entkleiden.
    Adelia machte dem barsch ein Ende. »Seid still! Wollt ihr nun, dass der Doktor seine Arbeit tut oder nicht?« Sie interessierte sich jetzt nur noch für den Kadaver vor ihr, wehe demjenigen, der versuchte, ihre Konzentration zu stören.
    Die Knochen hatten sich voneinander gelöst, und Mansur hob den Schädel hoch, sodass sie die Vorder- und Rückseite untersuchen konnten. Er wies keine Verletzung auf, anders als die Köpfe aus dem Sarg, der für Adelia noch immer Arthurs und Guineveres Sarg war.
    Sie ließen den Körperteil mit der offensichtlichsten Verletzung – die rechte Hand – erst einmal außer Acht und suchten nach anderen Verwundungen.
    Kiefer, Hals, Schulterblätter, Brustkorb, Rückgrat, Becken – alles unversehrt.
    Oberschenkelknochen … »Hmm.« Adelia hob den Kopf. »Hat er gehinkt?« Die linke Kniescheibe wies eine alte Fraktur auf.
    Im Eingang regte sich Begeisterung. »Is als kleiner Knirps mal vom Dach gefallen, danach hat er nie mehr richtig laufen gekonnt. Der erzählt Euch schon Sachen, was?«
    Das musste aufhören. »Jetzt hört mir mal gut zu«, sagte Adelia. »Euer Eustace spricht nicht mit Master Mansur. Seine Seele ist dahin entschwunden, wo sie hinsollte. Der Doktor kann nur das lesen, was die Knochen ihm zeigen.«
    »Ach so, lesen. Dann is das gar keine Zauberei?«
    »Nein.«
    Der Hodenkratzer sagte bewundernd: »Aber trotzdem, lesen …« Das war eine Fähigkeit, über die keiner von ihnen verfügte, und trotz ihrer Enttäuschung hielten sie diese Tätigkeit für erstaunlich.
    Wadenbein, Schienbein.
    Jetzt sahen sie sich die Arme an: Oberarmknochen, Speiche, Elle. Schließlich packten sie die Hand aus.
    »Wie hat er seine Finger verloren?«, fragte Adelia.
    Ein Chor der Überraschung antwortete ihr vom Eingang.
    »Da weiß ich nichts von.«
    »Welche Finger?«
    »Als ich ihn das letzte Mal gesehen hab, hatte er noch alle.«
    Sie machten Anstalten, in die Höhle zu drängen und nach den fehlenden Fingern zu suchen, als ob Eustace sie schlichtweg verlegt hätte und sie sie vielleicht irgendwo finden könnten.
    »Zurück«, fauchte Adelia. »Wer von euch hat ihn zuletzt gesehen?«
    »Das bin wohl ich«, sagte Alf. »Hab ihm ein Stück Wildfleisch zum Abendessen gebracht …«
    Der

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