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Der König von Berlin (German Edition)

Der König von Berlin (German Edition)

Titel: Der König von Berlin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Evers
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anderen Bedrohungen zu veröffentlichen, wenn sich denn ein interessierter Verlag fände.
    Der nun freundliche Talkshowbeifall im Wohlwollenvolumen ließ vermuten, dass dies wohl kein allzu großes Problem werden sollte. Dann drängten die Journalisten nach vorn, die gern noch ein paar private Hintergrundinformationen über den Helden der Rattennacht haben wollten, weil das ihre Leser und vor allem Leserinnen ganz besonders interessieren würde.
    Georg hatte sich, wie er erfreut feststellte, eigentlich schon immer mal gewünscht, auf einer Pressekonferenz solche Fragen gestellt zu bekommen. Endlich konnte er das Bild von sich zeichnen, das seit Jahren als Skizze in seinem Kopf angefertigt war. Es würde ein sehr schönes, sympathisches Bild werden. Georg beschloss, die Chance zu nutzen und aus diesen Interviews die vielleicht größte Bekanntschaftsanzeige zu machen, die Berlin je gesehen hatte.

L anner stellte den Motor ab und stieg aus dem Wagen. Es war zum Beklopptwerden. Er hatte über Glaanow fahren wollen. Weil Rimschow meinte, er solle sich die Storchennester in Glaanow anschauen. Wenn er schon mal hier sei, müsse er das machen. Um ein Gefühl für Brandenburg zu entwickeln, sei es ausgesprochen hilfreich, ein Storchennest gesehen zu haben. Das klänge zwar skurril, aber wenn er es gesehen habe, würde er verstehen, was er meine. Also vielleicht. Und wenn nicht, dann habe er es zumindest gesehen.
    Deshalb war Lanner lange den Schildern Richtung Glaanow gefolgt. So lange, bis er auf das Schild traf, das behauptete, nach Glaanow zu weisen, aber in die Richtung zeigte, aus der er gerade kam, also genau in die entgegengesetzte Richtung. Dort, von wo er kam, war kein Glaanow gewesen. Erschwerend kam hinzu, dass ihm dies nun schon zum dritten Mal passiert war. Die ersten beiden Male war er umgedreht, um, dem Schild folgend, wieder Richtung Glaanow zu fahren, aber nach Glaanow war er nie gekommen. Spätestens jetzt hatte er rein orientierungsmäßig keine Meinung mehr zu dieser Gegend.
    War es vielleicht das, was Rimschow gemeint hatte? Also gar nicht das Storchennest, sondern die ewige Suche nach Glaanow? Das permanente Am-Ziel-Vorbeifahren? War das wieder so eine Art Rimschow-Metapher, um irgendwas über Berlin und Brandenburg zu sagen? Egal, Lanner wollte jetzt nur noch nach Hause. Er rief Carola Markowitz im Präsidium an.
    «Hallo, Carsten, schön, von dir zu hören. Wo steckst du denn?»
    Lanner erinnerte sich, dass sie sich seit gestern duzten. Er hatte es selbst angeboten, mit der dämlichen Begründung, nichts schweiße so sehr zusammen, schaffe eine solche Vertrautheit wie der gemeinsame Kauf eines Kaffeevollautomaten. Wer sich hierbei einigen könne, müsse sich nahe sein.
    «Carola, ich hab mich irgendwie verfahren. Laut Schild bin ich zwei Kilometer vor, neben oder hinter Glaanow. Ich weiß einfach nicht, wo Glaanow ist. Ich weiß nur, Glaanow ist mittlerweile der einzige Ort in dieser verdammten Gegend, an dem ich noch nicht war.»
    «Ah, Glaanow. Wenn du in der Nähe bist, solltest du da schon vorbeifahren. Die Storchennester haben irgendwie so eine ganz eigene Wirkung.»
    Lanner bemühte sich, nicht zu laut auszuatmen. «Genau, deshalb ruf ich doch an. Du sollst mich erst nach Glaanow und dann nach Berlin lotsen.»
    «Hast du denn kein Navi im Auto oder im Handy?»
    «Würde ich anrufen, wenn ich eins hätte? Zur Erinnerung: Ich bin in einem Polizeiwagen unterwegs, der vermutlich während der Luftbrücke über Berlin abgeworfen wurde.»
    «Und einen Autoatlas?»
    «Nein, und einen Pfadfinder oder Spurenleser habe ich auch nicht dabei. Kannst du mich jetzt bitte einfach nach Glaanow dirigieren?»
    «Du fährst ohne Navi und Karte nach Brandenburg?»
    «Ich bin eben ein lebenslustiger, verrückter Hund. Ein Entdecker, das ist der Alexander von Humboldt in mir. Mein Gott, ich dachte, das wäre ausgeschildert!»
    «Ausgeschildert?» Carola Markowitz ertappte sich dabei, wie sie für ihren neuen Chef einen Bemutterungsinstinkt entwickelte. «Du dachtest, Brandenburg ist ausgeschildert?»
    «Ja, natürlich, und das ist es ja auch. Nur eben nicht richtig. Richtig sind die Dinge leider immer erst ausgeschildert, wenn man praktisch da ist. Also, außer Glaanow.»
    Sie hoffte für Lanner, dass er in dem, was er redete, eine innere Logik sehen konnte. Eine, die ihm mentalen Frieden ermöglichte, wollte dies aber lieber nicht näher ergründen. «Wie soll ich dich denn lotsen, wenn ich gar nicht genau weiß, wo

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