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Der König und die Totenleserin3

Der König und die Totenleserin3

Titel: Der König und die Totenleserin3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: franklin
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richtig.«
    »Stopf dem Scheißkerl das Maul, Wolf!«, sagte dieses Wesen, das Scarry genannt wurde, gelangweilt.
    Wolf ließ den Stab erneut durch die Luft wirbeln, fing ihn über dem Kopf wieder auf, sodass er nach unten zeigte und das Mondlicht gefährlich weiß auf der geschärften Spitze schimmerte.
    Er hob den Stab hoch, trat näher, genoss es: ein Priester kurz vor der Opfergabe. Adelia roch Erde. Raffte sich auf.
    Später sollte sie sich sagen, dass sie ihn aus eigenem Antrieb getötet hatte. Doch in dem Moment war es, als schnellte das Schwert in ihrer Hand, das sie ganz vergessen hatte, wie von allein hoch und stieß zu.
    Plötzlich war vor ihr eine nackte menschliche Brust, aus der zitternd ein Knauf und ein Teil der Klinge ragten.
    Für einen Moment, für eine kurze, stumme Ewigkeit, waren Frau und Wesen durch ein Stück Eisen verbunden. Sie sah die Augen überrascht flackern. So sollte es nicht sein.
    Wolf hustete. Mit einem saugenden Geräusch löste sich sein Körper und fiel nach hinten.
    Und dann war da nur eine tropfende Schwertspitze. Adelia starrte darauf. »Grundgütiger!«, sagte sie.
    »Was hast du getan, du Weibsstück?« Das Wesen, das Scarry genannt wurde, kam über die Lichtung gesprungen und warf sich zu Boden, um den Körper seines Anführers in die Arme zu schließen. »Aaaaah.«
    Wolfs Augen starrten verwundert zu seinem Freund hoch. Er versuchte, etwas zu sagen. Seine Brust bebte von trockenem Husten.
    Scarry hob den Kopf, sah sich auf der Lichtung um, als suchte er die Hilfe der Götter, die er hier angebetet hatte. »Er stirbt. Tut was, im Namen Gottes! Tu doch einer was!«
    Es ist seine Lunge, dachte Adelia. Das Schwert hat die Lunge getroffen. Die groteske Kreatur, vor der sie solche Angst gehabt hatte, war in einen Patienten verwandelt worden. Er litt. Sie fiel auf die Knie und legte ein Ohr auf seine Brust. Luft strömte durch das Einstichloch in die Lunge und erzeugte dabei ein flatterndes Geräusch.
    Scarry schrie sie an, als würde die Welt untergehen. »Tu was.«
    Adelia hörte die Stimme ihres Ziehvaters, als er sich über den Mann gebeugt hatte, der bei einer Streiterei in Salerno niedergestochen worden war und aus dessen Brust das gleiche gurgelnde Geräusch gekommen war. »Wenn wir den Thorax öffnen und die gerissene Lunge nähen könnten … aber das können wir nicht … In wenigen Minuten ist er tot.«
    Schon wurden Wolfs Augen glasig. Unter der Blättermaske wechselte sein Gesicht die Farbe.
    »Es tut mir leid«, sagte sie. »Es tut mir so leid. Aber wir können nichts tun.«
    »Und ob wir was tun können«, sagte eine Stimme über ihr ernst. Will versuchte, sie hochzuziehen. »Nämlich abhauen.«
    Scarry küsste das sterbende Gesicht, bettelte. »
Te amo.
Verlass mich nicht, mein Lupus!
Te amo, te amo.
«
    »Lauft!«, sagte Will. Er hatte ihr das Schwert abgenommen und zeigte damit auf den schluchzenden Scarry. »Und zwar schnell. Er wird das nicht gut aufnehmen.«
    Sie wurde hochgezogen. Toki und Ollie hielten einen taumelnden Alf aufrecht. »Lauft!« Will schrie jetzt. »Der bringt uns alle um!«
    Was geschehen war, was noch immer geschah, das Grauen dieses Ortes … Sie ließ sich wegzerren und fing an zu laufen.
    Von der Lichtung hinunter, zwischen Bäumen hindurch.
    Hinter ihnen erhob sich ein Klageschrei, der die Blätter erzittern ließ. »Komm zurück, mein Lupus!
Te amo! Te amo!
«
    Adelia sprang über herabgestürzte Äste, hetzte einen Bach entlang, atemlos. Ob der Wald vorbeiraste oder sie an ihm vorbeigerissen wurde, sie wusste es nicht.
    Die Köhlerhütte. Sie blieben keuchend stehen.
    Will fand seine Stimme wieder. »Verfolgt er uns, Toki?«
    Adelia konnte nichts hören außer dem pochenden Dröhnen in ihren Ohren.
    »Er verfolgt uns«, sagte Toki.
    Sie wurde auf einen Esel gesetzt. Sie saßen alle auf Eseln und galoppierten. Als sie die Straße erreichten, wurde es ihr bewusst: »Allmächtiger Gott, ich habe ihn getötet.«
    Die Zehnschaft achtete nicht auf sie. Sie galoppierte nur noch schneller.
     
    Sie brachten sie zu der Höhle auf dem Tor und führten sie zu der Quelle, wo sie niedersank. Hier oben war es still.
    Aber die Nacht war noch dunkel. So kurz vor der Sommersonnenwende wurde der Himmel nie ganz schwarz. Obwohl die Sonne noch nicht aufgegangen war, hellte er sich bereits auf, als würde ein Filter nach dem anderen weggenommen. Fledermäuse flatterten davor hin und her.
    »Toki?«, fragte Will.
    Eine Amsel stimmte ihren Morgengesang

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