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Der König und die Totenleserin3

Der König und die Totenleserin3

Titel: Der König und die Totenleserin3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: franklin
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hineinsaugte?
    Glasklar und wieder und wieder sah sie Emma auf dem Wagen, wie sie die Pferde zum Galopp anpeitschte, sah Roetger die Verfolger mit dem Schwert abwehren, hörte die Schreie des kleinen Pippy … sah einen Packesel hinter ihnen hertraben.
    Und dann nichts. Sie verschwanden. Sie konnte sie nicht mehr sehen.
    Adelia hob den Kopf. »Glastonbury, Alf? Du hast gesagt, sie wären zuletzt Richtung Glastonbury galoppiert. Meine Freundin mit dem Wagen.«
    Alf grunzte bestätigend.
    »Sie sind dort nicht angekommen.«
    Will sagte: »Vielleicht haben die Pferde gescheut, sie sind von der Straße abgekommen und irgendwo zwischen die Bäume gekracht. Vielleicht sind sie dabei gestorben.«
    Ja, das wäre eine Erklärung: drei weitere Leichen, die in diesem teuflischen Wald verwesten und nur von den Tieren bemerkt wurden, die sich an ihnen satt fraßen.
    Behutsam, weil die Vorstellung sonst einfach unerträglich gewesen wäre, hob Adelia im Geist die Leichname auf und legte sie zu ihren Gefährten ins Grab, faltete die armen Hände, betete um Frieden für ihre Seelen …
    Sie konnte ihre Gesichter nicht sehen, nur ihre Gestalten – eine groß, eine kleiner und schlank, eine sehr klein.
    Gestalten.
    »Alles klar, Missus?«, fragte Toki nervös und hielt ihr die widerliche Flasche hin. »Nehmt noch ’nen Schluck! Ihr kriegt ja kaum noch Luft.«
    »Nein.«
    Umrisse. Gestalten. Eine groß, eine kleiner, eine winzig. Ein Fremder, eine Frau und ihr Kind. Botschaften, Botschaften. Gestalten.
    »Oh Gott«, sagte sie laut.
    »Was is denn nu schon wieder?«
    »Ich muss zurück ins ›Pilgrim Inn‹.« Sie war aufgesprungen.
    »Wartet lieber noch! Toki, geh noch mal runter! Sieh nach, ob alles ruhig is!«
    Sie konnte nicht warten. Sie rannte los, den Hügel hinunter, und die Männer folgten ihr. Sie konnte nur noch die Tür des Gasthofes sehen und drei Gestalten, die davorstanden, eine groß, eine kleiner und eine ganz klein, und die darum flehten, ihnen zu öffnen.
    Jetzt wusste sie, warum der Wirt des »Pilgrim Inn« in Ohnmacht gefallen war.

[home]
Kapitel elf
    A ls sie den Schatten der Abteimauer erreichte, wurde Adelia langsamer. Sie musste die Erregung, die sie erfasst hatte, bezähmen; sie musste nachdenken.
    Als die Zehnschaft sie einholte, massierte sie sich mit einem Finger die Stirn und überlegte angestrengt.
    Sie blickte von einem Gesicht zum nächsten. »Ihr müsst mir unbedingt noch einen weiteren Gefallen tun«, sagte sie.
    »Was denn noch?«, fauchte Will. Er war müde, sie waren alle müde.
    Sie sprach langsam und deutlich. »Ich möchte, dass ihr alle, die zu mir gehören, aus dem ›Pilgrim Inn‹ holt und nach Wells bringt, also Master Mansur, meine Tochter, meine Freundin und den Waliser. Ich möchte, dass ihr sie zum Bischofspalast bringt und sie in die Obhut des Bischofs von St. Albans gebt, der sich derzeit dort aufhält.«
    »Wieso?«
    Ollie, der Jüngste und Schweigsamste der Zehnschaft, fragte verdattert: »Menschenskind, kocht der alte Godwyn denn so schlecht?«
    Adelia lächelte ihn an: »Nein, aber es wird Zeit, dass wir weiterziehen.« Sie wandte sich an Will. »Ist die Straße vorläufig sicher für sie?«
    Will sah Toki an: »Was sagen dir deine Ohren, Toki?«
    »Gar nix. Alles ruhig.«
    Will überlegte. »Ich schätze mal, dass sie jetzt, wo Wolf tot ist, ganz durcheinander sind und sich ’nen neuen Anführer suchen müssen. Müsste also gehen.« Es musterte Adelia misstrauisch. »Wollt Ihr mit dem Braunkopf heimlich abhauen? Den armen alten Godwyn auf seiner Rechnung sitzen lassen?«
    »So was in der Art«, antwortete Adelia, »aber euch werde ich bezahlen, sobald ich an meinen Geldbeutel komme.«
    »Komm schon, Will!«, sagte Toki. »Die alte Hilda hat dir doch noch nie was Gutes getan.«
    »Das kannst du laut sagen«, pflichtete Will ihm bei. »Also gut, wir bringen sie zum Palast, aber erst müssen wir die Esel tränken und ein bisschen ausruhen lassen.«
    »Eines noch«, sagte Adelia. »Ich werde nicht mitkommen. Und ihr müsst meinen Leuten sagen, ich wäre schon im Bischofspalast und würde dort auf sie warten.«
    Sie konnten nachvollziehen, dass sie verschwinden wollte, ohne die Zeche zu bezahlen, aber jetzt waren sie verblüfft.
    »Ihr bleibt hier?«
    »Ja. Aber wenn meine Leute das wissen, werden sie nicht mit euch mitkommen.« Gyltha würde mit diesen Männern, die nun mal wenig vertrauenerweckend aussahen, nur auf deren Wort hin nie und nimmer freiwillig mitgehen, erst recht

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