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Der König von Berlin (German Edition)

Der König von Berlin (German Edition)

Titel: Der König von Berlin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Evers
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Machallik da ähnlich einem mit Kieselsteinen gefüllten Weichgummisack in seinem Sessel herumhing, musste Claire Matthes unwillkürlich an Jabba the Hutt aus der «Star Wars»-Trilogie denken. Sie hatte die Filme mit Helmuts Vater mehrfach gesehen, damals in der «Kurbel» in Charlottenburg. Gab es mittlerweile auch nicht mehr, also die «Kurbel», Charlottenburg gab es selbstverständlich schon noch.
    Die Sekretärin war aber nicht bereit, jetzt lockerzulassen. Fest entschlossen, eine neue Hoffnung für die Firma zu erkämpfen, setzte sie nach: «Also, ich finde das gar keine so schlechte Idee. Warum sollten wir keinen Pressesprecher haben? Herr Wolters wäre geeignet. Vielleicht mehr als andere. Eine so positive Berichterstattung über unsere Firma hat es schon lange nicht mehr gegeben. Erst der tragische Tod Ihres Vaters samt der unangenehmen Gerüchte und dann die nicht enden wollende Rattenplage. Ich fand die letzten Wochen nicht so erfreulich.»
    «Nicht so erfreulich!!!» Helmuts gesamter Körper wummerte vor Vergnügen. «Das ist ja wohl die Untertreibung des Jahrhunderts! Nicht so erfreulich, ich lach mich tot!»
    «Schön wär’s!»
    Wie einen Peitschenhieb hatte Max ihm diese zwei Worte in sein amüsiertes Geglucker geknallt. Wenn ihn nun sogar Frau Matthes kritisierte, sollte er vielleicht doch mal Dampf ablassen. Von daher kam ihm sein Bruder gerade recht, um die aufgestaute Wut loszuwerden. Den konnte er, im Gegensatz zu Frau Matthes, anbrüllen. Mit Schmackes anbrüllen, das würde ihm guttun, und so feinfühlig, wie die Alte war, würde sie nach solch einem Wutausbruch wohl auch wieder Ruhe geben. In Max’ Angriff hatte eine derartige Aggression gelegen, dass selbst Helmut sie bemerkte und ehrlich erschrocken war. Sein Gluckern verebbte, und ihm gelang sogar ein kurzes Nachdenken, ehe er seine Überlegungen wie folgt zusammenfasste:
    «Was?»
    Max Machallik war auf diese Bitte um Wiederholung und Präzision offenbar gefasst, er hatte wohl sogar darauf gewartet, denn seine Antwort kam prompt, laut und schneidend: «Von mir aus darfst du dich gern totlachen. Das wäre dann so ziemlich der konstruktivste Beitrag zur Problemlösung, der von dir in den letzten Wochen gekommen ist!»
    «Also jetzt reicht es, Max!» Nun wurde Helmut wütend. Aber so richtig wütend. So wütend, dass er sogar beschloss, als Ausdruck seiner unerbittlichen Wut aufzustehen. Er sah, wie Max leicht zu tänzeln begann, kampfeslustig, als würde er ihn dort oben erwarten. Nun, das konnte er haben, aber wie er das haben konnte. Jawohl, er würde sich hinstellen, um Max und aller Welt seine Wut zu demonstrieren. Verzweifelt stemmte er sich auf die Armlehnen, um sich hochzudrücken. Doch der Sessel war einfach zu tief, der Weg zu weit. Zehn, fünfzehn, zwanzig Zentimeter schaffte er, dann jedoch wurden die Arme zu schwach, die Anstrengung aufgrund des enormen Gewichts zu groß. Es machte «Wupffff!», als er in den Sessel zurückfiel. Seine Wut verstärkte dies nur. Aus dem Augenwinkel sah er Max grinsen. Na und, man würde ja sehen, wem gleich zum Lachen zumute war. Erneut versuchte Helmut aufzustehen, mit aller Kraft, und stieß dabei mit hochrotem Kopf hervor: «Ich habe die Fresse gehalten. Die ganze Zeit habe ich die Fresse gehalten! Weil ich dich verstehen konnte. Weil ich den Alten ja selbst oft gern vergiftet hätte. Oder totgeschlagen! Wie oft dachte ich, ich schlag ihn tot! Jetzt sofort! Jetzt schlag ich ihn tot! Aber ich hab es dann doch nicht getan, weil ich einfach zu zivilisiert bin. Diese verdammte Zivilisation.»
    Helmut versuchte immer noch aufzustehen, mit längst knallrotem Kopf, schnaufend, hustend und pupsend, es puffte wie bei einem Dampfkessel, der durch Überdruck kurz vor der Explosion steht. «Diese gottverdammte Zivilisation! Diese Fessel, der man nicht entrinnen kann, die mich dann doch immer davon abgehalten hat, ihn totzuschlagen! Aber ich war froh! Froh, dass du den Mut hattest! Das Gift! Dein Mut! Ich war froh! Froh!» Beim letzten «Froh!» bäumte er sich, soweit er konnte, auf und sackte dann wieder jäh in sich zusammen. «Wupffff!»
    Er dachte kurz nach, dann probierte er eine neue Strategie. Er drehte sich im Sessel auf eine Seite, nahm alle Kraft zusammen und stieß sich mit beiden Armen in die Höhe. Ein leichtes Schwanken noch, aber dann stand er. Er hatte es wirklich geschafft. Mit einem triumphierenden Grinsen drehte er sich zu seinem Bruder.
    «Ich war froh, dankbar sogar! Aber jetzt, mein

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